von hz 17.01.2023 13:14 Uhr

Deutschland hat einen neuen Verteidigungsminister

Nach dem Rücktritt der deutschen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (UT24 berichtete) wird der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (beide SPD) ihr Nachfolger. Er soll am Donnerstag von Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Ernennungsurkunde erhalten und im Bundestag seinen Amtseid leisten, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Dienstag mitteilte.

Neuer deutscher Verteidigungsminister Boris Pistorius - Bild: APA/dpa

Pistorius sei ein „herausragender Politiker“, erklärte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). „Pistorius ist ein äußerst erfahrener Politiker, der verwaltungserprobt ist, sich seit Jahren mit Sicherheitspolitik beschäftigt und mit seiner Kompetenz, seiner Durchsetzungsfähigkeit und seinem großen Herz genau die richtige Person ist, um die Bundeswehr durch diese Zeitenwende zu führen“, erklärte er weiter.

Ãœberraschender Nachfolger

Lambrecht hatte am Montag nach gut einem Jahr im Amt ihren Rücktritt erklärt. In den vergangenen Tagen waren mehrere andere Namen als mögliche Nachfolger genannt worden, darunter Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt, SPD-Chef Lars Klingbeil und die Wehrbeauftragte Eva Högl. Pistorius war nun eine Überraschung. Der niedersächsische Innenminister gilt als erfahrener Polit-Manager. Im Kreis der Innenminister von Bund und Ländern hat sich Pistorius in den vergangenen Jahren einen Ruf als kenntnisreicher Fachpolitiker erworben. Auch wenn er stets in Niedersachsen blieb, war er auch an der innenpolitischen Positionierung der Bundes-SPD in Wahlkämpfen und an Koalitionsverhandlungen beteiligt.

Bei den Innenministerkonferenzen machte es dem als pragmatisch geltenden Pistorius immer sichtlich Freude, sich mit Konservativen wie dem früheren deutschen Innenminister Horst Seehofer (CSU) auf offener Bühne zu streiten, schlagfertig, mit spitzen Bemerkungen, aber nie respektlos. Zur Idealbesetzung für den Posten des Verteidigungsministers macht Pistorius vielleicht auch sein Alter. Mit 62 Jahren kann ein Politiker schließlich ganz entspannt das Chefbüro im Bendlerblock beziehen, das gemeinhin als Schleudersitz und damit auch als potenzieller Karrierekiller gilt.

Lob der Partner

Die Partner der SPD in der Ampel-Koalition lobten die Personalie. Finanzminister Christian Lindner gratulierte Pistorius umgehend. In einem Tweet sprach der FDP-Chef von seinem „neuen Kabinettskollegen Boris Pistorius“. „Vor allem mit der Umsetzung des Sondervermögens liegt eine große Aufgabe vor uns“, schrieb er. Er freue sich auf eine gute Zusammenarbeit von Finanz- und Verteidigungsministerium.

Offene Baustellen

Lambrecht hinterlässt Pistorius eine ganze Reihe von Baustellen. So steht die Modernisierung der Bundeswehr unter anderem mit Hilfe des 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögens erst am Beginn. Bisher wurden erst Verträge über gut zehn Milliarden Euro geschlossen. Die Aufrüstung hatte Kanzler Scholz nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar vergangenen Jahres verkündet.

Unklar ist auch noch, wie es mit den Waffenlieferungen an die Ukraine weitergeht. Nachdem die Regierung in Berlin zuletzt die Lieferung von Marder-Schützenpanzern beschlossen hatte, drehen sich die aktuellen Debatten darum, dem angegriffenen Land Leopard-Kampfpanzer bereitzustellen. Bereits am Freitag ist für den neuen Minister ein Treffen mit den westlichen Verbündeten der Ukraine auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz geplant, bei dem es um die weitere Unterstützung für Kiew gehen soll.

Pistorius wurden immer wieder Ambitionen für ein politisches Amt auf Bundesebene nachgesagt. Es gab beispielsweise Gerüchte, er könnte deutscher Innenminister werden, falls Nancy Faeser bei der Landtagswahl in Hessen als Spitzenkandidatin für die SPD antreten sollte.

Mit der Entscheidung für Pistorius hebelt Scholz seinen eigenen Anspruch aus, seine Ministerriege paritätisch zu besetzen. Bisher waren es acht Männer und acht Frauen, nun werden es neun Männer und sieben Frauen sein – der Kanzler selbst nicht mitgezählt.

APA/UT24

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