Florian Stumfall

05.08.2020

Über Südafrika, die Unterdrückung von Weißen und zwielichtige Machenschaften

Vor gut einem Vierteljahrhundert fanden in Südafrika die ersten Wahlen auf nationaler Ebene statt, bei denen alle Bürger gleich welcher Volkszugehörigkeit wahlberechtigt waren. Damals übernahm der marxistische ANC die Macht und hat sie seitdem nicht wieder aus den Händen gegeben. Das war der entscheidende Schritt eines Landes, das stark von der europäischen Kultur geprägt war, hin zu einer Angleichung an seine afrikanische Umgebung.

APA (AFP)

Diese Wahlen wurden weltweit einhellig begrüßt, ohne dass man jedoch Acht gegeben hätte, was die Einzelheiten ihrer Durchführung angeht. Die vielen Unregelmäßigkeiten waren dabei gar nicht das entscheidende Problem, sondern der Umstand, dass das Ergebnis im Vorfeld aufs Genaueste ausgehandelt worden war. Der ANC, die Partei der Xhosa, bekam 62, 65 Prozent zugesprochen, ein großer Sieg, aber nicht die Zweidrittel-Mehrheit. Der burischen Nationalen Partei wurden 20, 39 Prozent gegeben, genug für den Posten des Vize-Präsidenten, die dem vormaligen Regierungschef de Klerk versprochen worden war. Die Zulu als das größte Volk des Landes mussten sich mit 10, 54 Prozent für ihre Inkhata Freedom Party bescheiden, die immerhin noch den Anspruch auf einen Kabinettsposten begründeten.

Wahlen die gar keine waren

So war alles fein austariert und geeignet, eine gewisse Stabilität zu erhalten. De Klerk selbst bestätigte im Jahr 2003 vor Journalisten in Nairobi, das Wahlergebnis sei das Produkt von Verhandlungen gewesen. Und der Oberste Richter Kriegler, Vorsitzender der Wahlleitung erklärte wörtlich: „Wir sind nie aufgefordert worden zu bestätigen, dass alles in Ordnung gewesen sei.“ Soweit also die Wahl anno 1994.

Zuvor bereits war dem noch inhaftierten Strafgefangenen Nelson Mandela – der übrigens von Amnesty International nie als politischer Gefangener geführt worden ist – wiederholt die Freilassung angeboten worden, wenn er sich bereit erkläre, für seine Person und für den ANC auf Gewalt zu verzichten. Einen solchen Verzicht aber leistete der nachmalige Friedensnobelpreisträger nie. Dafür ließ er sich auf einen anderen Handel ein. Mandela verabredete in langen Gesprächen mit dem Generalsekretär der NP, Roelf Meyer, folgendes Vorgehen: Nach der Machtübernahme würde der ANC nicht an die Investitionen der großen internationalen Konzerne wie Anglo American, Procter & Gamble oder BWM rühren, dafür wurden die Spitzenleute des ANC mit hochdotierten Posten und mit vielen Millionen US-Dollar in bar ausgestattet. Allein für Mandela stellte man damals einen eigenen Anlageberater ab. Der ANC ließ sich also die sozialistische Nacht der langen Messer abkaufen.

Gewalt gegen weiße Farmer

Dies allerdings galt nur für die Hochfinanz. Ausdrücklich ausgenommen waren mittelständische Unternehmen, vor allem in indischer Hand, und die weißen Farmer. Gerade für die hat dieser Kuhhandel bis zum heutigen Tag katastrophale Folgen. Seit 1994 vernichteten marodierende schwarze Banden, im Wesentlichen die früheren Kämpfer von Umkhonto we Ziswe, des von Mandela gegründeten „bewaffneten Arms“ des ANC, rund 3000 weiße Farmen, wobei die Besitzer meist ausgelöscht wurden, oft auf nicht darstellbar grausame Art und Weise. Das geschieht kaum beachtet im Hintergrund des Geschehens, während man auf offener politischer Bühne über die Enteignung der weißen Farmer verhandelt. Keiner der Mörder muss mit Strafverfolgung oder gar Ahndung seiner Verbrechen rechnen. Das hat zur Folge, dass viele weiße Farmer aus Transvaal, dem Norden des Landes, in das benachbarte Mozambique geflohen sind und sich dort angesiedelt haben, wobei sie von der dortigen Regierung unterstützt werden. Diese Regierung weiß, warum sie das tut: Durch die zugezogenen burischen Farmer ist Mozambique inzwischen zum Agrar-Exportland geworden. Die Erinnerung an die Enteignung und Vertreibung der weißen Farmer in Zimbabwe drängt sich auf, die zum Ruin des Landes wesentlich beigetragen hat.

Katastrophale Entwicklung

Auch Südafrika kann in seinem ANC-Jubiläumsjahr keine befriedigenden Zahlen vorweisen. Dazu ein Blick zurück: Im Jahr 1983 produzierte Südafrika 40 Prozent aller Waren und Dienstleistungen des gesamten Kontinents und hatte 20 Prozent Anteil an allen Exporten – unter den Bedingungen zunehmender Sanktionen durch den Westen, nebenbei bemerkt. Damals verbrauchte Südafrika 70 Prozent des Stroms und 66 Prozent des Stahls aller afrikanischen Volkswirtschaften. Es gab dort 41 Prozent aller Pkw und über die Hälfte der Telefone. Inzwischen ist Südafrika von einem einst unangefochtenen ersten Platz jedenfalls bereits hinter Nigeria zurückgefallen.

Heute weist Südafrika bedauerliche Zahlen auf: die Arbeitslosigkeit beträgt offizielle 27,7 Prozent, tatsächlich rund 40 Prozent; 40 Prozent auch die offizielle Zahl der Jugendarbeitslosigkeit; das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts nimmt ständig ab, von 3,5 Punkten im Jahr 2011 auf 0,8 Punkte im vergangenen Jahr. Dabei wären über einen längeren Zeitraum sieben Prozent nötig, nur um die Armut nicht ansteigen zu lassen; das Land befindet sich seit vergangenem Jahr in einer Rezession; die Einkommen der schwarzen Bevölkerung beträgt heute die Hälfte desjenigen vor 1994; chinesische Importe bedrängen das heimische Handwerk; der Bergbau, von jeher das Rückgrat der südafrikanischen Wirtschaft, hat seit 1994 volle 300 000 Arbeitsplätze verloren. Dabei kamen zu Zeiten der weißen Regierung in großem Umfang schwarze Wanderarbeiter aus den benachbarten Ländern nach Südafrika, um hier im Bergbau zu arbeiten.

Schlechter als unter der Apartheid

Es ist mehr als fraglich, ob der Großteil der schwarzen Bevölkerung mit dem Tausch schlechterer Lebensbedingungen gegen das, was der ANC unter Demokratie versteht, wirklich einverstanden ist. Doch Überlegungen dieser Art sind müßig, die Gewinner des Jahres 1994 und der folgenden Jahre stehen fest: es sind die Mitgliedes der führenden Xhosa-Clique des ANC, die sich in ihren Pfründen bequem eingerichtet haben. Ein gutes Beispiel ist der heutige Präsident Ramaphosa. Er war eigentlich als Nachfolger Mandelas als Präsident gehandelt worden, musste aber damals dem kranken Mbeki den Vortritt lassen. Dafür setzte man ihn auf den Sessel des CEO der Anglo -American Südafrika, einen der am besten bezahlten Posten, der zu vergeben war. Allerdings: die Konzernleitung schien mehr auf Ramaphosas politisches Talent als auf seine Qualität als Wirtschaftslenker geglaubt zu haben. Denn kaum war er CEO Südafrika, notierte das Unternehmen nicht mehr an der Börse Johannesburg, sondern in London. Ramaphosa war Frühstücksdirektor der Luxusklasse und konnte seine Rückkehr in die Politik abwarten.

Julius Malema, ein Abtrünniger des ANC, linksradikal auch für dessen Verhältnisse, der eine eigene Partei gegründet hat und als dritte Kraft ein gewisses Gewicht darstellt, meinte im Umfeld der Wahlen von 2019: „In Südafrika ist die Lage schlechter als unter der Apartheid, das einzige, was sich geändert hat, ist, dass eine weiße durch eine schwarze Regierung ersetzt wurde.“

Kolumne von Dr. Florian Stumfall
Erstveröffentlichung PAZ (redaktion@preussische-allgemeine.de)

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