von apa 19.11.2015 14:46 Uhr

Kurz legte Integrationsplan vor

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Donnerstag nun auch offiziell seinen großteils bereits bekannten 50-Punkte-Integrationsplan vorgelegt. Bei fehlender Integrationsbereitschaft soll die Mindestsicherung gekürzt werden, bei Verstößen an Schulen soll es eine Art “Nachsitzen” geben. Auf der anderen Seite sind jede Menge Förderungen vorgesehen, vor allem Deutschkurse sollen forciert werden.

APA (Außenministerium)

Erarbeitet wurde das Papier unter Mithilfe eines Expertenrats, der von Heinz Faßmann geleitet wird. Dieser warb bei der Präsentation dafür, bei der derzeitigen Flüchtlingswelle nicht die selben Fehler wie dereinst bei der Gastarbeiter-Bewegung zu machen sondern gleich und umfassend bei der Integration anzusetzen. Ebenso wie Kurz geht Faßmann davon aus, dass der allergrößte Teil der nach Österreich kommenden Asylwerber ohnehin integrationswillig ist.

Bei denjenigen, die es aber nicht sind, drohen Sanktionen. Anerkannte Asylwerber werden zu einem individuellen Integrationsplan verpflichtet, der im Wesentlichen Deutschkurse und Orientierungs- bzw. Wertekurse vorschreibt. Erfüllen Flüchtlinge die Vorgaben nicht, also nehmen sie nicht teil, soll die Mindestsicherung bis auf die Hälfte gekürzt werden können.

Was die Wertekurse angeht, sollen dort laut Faßmann Punkte wie die Gleichheit der Geschlechter oder die Religions-Neutralität unterrichtet werden. Aber auch Fragen des alltäglichen Umgangs sollen thematisiert werden. Dass für diese Kurse nur acht Stunden vorgesehen sind, hält auch der Experte für etwas kurz. Daher wäre es sinnvoll, solche Fragen auch in die Deutschkurse zu integrieren.

Zum frühen Spracherwerb soll ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr für alle jene, die es brauchen, dienen. Faßmann schlägt zudem vor, Sprachkurse für Mütter an die Kindergartenzeiten zu koppeln, um eine Teilnahme zu erleichtern.

Für neu zugereiste Zuwandererkinder bzw. jene, die noch keine ausreichenden Deutschkenntnisse aufweisen, soll es verpflichtende Sommerkurse an Schulen geben. Um einem Fehlen von ausreichendem Lehrpersonal entgegenzuwirken, sollen pensionierte Pädagoginnen für eine Mitwirkung gewonnen werden. Wohl heikelster Punkt im Schulteil des Papiers ist, dass Schüler, die rassistisches und radikales Verhalten zeigen, “pädagogischen Interventionsmaßnahmen am Nachmittag” unterzogen werden können. Als Sanktionen werden “Dienste für die Gemeinschaft” angedacht.

Was den Sektor Arbeit angeht, wird in erster Linie für die vom Wiener AMS bereits betriebene flächendeckende Erhebung der vorhandenen Qualifikationen geworben. Die übrigen Vorschläge breiten sich über die unterschiedlichsten Themenbereiche aus, etwa will man psychologische Maßnahmen im Rahmen der schulärztlichen Untersuchungen einbauen, Community-Beauftragte für die größten Herkunftsgruppen installieren oder mehr Mittel für Integrationsprojekte im Rahmen der Bundes-Sportförderung.

Keine Begeisterung bei den politischen Mitbewerbern rief Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) mit seinem 50-Punkte-Integrationsplan hervor – abgesehen vom Team Stronach. Koalitionspartner SPÖ merkte nur an, dass alle Ministerien Projekte für den Integrations-Sondertopf eingereicht hätten und der Plan ebenso wie alle anderen geprüft würden.

Der Sonder-Topf mit 75 Mio. Euro für 2016 wurde bei der Regierungsklausur “Integration” vereinbart. Alle Ministerien wurden eingeladen, Projekte einzureichen – und alle seien dieser Einladung auch nachkommen. Welches davon Mittel aus dem Sonder-Topf bekommt, habe laut Bundesfinanzgesetz das Finanzministerium gemeinsam mit dem Kanzleramt zu entscheiden. Einzelne Projekte wie das Integrationsjahr (vom Sozialministerium gemeinsam mit NGO) befänden sich bereits in Umsetzung, hieß es in der SPÖ.

Gespalten zeigte sich die Opposition: FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl würdigte zwar, dass Kurz die alte FPÖ-Forderung aufgreife, wonach das Sozialsystem keinen Anreiz für Flüchtlinge und Zuwanderer setzen dürfe. “Aber er zäumt das Pferd von hinten auf” und ergreife “lediglich Reparaturmaßnahmen, wo es Ursachenbekämpfung braucht”, ist Kickl dennoch unzufrieden. Außerdem bezweifelte er, dass von den “vollmundigen Ankündigungen auch nur irgendwas umgesetzt” wird.

“Mogelpackungen” sah die Grüne Integrationssprecherin Alev Korun in dem Paket. So habe der Minister im Budgetausschuss nicht sagen können, wie viele Deutschkurse geplant seien und wie viel Geld es dafür gebe – und jetzt kündige er Strafmaßnahmen für jene Schutzsuchenden an, “die diese noch gar nicht existenten und offensichtlich auch nicht strukturiert geplanten Kurse nicht besuchen”. Die Möglichkeit der Kürzung der Mindestsicherung bei Nichtbesuch von Kursen sei auch nicht die “große Neuigkeit”, als die Kurz sie verkaufe, sondern schon jetzt im Gesetz vorgesehen.

Dickes Lob für den Minister gab es hingegen von Team Stronach-Klubobmann Robert Lugar: “Zumindest Kurz hat brauchbare Ideen. Das ist weit mehr, als die gesamte Regierung zu bieten hat”, meinte er in einer Aussendung. Aber das “grundsätzliche Problem”, dass der unkontrollierte Zustrom nach Österreich eingedämmt werden müsse, löse freilich auch Kurz nicht. Zufrieden mit dem ÖVP-Minister sind Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung.

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