Lukas Steinwandter

06.06.2021

Schluss mit der Ideologisierung der Sprache: Nein zum Gendern

Während woanders bereits kleine, aber wahrnehmbare Gegenbewegungen gegen das „Gendern“ einsetzen, versucht eine kleine Gruppe in Südtirol den Gender-Sprech durchzusetzen – auch wenn das die Mehrheit der Bevölkerung nicht will. Es geht um die Verbreitung einer Ideologie, doch die Sprache – hierzulande ein besonders wichtiges Kulturgut – sollte nicht ideologisiert und verhunzt werden.

 

 

 

Foto: Wikimedia.org/Creator:Tombe/cc

In einem Akt nachholenden Progressismus will nun auch eine sehr kleine Minderheit in Südtirol die Sprache – hierzulande ein besonders wichtiges Kulturgut – ideologisieren und damit verhunzen. Es geht natürlich ums „Gendern“. Während in Deutschland, wo die Unsitte schon früher eine gewisse Öffentlichkeit erreicht hat, bereits wieder kleine, aber wahrnehmbare Gegenbewegungen einsetzen, wollen die Fortschrittlichen zwischen Brenner und Salurn dem tumben Volk das richtige Sprechen beibringen.

In Wortmeldungen von Südtiroler Akademikern fallen mir immer öfter Unwörter wie „Bürger*innen“ auf. Bei Salto stand vor kurzem: „Wie klein ist der Kraftakt zu gendern im Vergleich zu den Auswirkungen, die eine Sprache hat, deren Sprecher*innen mindestens zur Hälfte unsichtbar gemacht werden?“

Wie, wenn wir so reden, wie wir es gelernt haben, machen wir die Hälfte der Menschen unsichtbar, löschen sie also praktisch aus? Das ist natürlich falsch, doch weiter im Salto-Text: „Mit der Vision, eine gerechtere und menschenfreundlichere Welt für ALLE zu gestalten. Weil eine Welt, die nur für einige wenige (weil weiß-männlich-heterosexuell-cisgender-unbeeinträchtigt) funktioniert, eine ist, die nicht wirklich funktioniert und vor allem nicht zukunftsfähig ist.“

 

Der Sound der Gouvernante

Wer hier mit dem edlen – oder doch größenwahnsinnigen? – Anspruch schreibt, die Welt besser machen zu wollen und zwar für „ALLE“, ist die freie Journalistin Anita Rossi. Und ich verstehe das. Als freie Journalistin sucht man sich mitunter Themen, die bislang wenig populär, aber bei Studierten im Trend liegen. Dort findet man dann seine berufliche Daseinsberechtigung und kann, wenn’s gut läuft, ein wenig angeben. Völlig legitim.

Nicht legitim ist dagegen der Sound, der in diesen Gender-Diskussionen oft mitschwingt. Es ist der Ton des Gouvernantentums. Vielleicht nicht ganz freiwillig, dafür aber umso deutlicher zeigte sich das kürzlich in einem Tweet der Grünen-Bundestagsabgeordneten Ulle Schauws. „Die Zeiten gendern sich. Geschlechter-gerechter. Das Gezeter von einigen ums Gendern ist wie mit Dreijährigen, die bockig stehen bleiben. Da hilft (auch pädagogisch): einfach weitergehen. Die kommen schon irgendwann hinterher.“ An diesem Beispiel zeigt sich die ganze Überheblichkeit der Gender-Befürworter nach dem Motto: „Wir sind die Erwachsenen und zeigen euch, wie es richtig geht.“

https://twitter.com/ulle_schauws/status/1399013583380484102?s=20

Dabei ist Sternchen-Doppelpunkt-Unterstrichsprache grammatisch falsch. Die Gesellschaft für deutsche Sprache kam im vergangenen Jahr nach einer Untersuchung zu dem Schluß: „Bei seiner (Gendersternchen, Anm. UT24) Verwendung entstehen nicht nur grammatisch falsche Formen (z. B. Arzt*in oder Ärzt*in), auch den Regeln der deutschen Rechtschreibung entspricht das Sternchen nicht.“ Dasselbe gelte auch für andere angeblich geschlechtergerechte Formen wie den Gender-Doppelpunkt oder -Unterstrich.

„Mit einer neuen Sprache kann ich die Gesellschaftsmitglieder lenken und formen“

Die Progressiven stören sich vor allem am generischen Maskulinum. Sie behaupten, dass beispielsweise „Die Schüler“ als Pluralform von „Der Schüler“ nur männliche Personen meint, die zur Schule gehen. Doch das ist falsch. Der Linguist Peter Eisenberg, Mitglied im Rat für deutsche Rechtschreibung, erklärte das neulich gegenüber der Berliner Zeitung so:

„Wenn ich sage: Der deutsche Steuerzahler wird zur Kasse gebeten, dann spreche ich von Personen, die Steuern zahlen. Da gibt es keinen Bezug auf Männer oder Frauen. Noch ein Beispiel: Als Annalena Baerbock Kanzlerkandidatin wurde, hieß es überall, sie sei die erste grüne Kanzlerkandidatin – so als ob es schon andere Kanzlerkandidaten der Grünen gegeben hätte. Aber eigentlich wollte man sagen: Unter allen Kanzlerkandidaten ist sie die erste Grüne. Und das kann man ohne großen sprachlichen Aufwand nur mit Hilfe des generischen Maskulinums sagen.“

Nebenbei bemerkt: Es gibt auch das generische Femininum („Die Fachkraft“, „die Berühmtheit“). Mindestens genauso schlimm wie das grammatisch falsche Ergebnis, das beim Gendern herauskommt, ist die Ideologisierung der Sprache. Gender-Mainstreaming ist eine Ideologie. Der Vorsitzende der Gesellschaft für deutsche Sprache, Peter Schlobinski, zog Ende Mai im Tagesspiegel sogar einen Vergleich mit George Orwells Roman „1984“: „Mit einer neuen Sprache ändere ich die Begrifflichkeiten und das Denken und kann so die Gesellschaftsmitglieder lenken und formen. Nur, das funktioniert schon bei Orwell nur bedingt.“

Mehrheit der Österreicher und Deutschen gegen Gender-Sprech

Erfreulicherweise zeigen jüngste Daten, dass diese radikale Dekonstruktion der Sprache bei der Mehrheit der Deutschen und Österreicher nicht ankommt. In einer repräsentativen Umfrage der Welt am Sonntag gaben 65 Prozent der Befragten an, sie hielten nichts von einer stärkeren Berücksichtigung unterschiedlicher Geschlechter in der Sprache. Nicht nur bei den Frauen, sogar bei den Grünen-Anhängern war die Mehrzahl gegen den Gender-Sprech.

Ein ähnliches Ergebnis brachte eine Erhebung im Auftrag der Kronen-Zeitung zu Tage: 66 Prozent der befragten Österreicher lehnen Gender-Doppelpunkt und Co ab. 51 Prozent der Befragten waren Frauen. Auch will die Mehrzahl nicht, dass es eine verpflichtende Gender-Schreibweise gibt.

Die Zahlen – und es waren nicht die ersten und einzigen – sind eindeutig. Also lasst die Leute sprechen wie sie sprechen wollen. Wer die „Leser*innen“ mit Stern, Doppelpunkt oder Unterstrich beglücken will, soll das tun. Er sollte aber aufhören, das anderen aufzwingen zu wollen. Schluss mit der Ideologisierung der Sprache.

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Lukas Steinwandter, Jg. 1990, der Journalist aus dem Hochpustertal arbeitet als Redakteur für die deutsche Wochenzeitung Junge Freiheit.

 

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  1. Franavanza
    06.07.2021

    Hut ab, mein Freund

  2. Pierpauls
    09.06.2021

    So etwas schwachsinniges wie den Gender Sprech kann man gar nicht beschreiben. Wir sind nun mal als Mann und Frau geboren und wegen der wenigen Zwitter brauchen wir wirklich nicht unsere schöne deutsche Sprache zu verhuntzen.

  3. Pierpauls
    07.06.2021

    Diese Genderei ist Schwachsinn pur!

  4. Elsa
    07.06.2021

    Artikel, die keiner braucht. Das Frauenbild von den Rechten ist bekannt, es wird auch nicht besser, wenn man wie hier – teilweise zurecht – den Genderwahn beanstandet.
    Nach der Watsche in Sachsen-Anhalt wäre es eigentlich besser, die Rechtspropheten würden kleinlaut.

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