Atz räumt ein: Doppelpass-Umfrage „nicht üblich“ durchgeführt

Die von Apollis durchgeführte Studie sorgte unter anderem deshalb für Verwirrung, da Teile des Forschungsteams und des Auftraggebers deckungsgleich waren. Auf die Frage von UT24 an den Projektleiter der Doppelpass-Umfrage und wissenschaftlichen Leiter von Apollis, Hermann Atz, ob dies nicht in Konflikt zu der Erstellung eines repräsentativen Ergebnisses stünde, meint dieser:
„…(hält kurz inne) Es ist tatsächlich eine Doppelfunktion gegeben, nachdem ich inhaltlich dieses Mal enger mitgewirkt habe als sonst. Das ist zwar nicht üblich, aber auch wir als Forschungsinstitut geben hin und wieder Studien in Eigeninitiative in Auftrag. In diesem konkreten Fall haben wir die Co-Autoren bei der Ausarbeitung unterstützt“. Warum das so gemacht wurde? „Weil wir einfach besser wissen, wie es geht“, so Atz.
Was in diesem Zusammenhang besonders überrascht: Atz ist neben seiner leitenden Funktion bei Apollis ebenfalls Mitglied der Michael-Gaismair-Gesellschaft; also jener Vereinigung, die die Studie zur doppelten Staatsbürgerschaft bei seinem Forschungsinstitut in Auftrag gegeben hat. „Ich bin sogar so etwas wie ein Ehrenmitglied“, erklärt er auf eine entsprechende Nachfrage. Damit ist er neben Univ-Prof. Günther Pallaver, der ebenfalls eine Doppelfunktion ausübt, sowohl beim Meinungsforschungsinstitut Apollis als auch bei der Gaismair-Gesellschaft als Auftraggeber der Studie tätig.
Deckungsgleichheit normalerweise nicht gängige Praxis
Rund um die vieldiskutierte Studie zur doppelten Staatsbürgerschaft ist somit auch eine nachweisliche Deckungsgleichheit zwischen dem Forschungsteam und dem Auftraggeber der Studie gegeben, die normalerweise alles andere als üblich ist, wie UT24 von einem renommierten Experten aus Wien erfuhr. Bernhard Binder, stellvertretender Leiter des österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung (WIFO) könnte sich eine solche Herangehensweise in seinem Forschungsinstitut jedenfalls nicht vorstellen.
„In dem Bereich, in dem wir uns bewegen, kommt so etwas nicht vor. Ich kann natürlich nicht für alle sprechen, aber normalerweise sollte es sich niemand mehr leisten, sogenannte Gefälligkeitsgutachten bzw. Gutachten mit vorgegebenem Ausgang auszustellen. Das wäre bei uns heutzutage sicherlich nicht mehr möglich“, so Binder gegenüber UT24.
Und er fügt hinzu: „Man merkt ja relativ schnell, wenn jemand um eine Expertise anfragt, worum es ihm wirklich geht und ob er den Ausgang oder das Ergebnis der Studie beabsichtigt offen zu lassen. Wenn wir hingegen das Gefühl haben, dass es schon ein vorgefertigtes Ergebnis gibt, das herauskommen muss, dann lassen wir in der Regel die Finger davon“.
Forscher gelten als Doppelpass-Gegner
Zum Forschungsteam der Doppelpass-Umfrage gehören neben Günther Pallaver auch Max Haller und Francesco Palermo. Alle drei gelten in patriotischen Kreisen als absolute Gegner des Doppelpasses. In einem Artikel auf dem Online-Portal Salto stellte der Universitätsprofessor Max Haller bereits im Jahr 2017 eine mögliche soziale Spaltung in der Raum. Haller ließ sich in seinem Gastbeitrag sogar dazu hinreißen, ein mögliches Kriegsszenario zwischen Österreich und Italien an die Wand zu malen, bei dem sich der Doppelpass als besonders negativ herausstellen könnte. „Im Extremfall könnte dies im Falle eines Krieges dazu führen, dass Südtiroler gegen Südtiroler kämpfen müssten“, so Haller.
Auch der ehemalige Partito-Democratico-Senator Francesco Palermo äußerte sich immer wieder skeptisch zum Doppelpass. Laut einem Medienbericht hatte der Universitätsprofessor behauptet – obwohl die Besteuerung an den Lebensmittelpunkt geknüpft ist – dass die Südtiroler im Falle einer doppelten Staatsbürgerschaft eine Sonderbehandlung brauchen würden, um nicht in Österreich und Italien doppelt zur Kasse gebeten zu werden.
Auch Italiener wurden befragt
Apollis-Leiter Hermann Atz sieht jedoch auch in der Tatsache, dass es sich bei den Auftraggebern um vermeintliche Gegner einer doppelten Staatsbürgerschaft für Südtiroler handelt, keine sonderliche Auswirkung auf das Endergebnis der Studie. Diese kam bekanntlich zu dem Schluss, dass 60 Prozent der befragten Südtiroler – darunter auch einige Italiener – nicht den Doppelpass beantragen würden (hier geht’s zum Artikel).
„Lediglich die Art und Weise, wie man die Fragen formuliert, kann einen Einfluss haben. Aber diese liegen ja bekanntlich offen. Was die Leute hingegen dazu veranlasst, eine solche Studie in Auftrag zu geben und dafür auch Geld in die Hand zu nehmen, ist dann ihre Sache. Einen Einfluss auf das Ergebnis hat das aber nicht“, erklärt Atz das Prozedere der Doppelpass-Studie, die er als Projektleiter begeleitete und gleichzeitig von jener Gesellschaft in Auftrag gegeben wurde, bei der er Ehrenmitglied ist.
Wie sich diese Studie hingegen finanziert hat und ob es dafür sogar Sponsoren gab, wollte der Apollis-Leiter nicht beantworten: „Das müssen Sie mir die Gaismair-Gesellschaft direkt fragen“.
Wer hat die Studie finanziert?
Univ.-Prof. Günther Pallaver, der sowohl als Vorsitzender der Michael-Gaismair-Gesellschaft (Auftraggeber) sowie als Forscher für Apollis an der Doppelpass-Umfrage beteiligt war, war trotz mehrmaliger Nachfrage von UT24 nicht für ein Gespräch zu der Causa zu erreichen. Somit bleibt die Frage rund um die Finanzierung weiterhin offen.






