von gru 24.02.2016 11:30 Uhr

Über die Gemeindegrenzen hinaus denken! Ein Interview zur Vorwahlzeit…

Am Sonntag werden in Tirol die Gemeindestuben neu besetzt. Die Zukunft bringt viele Herausforderungen, aber ebenso viele motivierte Kandidaten. In Sillian tritt Hermann Mitteregger als Bürgermeisterkandidat für das "Team Sillian - die Bürgerliste" an. Er spricht über die Herausforderungen der Zukunft und schneidet dabei Themen an, die wohl vielen Tirolern bekannt sein dürften.
Hermann Mitteregger. Bürgermeisterkandidat der Liste "Team Sillian". Bild: Team Sillian

Das Team Sillian ist in der laufdenen Legislaturperiode bereits mit vier Sitzen im Gemeinderat vertreten und konnte 2010 fast 30% der Stimmen holen.

Nun wird am kommenden Sonntag nach 6 Jahren neu gewählt und an der Spitze der dreißigköpfigen Liste steht derRauchfangkehrermeister Hermann Mitteregger.

Wir haben mit ihm über die gerade aktuellen Themen wie „Grenzzaun“ und „Wintertourismus“, aber auch über langfristige Fragen, wie die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes gesprochen.

Hier seine Antworten:

UT24: Die Gemeinderatswahlen stehen vor der Tür. Die kommenden Jahre werden auch für das Pustertal und seine Gemeinden viele Veränderungen bringen. Wo sehen Sie die Prioritäten?

Hermann Mitteregger:

Wir stehen vor großen Herausforderungen. In Zukunft wird die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden des Hochpustertals noch wichtiger werden. Nicht jede Gemeinde wird sich alles leisten können. Hier gilt es, über die Gemeindegrenzen hinaus zu denken und zu versuchen, Synergien zu nutzen und größere Projekte gemeinsam anzugehen.

So ist zum Beispiel eine sinnvolle Verwertung des Hallenbadareals in Sillian bei uns ein großes Thema. Unser Ziel ist es, hier mittelfristig ein Schul- und Freizeitzentrum zu errichten, von dem auch andere Gemeinden profitieren können.

Spielen die Bundesparteien auf Gemeindeebene in Osttirol eine Rolle?

Es gibt diesmal nur wenige Gruppierungen, die den Namen der Partei auch in der Bezeichnung der Liste führen. Allerdings darf man die Rolle der Parteien auch nicht unterschätzen. Viele wahlwerbende Gruppierungen in Osttirol sind so genannte Namenslisten ohne genauer definierte Parteizugehörigkeit.

Bei Gemeinderatswahlen stehen die Kandidaten im Vordergrund. In kleinen Orten kennt jeder jeden, es ist also eine ausgesprochene Persönlichkeitswahl. Unterstützt wird dieses Wahlsystem noch durch die Vergabe von Vorzugsstimmen – jeder Wahlwerber kann also auch direkt in den Gemeinderat gewählt werden.

Die Ansiedlung von Firmen aus Südtirol hat im Hochpustertal ausgedehnte Gewerbegebiete entstehen lassen und vielen Menschen Arbeit gegeben. Was erwarten Sie, wird sich dieser Trend fortsetzen? Wo sind die Chancen und wo die Risiken dieser Entwicklung?

Seit dem EU-Beitritt und Wegfall der Schengen-Grenze war gerade im Osttiroler Hochpustertal in den letzten zwei Jahrzehnten durch die Ansiedelung von Betrieben wie Loacker, Nordpan, Hotex ein massiver Wirtschaftsaufschwung spürbar.

In Sillian erweitert momentan die Firma Euroclima ihren Betrieb und schafft weitere 30 Arbeitsplätze. Wir hoffen natürlich, dass sich dieser Trend fortsetzt und versuchen in der Gemeinde auch die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

Die Jobs in den Gewerbebetrieben sind Ganzjahresarbeitsplätze – im Gegensatz zum Tourismus. Ich denke, dass es dadurch erheblich schwieriger wird, Menschen für die Arbeit in Tourismusbetrieben zu gewinnen.

Trotzdem wünsche ich mir, dass man auch diese Entwicklung nicht außer Acht lässt und Betriebe motiviert, hier in Zukunft mehr zu investieren.

Stichwort Tourismus: Was wird aus den Skifahrern, wenn sich in Zukunft öfters Winter wie dieser wiederholen sollten? Wie stehen Sie zum Zusammenschluss mit Sexten?

Ohne künstliche Beschneiung ist heute kein Skigebiet mehr denkbar. Vergleicht man die Nächtigungszahlen zwischen dem Osttiroler und dem Südtiroler Hochpustertal, zeigt sich bei letzterem auf einen Blick die starke wirtschaftliche Abhängigkeit vom Tourismus.

Deshalb wird man auch in Zukunft alles unternehmen, dass Skifahren auch in milden Wintern wie diesen möglich ist – auch wenn dies mit hohen Aufwand und Energieeinsatz verbunden ist.

Ein Zusammenschluss von Sexten und Sillian erhöht die Attraktivität beider Skigebiete. Der Gemeinderat von Sillian hat sich deshalb schon öfters ganz klar dafür ausgesprochen.

Stichwort Gemeindezusammenlegungen: Was unternimmt das Hochpustertal, um ähnliche Entwicklungen, wie z.B. in der Steiermark zu verhindern?

Die Gemeinden arbeiten bisher schon in den so genannten Planungsverbänden zusammen, mit dem Ziel eine gemeinsame Strategie zu Entwicklung der Region zum Wohle aller Gemeinden voranzutreiben und zu fördern.

Persönlich wünsche ich mir, dass Projekte noch enger aufeinander abgestimmt werden, zB. wenn es um den Bau von Sportplätzen oder Bau- und Recyclinghöfen gibt.

Ein positives Beispiel ist derzeit die Burg Heinfels. Hier unterstützen die Gemeinden des Hochpustertals neben vielen anderen die Sanierung der imposanten Anlage, die spätestens 2020 wieder öffentlich zugänglich sein wird.

Die „nicht existierende Grenze“ zwischen Arnbach und Winnebach: Was empfinden Sie, wenn dort wieder kontrolliert wird und italienisches Militär auffährt, wie zuletzt auf Grund der Flüchtlingskrise geschehen?

Nach den Ereignissen des Vorjahres kann niemand genau abschätzen, wie sich die Flüchtlingskrise bei uns auswirken wird. Dass Österreich seine nationalen Grenzen sichert, weil die EU nicht in der Lage ist, im Sinne einer Solidaritätsgemeinschaft gemeinsam zu handeln, muss jedem einleuchten.

Als überzeugter Tiroler finde ich es aber bitter, wenn die Grenze, die langsam aus den Köpfen der Menschen verschwunden ist, wieder sichtbar wird.

Ich bin aber positiv gestimmt, dass es auf den gemeinsamen Hochpustertaler Arbeits- Lebens- und Wirtschaftsraum kaum Auswirkungen geben wird.

Ihre persönliche Meinung: Haben sich die Pusterer nach 95 Jahren schon weit auseinandergelebt? Und wie kann die Zusammenarbeit wieder verstärkt werden?

Das glaube ich nicht. Wir haben dieselbe Tradition und dieselbe Geschichte. Es gibt einen regen Austausch in gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen. Gemeinsame Züge und Busse, Radwege oder die mögliche Skischaukel verbinden die Menschen der Region auch für jeden sichtbar.

Auf politischer Ebene erwarten wir uns eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden. Regelmäßige Vernetzungstreffen wären hier ein wünschenswerter Ansatz.

Sehr geehrter Herr Mitteregger, wir bedanken uns für Ihre Antworten!


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