Michaela Perktold

06.10.2018

Plötzlich rechts!?

Nun ist wieder ein wenig Zeit verstrichen und ich komme mehr und mehr hier in Südtirol an! Ich fange an, mich mehr zuhause zu fühlen. Aus dem Grund liest Frau ja auch Zeitung aus der Region, denn das Interesse am Umfeld steigt von Tag zu Tag. Vielfältig sind die Themen in der Presse und polemisiert wird – wie überall auf der Welt – gerne und viel. Schon in Nordtirol hat mich das in Schubladen gepresst zu werden genervt. Wie es mir hier damit geht und was ich erkennen muss, erzähle ich euch heute aus aktuellem Anlass!

Bild: Südtiroler Schützenbund/Flickr

Aus dem Blog „Mein neues Leben in Südtirol“

 

Das Schubladen – Denken: Nicht nur in der Politik, nein auch im Alltag. Plötzlich musst du dich outen: bist du rechts (oh herrje, bloß das nicht), oder bist du links? – Früher wollte keiner ein Linker sein! Hatte aber eher mit Charakter als mit Politik zu tun! – Bis vor ein paar Jahren dachte ich, dass ich einfach eine Bürgerin bin, ein Mensch und Demokratin. Leider sind nun gravierende Veränderungen in der Sprache eingetreten, die mich nun auch im Alltag erreichen. Ich bin Marketenderin in einer Schützenkompanie! Und ganz plötzlich bin ich Teil eines rechtsextremen Nährbodens – so der Tenor der größten Tageszeitung hier: Die Dolomiten!

Da erzählt uns ein Historiker, dass ich rechtsextrem bin – oh Moment, nein ich bin der Nährboden von rechtsextremem Gedankengut! Ob sich die Leute je Gedanken machen, was sie in der Öffentlichkeit an Schwachsinn verzapfen und es wirklich und tatsächlich um Personen geht, die hier pauschal diffamiert werden in einer Art und Weise, die einem den Mund offen lässt?

Also ich bin ehrenamtlich tätig bei einer Schützenkompanie in Südtirol. Ehrenamtlich heißt: freiwillig. Wir helfen uns gegenseitig und bringen uns bei Festen ein, die auch gerne von Touristen besucht werden. Wir arbeiten hart an Aktionen, die Menschen motivieren sollen, sich auch in der Gesellschaft einzubringen. Ich bin auch ehrenamtlich als Kommunionhelferin tätig und bin überzeugte Christin.

UND: seit heute bin ich rechtsextremer Nährboden! WOW! Interessante Entdeckung! Wo steht nun in meinen Augen dieser Historiker? Als Umkehrschluss wäre logisch, dass er links steht. Nur weiß er auch, dass er – sofern er nicht linksextrem oder gar linksradikal ist – rechts von jemandem steht? Er steht also wohl auch rechts!

Weiß er, dass er mit solch pauschalen Diffamierungen den Nährboden für Radikalisierung in allen Richtungen bereitet? Ist das ein Wissenschaftler? Ehrlich ich finde diese Pauschalisierungen und Verallgemeinerungen als höchst unwissenschaftlich und fragwürdig! Noch fragwürdiger aber ist die Zeitung, die solchen Menschen eine riesige Plattform bietet und Hass schürt. Objektiver Journalismus? Wo ist der nur geblieben? Ich denke, die Guten sind wohl ausgewandert oder ausgestorben.

Schade für die Berufsgruppe der Historiker, denn so etwas verunglimpft auch die seriösen Wissenschaftler. Aber das scheint hier nicht wichtig zu sein. Wichtig ist Pauschalurteil ohne Rücksicht auf Verluste.

Wie ich mich sehe:

Ich bin gerne bei den Schützen und trage gerne Tracht. Ich freue mich, wenn wir gemeinsam am Zusammenleben aller im Dorf etwas Positives beitragen können. Es ist gut zu wissen, dass ich als Tirolerin durch meine Vorfahren Teil einer langen Tradition der Bewahrung unserer Kultur bin. Andere haben dies für mich gemacht und ich darf nun selbst dafür eintreten. Es ist ein Privileg zu wissen, welcher Kultur man angehört. Ein Privileg ist es auch eine ausgeprägte Identität zu haben, die ich im Laufe meines Lebens entwickeln konnte, dank all den Vorgängergenerationen. Ich bin gerne für Gott unterwegs, als Kommunionhelferin oder auch Wortgottesdienstleiterin, falls gewünscht. Auch das gehört zu meiner Identität und zu meinen Wurzeln. Und ja: ich bin stolz darauf. Alle, die mich kennen, wissen, dass ich friedfertig, liebevoll, geduldig und stark bin.

Ich mag noch einiges andere sein, aber eines bin ich definitiv nie gewesen und werde es niemals sein:

Irgendein unpersönliches, gesichtsloses Wesen, das irgendein Nährboden für irgendwelche Richtungen ist!

Nichts anderes ist die Aussage dieses „Historikers“ in meinen Augen. Schade, dass Bildung nicht immer mit Charakter – oder Herzensbildung gleichzusetzen ist!

Wie seht ihr die ständigen Debatten um rechts und links? Wo führt das hin? Habt ihr auch schon solches Schubladendenken erlebt und wie geht ihr damit um? Fragen über Fragen…

Freue mich, wenn ihr mir dazu eure Meinung schreibt. Es hilft uns allen, uns gegenseitig die Sichtweisen zu erzählen, um immer neue Blickwinkel zu entdecken.

Übrigens: Das Interview des Historikers findet ihr in der Ausgabe (5. Oktober 2018) der „Dolomiten“ auf Seite 14.

Habt eine gute Zeit und einen feinen Herbst!

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