von fe 01.11.2019 19:51 Uhr

Der schweigende Professor

Vor einer Woche hat die Michael-Gaismair-Gesellschaft eine Umfrage zum Doppelpass für Südtiroler veröffentlicht. „Die Südtiroler sind nicht an der österreichischen Staatsbürgerschaft interessiert“, ließen die Autoren der Studie wissen und kehrten die eigentliche Erfolgsmeldung – 130.000 der wahlberechtigten Südtiroler können sich vorstellen, den Pass zu beantragen – gekonnt unter den Tisch . Nachdem UT24 die personellen Verstrickungen zwischen Auftraggeber und dem ausführenden Meinungsforschungsinstitut Apollis aufdeckte, bleibt eine entscheidende Frage offen: War die negative Studienbewertung jemanden einen großen Batzen Geld wert?

Universitätsprofessor Günther Pallaver – Fotomontage UT24

Selbst Apollis-Chef Hermann Atz musste auf Nachfrage von UT24 einräumen, dass die Umfrage „nicht üblich“ durchgeführt wurde. Zwischen der auftraggebenden Michael-Gaismair-Gesellschaft und Apollis gibt es personelle Überschneidungen: Projektleiter Hermann Atz ist Ehrenmitglied bei der Gaismair-Gesellschaft, während Günther Pallaver, der als Forscher an der Studie mitgeschrieben hat, zeitgleich jener Gesellschaft als Vorsitzender vorsteht. Damit könnte Pallaver die Studie sogar selbst in Auftrag gegeben haben. Ein alles andere als üblicher Umstand, wie auch der stellvertretende Leiter des österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung (WIFO), Bernhard Binder, gegenüber UT24 bestätigte (hier nachlesen).

Erfolgsmeldung unter Tisch gekehrt

„Es gilt hier auch nicht, die von Apollis sicherlich seriös durchgeführte Umfrage in Zweifel zu ziehen“, sagt ein Experte zu UT24 . „Aber die Leseart und die Schlüsse die im dazugehörigen Bericht daraus gezogen werden, sind abenteuerlich bis tendenziös“.

Denn das Ergebnis der Umfrage besagt, dass 34 Prozent aller Befragten (inklusive Italiener) sich vorstellen können, die österreichische Staatsbürgerschaft zu beantragen. Auf die Gesamtbevölkerung umgemünzt, würde dies über 180.000 Menschen bedeuten. Und noch ein interessantes Detail geben die Rohdaten der Umfrage preis: Die Doppelpassbefürworter sind jung, hochgebildet und zweisprachig.

Autoren gegen Doppelpass

Diese Erfolgsmeldung kristallisiert sich aus dem zur Studie gehörenden Bericht jedoch nicht heraus. Dies könnte sich einerseits mit den weiteren Mitgliedern des Forschungsteams erklären lassen, sind es doch die beiden Universitätsprofessoren Max Haller und Francesco Palermo (ehemals Senator in Rom), welche in patriotischen Kreisen als absolute Gegner des Doppelpasses gelten (UT24 berichtete). Andererseits könnte aber auch noch die Geldgeber der Studie eine entscheidende Rolle spielen.

„Der Bericht erweckt den Eindruck, als wäre die Umfrage nicht ganz so ausgegangen, wie gewünscht. Deshalb könnte das Ergebnis durch den dazugehörigen Bericht in eine bestimmte Richtung gedeutet und anschließend medienwirksam verbreitet worden sein“, mutmaßt ein Insider.

Viel Geld

Auf jeden Fall dürfte der Auftraggeber eine Menge Geld für die Umfrage in die Hand genommen haben. Laut einem Bericht der Neuen Südtiroler Tageszeitung hatte Apollis-Chef Hermann Atz im Vorjahr der Eurac ein Angebot für eine Wolf-Umfrage gemacht. Das Meinungsforschungsinstitut veranschlagte für die vermutlich ähnlich aufwendige Umfrage Kosten in Höhe von satten 70.000 Euro.

Wie sich die Doppel-Pass-Studie finanziert hat und ob es dafür sogar Sponsoren gab, wollte Apollis-Leiter Hermann Atz nicht beantworten und verwies auf die Gaismair-Gesellschaft. Deren Vorsitzender hüllt sich allerdings in Schweigen. Universitätsprofessor Günther Pallaver ist seit einer Woche nicht erreichbar.

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