Florian Stumfall

24.08.2023

Ungleichgewicht

Politische Absichten und Entwicklungen sind, soweit sie nicht über allgemeine Verlautbarungen verbreitet werden, sehr leicht am Sprachgebrauch der Politiker und Medienleute zu erkennen. So ist das ursprünglich günstig belegte Wort „konservativ“, das später wenigstens noch als neutral gelten mochte, heute aus dem Gebrauch völlig verschwunden. Es wurde ersetzt durch „erzkonservativ“, was einen unbestritten abwertenden Charakter trägt. So soll das Konservative insgesamt verächtlich gemacht und als eine legitime weltanschauliche Haltung getilgt werden. So dringt die Botschaft bis ins Unterbewusstsein der Menschen, wogegen es keine Abwehr gibt.

Fahnenmeer der Linkspartei. Was geschähe, wenn heute eine Partei mit dem Namen „Die Rechte“ aufträte?

Was für den Begriff „konservativ“ gilt, das hat, um die psychologisch-propagandistische Daumenschraube ein wenig anzuziehen, noch erheblich mehr Wirkung bei der politischen Einordnung nach links oder rechts. Was „links“ angeht, so scheint dieser Begriff alles in sich zu vereinen, was als fortschrittlich, sinnvoll und ehrenwert anzusehen ist. Das geht so weit, dass sich eine Partei ungeachtet ihres Herkommens und der damit verbundenen politischen wie moralischen Belastung „Die Linke“ nennen darf. Es ist, als hätte es den donnernden Zusammenbruch des Sozialismus im Jahre 1989 als Beleg für seine Untauglichkeit und Unmenschlichkeit nie gegeben.

Öffentliche Beurteilung

Um das Ungleichgewicht in der öffentlichen Beurteilung darzulegen, sollte man sich überlegen, was geschähe, wenn heute eine Partei mit dem Namen „Die Rechte“ aufträte. So, wie „links“ als die alles Finstere überwältigende Morgenröte einer menschlichen Zukunft dargestellt wird, gilt „rechts“ als der Sammelpunkt der Verkommenheit und Bösartigkeit. Geht es um Russland, den Feminismus, das Gendern, das Klima oder den Islam, so ist nur noch eine Auffassung statthaft. Die klassische politische Skala mit einer bürgerlichen Mitte und abgestuften, aber stets im demokratischen Rahmen sich befindenden Variationen seitlich dieser Mitte gibt es nicht mehr. Was nicht links ist, ist rechtsextrem. Denn auch hier gilt, was eingangs dargestellt wurde: Die Kennzeichnung „rechts“ findet in Politik und Medien kaum mehr Verwendung. Es heißt fast nur noch „rechtsradikal“ oder „rechtsextrem“.
Wer sich für den Erhalt der klassischen Familie mit Vater, Mutter und Kindern ausspricht, wer dafür eintritt, dass straffällige Ausländer ohne Aufenthaltsberechtigung schnellstens ausgewiesen werden, wer das Bargeld behalten will, wer sich gegen eine übergriffige EU und ihre bürokratische Dominanz wendet, wer dem anhängt, was früher Patriotismus geheißen hat, wer an der unkontrollierten Zuwanderung Kritik übt oder wer sich im falschen Zusammenhang auf das im Grundgesetz verbriefte Recht der freien Meinung beruft, der verfällt dem Vorwurf, ein Rechtsextremist zu sein. Und dies gewinnt immer mehr auch an strafrechtlicher Relevanz.

Was nicht links ist, ist rechtsextrem

Das gibt Anlass zur Überlegung, wonach sich denn der politische Extremismus orientiert. Diese Suche freilich soll nicht geleitet sein von der oktroyierten politischen Korrektheit und den damit verbundenen Interessen der dazugehörigen und davon profitierenden Seite, sondern von der Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte und deren Auswertung. Diese aber zeigt, dass es bei allen extremistischen Bewegungen, sie mögen angesiedelt sein oder heißen, wie sie wollen, eine Menge an Übereinstimmungen gibt.
Alle extremen politischen Ordnungen sind gekennzeichnet durch eine absolute Staatsgläubigkeit und einem davon abgeleiteten Zentralismus. Die Entscheidungen fallen ganz oben, Diskussionen sind angesichts der Gleichschaltung der Meinungen nicht mehr vonnöten. Was im politischen Bereich gilt, wird auch auf die ökonomische Ordnung angewandt: es herrscht – als ein Kernstück des nationalen wie internationalen Sozialismus – eine Kommandowirtschaft, bei der es ebenso wenig Konkurrenz gibt wie in der Politik. Die grundlegende Doktrin ist der Kollektivismus. Alles Individuelle steht im Ruch des Abweichlertums, dafür ist kein Platz. Demokratische Zustimmung wird durch die Herrschaft der Angst ersetzt. Ein Programm von zeitloser Durchschlagskraft, verbrämt von Phrasen über Werte und Menschlichkeit.

Es begann mit der 68er-Revolte

Wer wissen will, wie es in Deutschland so weit hat kommen können, muss weit zurückgreifen. Es begann mit der 68er-Revolte. Sie wurde lange missverstanden als der Versuch, den bürgerlichen Staat umzustürzen. Tatsächlich aber ging es darum, ihn von innen heraus zu zersetzen. Dazu wurden die grundlegenden Prinzipien angegriffen. Leistung wurde durch Lust ersetzt, Verantwortung durch Anspruch, Pflicht durch Anmaßung. Das war die eine Strategie. Die zweite bestand im schon damals propagierten „Marsch durch die Institutionen“. Beide Ziele befinden sich heute in greifbarer Nähe. Um das Langzeitvorhaben gänzlich abzuschließen, wird viel Aufwand betrieben. Wesentlich begünstigt wurde es schon durch die Umwandlung der CDU durch die gewesene Vorsitzende, Kanzlerin Merkel. Heute verstärkt diese Partei die Linke auf vielen Feldern, und die bayerische CSU unter Söder folgt ihr nach. Auch hier wird ein mächtiger psychologischer Druck spürbar.
Der Chefredakteur der „Neuen Zürcher Zeitung“ („NZZ“), Eric Gujer, kennzeichnet das so: „Deutschland mutiert zur Erziehungsanstalt.“ Abweichende Internetportale wie „PI News“, auf denen sich ehrenhafte Persönlichkeiten wie die einstige DDRDissidentin Vera Lengsfeld oder der Herausgeber der Schweizer „Weltwoche“, Roger Köppel, zu Wort melden, verfallen dem Vorwurf, rechtsextremistisch zu sein. Dem schließt sich der zur politischen Neutralität verpflichtete Präsident des Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, an, der verkündet, dass es Aufgabe seines Amtes sei, die AfD zu verhindern.
Vera Lengsfeld erinnert an die Staatssicherheit der DDR, welche die Bürger gedrängt hat, einander zu denunzieren und zieht den Vergleich: „Heute ergeht die Aufforderung von Politik und Medien, aufeinander zu achten und antidemokratische Positionen und Haltungen zu melden.“ Alles wie gehabt. Nur, dass sich zu Rot das Grün gesellt hat.

Kolumne von Dr. Florian Stumfall
Erstveröffentlichung PAZ (redaktion@preussische-allgemeine.de)

 

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