von hz 15.04.2024 11:46 Uhr

Kanzler Tirler im UT24-Interview

Er ist 44 Jahre jung und stammt aus Kastelruth. Bereits mit 25 Jahren wurde er zum Priester geweiht. Mittlerweile ist er auch der Kanzler der Diözese Bozen-Brixen und ab Herbst auch deren Offizial. Fabian Tirler hat im Interview mit UT24 nicht nur über seine vielen kirchlichen Aufgaben gesprochen, sondern auch über den aktuellen Priester- und Gläubigenmangel.

Im Bild links die Pfarrkirche von Niedervintl; im Bild rechts Kanzler und Offizial in spe Fabian Tirler - Fotos: Fabian Tirler

UnserTirol24: Herr Tirler, die Diözese hat kürzlich wieder mehrere Personalveränderungen bekannt gegeben, welche am 1. September 2024 wirksam werden. Sie selbst werden neben mehreren anderen Aufgaben ein weiteres neues Amt übernehmen, und zwar jenes des Offizials. Welche Aufgaben hat ein Offizial inne?

Fabian Tirler: Dem Diözesanbischof ist die Leitung seines Bistums übertragen, und zwar mit gesetzgebender, ausführender und richterlicher Amtsgewalt. Während er die gesetzgebende Gewalt nur persönlich ausüben kann, übt er die ausführende Gewalt vor allem durch den Generalvikar aus, die richterliche Gewalt durch den Offizial bzw. Gerichtsvikar. Der Offizial ist also der Beauftragte des Bischofs für das diözesane Kirchengericht. Das Diözesangericht ist u.a. zuständig für die diözesane Phase der Heiligsprechungsverfahren und für eventuelle kirchliche Strafverfahren, soweit diese nicht den römischen Dikasterien vorbehalten sind. Für die Ehenichtigkeitsverfahren, welche die Mehrzahl der zu bearbeitenden Fälle ausmachen, gibt es ein gemeinsames regionales Kirchengericht für die 15 Diözesen von Nordostitalien. Bereits bisher bin ich an beiden Gerichten Richter. Ab September übernehme ich die Leitung des diözesanen Gerichtes und bleibe auch weiterhin Richter am regionalen Kirchengericht.

Zu den rein richterlichen Aufgaben als Offizial kommen noch verschiedene Aufgaben im Zusammenhang mit der Vorbereitung von kirchlichen Eheschließungen (etwa die Beglaubigung von Dokumenten aus anderen Diözesen oder verschiedene Erlaubnisse und Dispensen) und die Beratung der Pfarrer in kirchenrechtlichen Fragen.

UT24: Offizial der Diözese Bozen-Brixen, Kanzler am Bischöflichen Ordinariat, Richter am Regional- und Diözesangericht, Pfarrseelsorger von Mühlbach und Seelsorger in der Seelsorgeeinheit Rodeneck sowie Direktor des Foedus sacerdotale. Herr Tirler, wie schaffen Sie all die vielen Aufgaben?

Tirler: Die Liste der Aufgaben ist in der Tat lang – aber wenn man es genauer anschaut, ist es schon zu schaffen. Im Kanzleramt des Bischöflichen Ordinariates gibt es einen Vizekanzler, der v.a. viele bürokratische Arbeiten erledigt, sodass ich mich dort hauptsächlich um die rein kirchenrechtlichen Aufgaben kümmern kann. Der bisherige Offizial, P. Alois Hillebrand, tritt ab Herbst altersbedingt in die zweite Reihe, wird aber als Vizeoffizial weiterhin verschiedene Aufgaben übernehmen. Als Pfarrseelsorger von Mühlbach kann ich auf ein Pastoralteam zählen, das in der Pfarrei Mitverantwortung trägt, zudem hilft auch Altpfarrer Hugo Senoner weiterhin in der Seelsorge mit. Die Aufgabe als Seelsorger in der Seelsorgeeinheit Rodeneck umfasst vor allem die Feier von Sonntagsgottesdiensten in den Pfarreien. Die Leitung der Priestergemeinschaft des Foedus Sacerdotale ist ein kleines Ehrenamt, das mit nicht sehr viel Aufwand verbunden ist.

Es bedarf natürlich einer guten Koordination zwischen den einzelnen Aufgaben, die Verschiedenheit der Aufgaben macht die Arbeit aber auch sehr abwechslungsreich.

Veränderungen werden nicht nur aufgrund des Priestermangels notwendig sein, sondern auch aufgrund des Gläubigenmangels

Fabian Tirler

UT24: Wie ist es aktuell um die Priestersituation in Südtirol bestellt? Gibt es diesbezüglich in naher Zukunft Veränderungen, welche die Pfarrgemeinden spüren werden?

Tirler: Die Situation der Priester ist, was die Zahl und das Alter betrifft, ziemlich dramatisch. Genauso dramatisch ist es aber auch um die Zahl und das Durchschnittsalter der aktiven Gläubigen in vielen unserer Pfarrgemeinden bestellt. Während meines Studiums in Rom habe ich in den Ferienzeiten in verschiedenen Pfarreien unserer Diözese als Aushilfspriester Gottesdienste gefeiert. Nicht selten war ich da – abgesehen von den Ministranten – geschätzt der Jüngste in der Kirche. Es fehlt vielfach eine ganze Generation. Da braucht es dann nicht viel Phantasie, um sich auszumalen, wie das in zehn oder 20 Jahren ausschauen wird. Veränderungen werden also nicht nur aufgrund des Priestermangels notwendig sein, sondern auch aufgrund des Gläubigenmangels – auf den auch unser Bischof immer wieder hinweist.

Die Veränderungen werden auch unsere Strukturen betreffen. Wenn wir davon ausgehen, dass die kirchlichen Strukturen dem Glaubensleben dienen sollen – und nicht umgekehrt, dann wird es nicht möglich sein, alle 281 Pfarreien unserer Diözese als solche aufrecht zu erhalten. Es wird immer notwendiger sein, über den eigenen Kirchturm zu schauen und mit anderen Pfarreien zusammenzuarbeiten. Die Seelsorgeeinheiten bieten viele Möglichkeiten, Synergien zu nutzen. Aber auch Fusionen von Pfarreien werden notwendig werden. Da kann dann auch ein nüchterner Blick in die Geschichte helfen: Zahlreiche Pfarreien unserer Diözese wurden erst Ende des 19. Jahrhunderts oder gar erst im 20. Jahrhundert errichtet, sind also kaum über 100 Jahre alt. Vorher waren diese Orte als Kuratien oder Exposituren jahrhundertelang Teil einer größeren Pfarrei.

Bei allen Veränderungen und Umbrüchen, die in der nächsten Zeit in unserer Diözese auf uns zukommen werden – Christus bleibt derselbe. Und letztlich geht es um ihn und um unsere Glaubensbeziehung zu ihm.

Fabian Tirler

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