von fe 18.03.2019 17:10 Uhr

Drei Tote und fünf Verletzte nach Anschlag in Utrecht

Bei einem Anschlag in einer Straßenbahn in der niederländischen Großstadt Utrecht sind am Montag drei Menschen getötet worden. Die Zahl der Verletzten wurde indes seitens der Polizei von neun auf fünf korrigiert. Neben einem terroristischen Motiv schloss die Polizei auch ein Familiendrama nicht aus. Laut türkischen Medien hat die Schießerei einen familiären Hintergrund.

“Es könnte auch sein, dass es eine Beziehungstat ist”, sagte Polizeisprecher Bernard Jens am Montag. Der Täter habe auf eine Verwandte geschossen und später auf Menschen, die der Frau zur Hilfe kommen wollten, meldete die amtliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu am Montag unter Berufung auf Verwandte des Flüchtigen.

Die Polizei veröffentlichte ein Foto des Mannes namens Gökmen Tanis aus der Straßenbahn. Wer den Gesuchten sehe, solle sich ihm nicht nähern, twitterte die Polizei. Das Foto des Verdächtigen wurde von einer Überwachungskamera aufgenommen. Zu sehen ist ein Mann in einer Straßenbahn, der eine blaue Jacke trägt.

Die Stadtverwaltung forderte die Menschen in Utrecht zunächst dazu auf, ihre Häuser nicht zu verlassen. Weitere Zwischenfälle seien nicht ausgeschlossen. Die Polizei gab indes aber eine erste Entwarnung. Die Menschen könnten wieder auf die Straße gehen, teilte die Polizei mit. Zuvor hatte die zuständige Behörde bereits die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen. Auch in Deutschland verstärkte die Polizei an der Grenze zu den Niederlanden ihre Kontrollen an Straßen und in Zügen. Die Gemeinde Utrecht richtete eine Telefon-Hotline ein.

Aus einer Wohnung sicherte die Polizei Beweismaterial. Bei einem weiteren Einsatz in einem anderen Wohngebäude auf der anderen Seite des Tatorts seien angeblich zwei Menschen festgenommen worden, berichtete ein Reporter eines TV-Senders. Die Polizei sperrte eine Straße ab. Mitglieder einer Anti-Terror-Einheit drangen nach Berichten niederländischer Reporter in eine Wohnung ein. Schüsse seien nicht zu hören gewesen. “Was wir auf jeden Fall wissen, ist, dass ein Täter auf der Flucht ist”, sagte Pieter-Jaap Aalbersberg, der nationale Koordinator für Terrorismus-Bekämpfung.

“Unser Land ist heute durch einen Anschlag aufgeschreckt worden”, sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte. Gewalt habe unschuldige Menschen getroffen. “Ein Terrorakt ist ein Angriff auf unsere Zivilisation.” Es werde alles versucht, um den oder die Täter zu fassen. “Wir werden nie vor Intoleranz weichen”, sagte der Mitte-Rechts-Politiker.

Die genauen Hintergründe des Vorfalls waren zunächst unklar. Laut Polizei wurde nur an einem Ort geschossen. Aalbersberg hatte in seiner Pressekonferenz berichtet, dass an mehreren Stellen in Utrecht geschossen worden sei. Dies wurde später von der Anti-Terror-Behörde NCTV wieder dementiert. Für Schüsse an weiteren Orten gebe es keine Bestätigung, korrigierte die Behörde ihren Chef. Nach Angaben der Polizei fielen die Schüsse gegen 10.45 Uhr.

Wie ein Augenzeuge berichtete, könnte es der mutmaßliche Täter gezielt auf eine Frau abgesehen haben. Daan Molenaar befand er sich nach eigenen Aussagen im vordersten Teil der Straßenbahn, als die Schüsse im hinteren Teil fielen. Nach dem Stoppen der Bahn habe er zunächst eine auf dem Boden liegende Frau bemerkt, der andere Reisende hätten helfen wollen, erklärte er im NOS Radio. Zunächst habe er an einen Unfall gedacht. “Ich hatte noch immer diesen Eindruck, als ich sah, dass sie weggeschleppt wurde.” Aber plötzlich sah er jemanden mit gezückter Pistole gezielt auf die Gruppe zulaufen. “Es sah so aus, als ob er diejenige noch einmal angreifen wollte oder vielleicht die Menschen, die ihr halfen.”

Wenige Stunden nach dem Anschlag entdeckte die Polizei ein gesuchtes, rotes Fahrzeug. Zuvor hatte es geheißen, es würden Berichte geprüft, wonach ein Verdächtiger mit einem roten Auto geflohen sein soll.

Aus Sicherheitsgründen schlossen alle Moscheen sowie die Universität Utrecht ihre Türen. Alle Studenten wurden aufgefordert, in den Uni-Gebäuden zu bleiben. Gleiches galt für alle Schulen und Kinderbetreuungsstätten in Utrecht. Alle Kinder und Mitarbeiter sollten in den Gebäuden bleiben. Die Behörden riefen Eltern dazu auf, ihre Kinder vorerst nicht abzuholen. Im niederländischen Regierungszentrum, dem Binnenhof in Den Haag mit dem Parlament und dem Amtssitz des Ministerpräsidenten, wurde die Polizeipräsenz verstärkt.

Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders ging ebenfalls von einem Terrorakt aus. Wilders sagte im niederländischen Fernsehen, es sehe nach einem “Terroranschlag mit unschuldigen Opfern” aus.

König Willem-Alexander und Königin Máxima zeigten sich bestürzt. In einer Erklärung des Hofes hieß es: “Unser tiefes Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Familien.” Das Königspaar rief die Niederländer auf, für eine freie Gesellschaft zusammenzustehen. In Gedanken seien sie bei den Bürgern von Utrecht.

APA

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