von aw 28.02.2024 11:10 Uhr

Fahranfängerregelung: „Gesetz verfehlt seinen Zweck!“

Ein kritisches Gespräch mit dem Obmann der Freiheitlichen, Roland Stauder, über Italiens neue Regelung für Fahranfänger.

Roland Stauder - Foto: Die Freiheitlichen

In Rom hat ein jüngst vom Verkehrsausschuss genehmigter Gesetzentwurf für Aufsehen gesorgt. Die geplante Verschärfung der Straßenverkehrsordnung sieht vor, dass Fahranfänger künftig drei statt bisher ein Jahr lang nur Fahrzeuge mit begrenzter Leistung fahren dürfen. Diese Maßnahme, die Anfang März in der Abgeordnetenkammer verabschiedet werden soll, zielt darauf ab, die Sicherheit auf den Straßen zu erhöhen. Doch nicht alle sind von den vorgeschlagenen Änderungen überzeugt.

Roland Stauder, der Partei-Obmann der Freiheitlichen, hat sich deutlich gegen die neue Regelung ausgesprochen (UT24 hat berichtet). Er argumentiert, dass die Verlängerung der Leistungsbegrenzung für Fahranfängerfahrzeuge mehr schadet als nutzt. Laut Stauder führt die Regelung nicht nur zu Nachteilen in puncto Fahrsicherheit, sondern stellt auch eine finanzielle Belastung für junge Autofahrer und ihre Familien dar. Zudem kritisiert er, dass die Maßnahme mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit kollidiert, da sie in vielen Fällen zum Kauf zusätzlicher Fahrzeuge zwingen könnte, obwohl ein Familienauto vorhanden ist, das genutzt werden könnte.

Um diese und weitere Punkte genauer zu beleuchten, haben wir mit Roland Stauder ein Interview geführt. Unser Ziel ist es, die Hintergründe seiner Kritik zu verstehen und zu diskutieren, ob die neuen Regelungen tatsächlich im besten Interesse der öffentlichen Sicherheit und der betroffenen Familien sind.

Warum glauben Sie, dass die neue Regelung, die Fahranfängern für drei Jahre starke Einschränkungen auferlegt, nicht wirklich für mehr Sicherheit sorgt? Gibt es Studien oder Beispiele, die Ihre Meinung unterstützen?

Führerscheinneulinge, die kein Fahrzeug besitzen, das den gesetzlichen Vorgaben zum maximalen Leistungsgewicht entspricht, müssen gemäß der geplanten neuen Straßenverkehrsordnung nach bestandener Fahrprüfung eine dreijährige Zwangspause einlegen. Diese geht mit einem Verlust an Fahrpraxis einher. Dabei wäre doch gerade die Anfangsphase besonders wichtig, um Sicherheit und Routine im Straßenverkehr zu erlangen und Erfahrungen im Umgang mit den verschiedenen Verkehrssituationen und potenziellen Gefahrenquellen zu sammeln. Hinzu kommt, dass sich Führerscheinneulinge, die sich keinen Neuwagen leisten können und deshalb auf einen Gebrauchtwagen angewiesen sind, oft sehr alte, stark in die Jahre gekommene Autos kaufen, die schon mehrere Vorbesitzer hatten und oft auch nicht mit Airbags oder modernen elektronischen Sicherheitssystemen wie ABS ausgestattet sind. Das vorgebliche Ansinnen des Staates, Fahranfänger in ihrem ersten Führerscheinjahr vor den Gefahren im Straßenverkehr zu schützen, verfehlt also aus mehreren Gründen seinen Zweck.

Wie sieht diese Regelung im Vergleich zu anderen Ländern aus? Gibt es Orte, wo ähnliche Ideen besser funktionieren oder wo ganz andere Ansätze verfolgt werden?

Italien scheint hier einen Sonderweg zu beschreiten. Meines Wissens gibt es in der EU kein anderes Land, in dem eine solche Leistungsobergrenze für Fahranfänger gilt. Es ist naheliegend, dass Italien das Gesetz 2010 mit dem Ansinnen eingeführt hat, die Absätze der heimischen Autobauer, insbesondere jene von Fiat mit seinem großen Angebot an Kleinwagen, anzukurbeln. Es ist daher nicht abwegig, von einem „Fiat Gesetz“ zu sprechen.

Sind Sie der Meinung, dass bei der Entwicklung dieser Verschärfung genug auf die Meinungen von Betroffenen und Fachleuten gehört wurde?

Die Bemühungen des Gesetzgebers zur Verbesserung der Fahrsicherheit für Fahranfänger sind absolut berechtigt: Laut den Unfallsstatistiken mehrerer europäischer Länder sind Fahrer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren deutlich häufiger in Verkehrsunfälle verwickelt als Autofahrer ab 25. Die Hauptgründe dafür sind die fehlende Erfahrung im Straßenverkehr, Selbstüberschätzung und eine schlecht ausgewogene Gefahren- und Risikoeinschätzung. Während ein reduziertes Tempolimit sowie das Alkoholverbot zur Verbesserung der Verkehrssicherheit Sinn ergeben, ist die Regelung zur Leistungsobergrenze für Autos von Führerscheinneulingen aus mehreren Gründen kontraproduktiv und stellt eine Belastung für junge Menschen dar. Mit der Entscheidung, die bisher einjährige Beschränkung auf künftig drei Jahre zu verlängern, festigt die Regierung Italiens ihren Sonderweg in der EU, was nur schwer nachvollziehbar ist.

Glauben Sie, dass diese Regelung besonders hart für junge Leute aus weniger wohlhabenden Familien ist?

Selbstverständlich sind sozial schwächere Jugendliche und deren Familien besonders betroffen. Die meisten 18-Jährigen verfügen nicht über ausreichend finanzielle Mittel, um sich ein eigenes Auto leisten zu können. In unserem alpinen Gelände kann der öffentliche Nahverkehr die individuelle Mobilität zwar ergänzen, aber nie ersetzen. Autos sind also für viele junge Menschen unverzichtbar, um beispielsweise ihren Ausbildungsplatz zu erreichen oder ihrer Arbeit nachzugehen. Oft sehen sich die Eltern also dazu gezwungen, einzuspringen und ein Fahrzeug für den Sohn oder die Tochter anzukaufen, mit dem sie als Fahranfänger auch fahren dürfen, obwohl in der Familie oftmals bereits ein Auto vorhanden ist, das gemeinschaftlich genutzt werden könnte. Wer einen Neuwagen kauft, um ihn nur kurze Zeit später gegen ein leistungsstärkeres Modell einzutauschen, verliert aufgrund des schnellen Wertverfalls jede Menge Geld. Hinzu kommt die viele und kostspielige Bürokratie, die bei der Zulassung und Umschreibung der Fahrzeuge entsteht.

Wie passt diese Regelung zu den langfristigen Zielen für umweltfreundlichere Mobilität? Könnte sie diese Ziele sogar behindern?

Diese Regelung steht im glatten Widerspruch zum Leitprinzip des Umweltschutzes und des nachhaltigen Umgangs mit Ressourcen, welches der Politik in sonst so vielen Bereichen als Richtschnur dient, da sie vielfach dazu führt, dass dort ein zusätzliches Fahrzeug angekauft wird, wo bereits ein Auto vorhanden ist und von der Familie gemeinschaftlich genutzt werden könnte.

Was müsste Ihrer Meinung nach passieren, damit diese Regelung geändert oder abgeschafft wird? Planen Sie dazu bestimmte Aktionen oder Kampagnen?

Wir Freiheitliche haben in den vergangenen Jahren immer wieder auf die Problematik aufmerksam gemacht und das Thema auch in den Landtag gebracht. Nachdem wir es mit einem Staatsgesetz zu tun haben, muss in Rom eine Lösung gefunden werden. Die Südtiroler Parlamentarier in Rom sind dazu aufgefordert, umgehend bei der Regierung Meloni zu intervenieren, um eine Verlängerung dieser nachteiligen Beschränkung auf drei Jahre abzuwenden und darüber hinaus deren Abschaffung einzufordern. Wir werden dahingehend weiterhin Druck ausüben. Junge Menschen und deren Familien dürfen nicht länger unnötig belastet werden.

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