Mit dem Abortbesen den Mund ausgewischt
Man sieht an der fahrigen und zerrissenen Schrift in seinem Brief, dass Paul Gamper sich 4 Monate nach seiner Verhaftung immer noch in keinem guten Zustand befand. Er schrieb:
Gebe kurzen Bericht, wie es mit uns bei den Verhören ergangen ist. Eingestanden wurde eine menge mehr, als in Wirklichkeit passiert ist. Methoden waren Schläge auf allen Körperteilen und mit allem. Auf einen Tisch wurde eine Obststeige gelegt und die Menschen mit dem Rücken auf dieser Steige die Füße auf einer Seite und die Hände auf der anderen Seite des Tisches zum Boden niedergebunden. Der Kleider teils entledigt, wurden Käfer auf den Nabel getan, die eine unbeschreibliche demoralische Wirkung haben, und Säure in den Mund und Nase geleert, die den Marsch in die Atemwege nahm und den Menschen zum ersticken brachten oder in den Mund gespien und anschließend mit dem Aportbesen ausgewischt.
Franz (Anm.: sein Bruder) z.B. wurde zusätzlich mit der Eisenstange geschlagen am Boden liegend wurde ihm eine Gehirnerschütterung beigebracht! Folge: Schwindel und Kopfweh noch nach vielen Wochen. Einer ist hier mit geplatztem Trommelfell und einer mit Schwere Sehstörung (Blendlampen). Das alles bei vom Durst aufgeschwollenen Gaumen, da es weder Essen noch Trinken gab. Das alles ist erst ein Teil dessen von allem. (Anm.: Dann folgen drei unleserliche Zeilen).
Paul Gamper
Bozen, 10.11.1961
Am 29. Dezember 1962 wurde Paul Gamper „mangels an Beweisen“ wieder entlassen. Für die an ihm verübten Schändlichkeiten hat sich der Staat nie entschuldigt, eine Entschädigung hat es nie gegeben.
Der obige Auszug stammt aus dem Buch „Für die Heimat kein Opfer zu schwer“ von Dr. Helmut Golowitsch.
Golowitsch, Helmut: Für die Heimat kein Opfer zu schwer. Folter-Tod-Erniedrigung. Südtirol 1961-1969. Edition Südtiroler Zeitgeschichte: Deutschland: Druckerei Brunner. 2009. ISBN: 978-3-941682-00-9