Martins Blog

Martin Feichter

25.02.2017

Falsche Behauptungen und ein Appell

Die ehemalige PD-Politikerin Cornelia Brugger behauptet auf Facebook, mit dem Sprachenlernen müsse bereits im frühen Kindesalter begonnen werden. Alle Studien würden dies belegen. Damit liegt die Brunecker Gemeinderätin aber gehörig daneben. Und eigentlich will Brugger sowieso auf etwas anderes hinaus.

APA (dpa/Symbolbild)

Ein Kommentar von Martin Feichter

Behauptung bleibt Behauptung

„Alle und ich behaupte ALLE sprachwissenschaftlichen Studien belegen, dass Mehrsprachigkeit bereits im frühen Kindesalter begonnen werden soll, um optimale Ergebnisse erzielen zu können“, schreibt Brugger in ihrem Kommentar. Eine Behauptung, die sich leicht widerlegen lässt.

Es reicht, einen Blick über den Tellerrand hinauszuwerfen. Denn frühkindliches Sprachenlernen ist nicht nur im mehrsprachigen Südtirol ein heißes Eisen, sondern auch in der ebenfalls mehrsprachigen Schweiz.

Dort kämpfen Bildungspolitiker mit allen möglichen Mitteln für das Frühfranzösisch. Wissenschaftler, die den Nutzen anzweifeln, würden unter Druck gesetzt und diskreditiert, berichtete die Neue Zürcher Zeitung und zeigte dies anhand des Falls der Sprachwissenschaftlerin Simone Pfenninger auf. Auch sie habe aufgrund ihrer unbequemen Forschungsergebnisse Repressalien erleiden müssen. Viel Geld sei in die Lehrerausbildung und die Lehrmittel geflossen, wohl deshalb solle nicht an diesem Konzept gerüttelt werden.

Früher ist nicht besser

Pfenninger kam in ihrer Studie zu dem Schluss, dass früher eben nicht besser ist. Aus dem frühkindlichen Fremdsprachenunterricht würden sich keine kurz- oder langfristigen Vorteile ergeben. Im Gegenteil: Kurzfristig könne der frühe Fremdsprachenunterricht die Erstsprache auch negativ beeinflussen.

Außerdem stellt die Sprachwissenschaftlerin in ihrer Langzeitstudie fest: Wer Deutsch gut liest und schreibt, könne diesen Vorteil ins Englische übertragen – und dies interessanterweise unabhängig vom Alter zu Lernbeginn der Fremdsprache oder dem biologischen Alter. Dieses Fazit zog auch eine Studie der israelischen Universität Haifa.

Frühkindliche Spracherziehung ist noch nicht genug

Eigentlich will Cornelia Brugger unter dem Deckmantel der Mehrsprachigkeit aber auf etwas ganz anderes hinaus. Hierzulande geht es um die Einführung des mehrsprachigen Unterrichts in der öffentlichen Schule. „Mehrsprachiger Unterricht führt zu Mehrsprachigkeit“, meint Brugger.

So sieht das auch der SVP/PD Senator Francesco Palermo. Erst am Montag reichte er im römischen Parlament einen Gesetzentwurf für die mehrsprachige Schule in Südtirol ein. An deutschen und italienischen Grund- und Mittelschulen sollen eigene Sektionen eingerichtet werden, in denen der Unterricht im gleichen Ausmaß auf Deutsch und Italienisch stattfindet, sofern sich das mindestens 15 Eltern wünschen.

Minderheit bald unter Druck?

Es ist ein großer Unterschied, ob in einer Schule mehrere Sprachen unterrichtet werden, oder ob in mehreren Sprachen unterrichtet wird.

Dass Südtirol ein Minderheitengebiet in einem Nationalstaat ist und sich durch solche Schulen auf lange Sicht die „lingua franca nazionale“ durchsetzen könnte, scheint die Verfechter der gemischtsprachigen Schule nicht zu scheren. Wer Negativbeispiele sucht, braucht sich nur die Situation im Elsass oder im Aostatal anzusehen.

Den Aspekt des Minderheitenschutzes brachte die Südtiroler Sprachwissenschaftlerin Rita Franceschini bereits im Jahr 2013 in einem Interview mit der FF in die Diskussion ein. Sie warnte: „Man muss darauf achten, dass die Alphabetisierung in der Primarschule, im Alter zwischen 6 und 12 Jahren, in der Sprache geschieht, die man zu erhalten wünscht — eine Minderheitensprache darf nicht unter Druck geraten.“

Besser Italienisch als Fremdsprache lehren

Mehrsprachigkeit ist ein erstrebenswertes Ziel, das auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann.

So muss der Italienischunterricht an den deutschen Schulen zweifellos verbessert werden. Aber an der Didaktik des Sprachunterrichts soll geschraubt werden, nicht an der funktionierenden deutschen Schule.

Im Gegensatz zu Englisch wird Italienisch als „Zweitsprache“ unterrichtet – und viele Unterrichtsstunden liefern zu schlechte Ergebnisse.

Den deutschsprachigen Südtirolern soll die italienische Sprache als solche gelehrt werden, welche sie für diese auch ist: eine Fremdsprache. Klappt bei Englisch ja auch hervorragend!

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