Gastbeitrag von

Pius Leitner

07.05.2021

Rassismus und Diskriminierung

Zwei Begriffe – welche Deutung?

„In Zukunft werden diejenigen in einer Gesellschaft die eigentliche Macht ausüben, die fähig sind, ihre Sprachregelung in der Gesellschaft durchzusetzen. Dann ist die Wahl der Begriffe und der Sprache kein Nebenkriegsschauplatz, sondern dann wird der Kampf um die Sprache zur entscheidenden Schlacht.“

(Friedrich Nietzsche)

Symbolbild Pixabay

Rassismus ist eine zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstandene Ideologie, nach der Menschen aufgrund äußerlicher Merkmale, die eine bestimmte Abstammung vermuten lassen, als Rasse beurteilt werden. Die zur Abgrenzung herangezogenen Merkmale wie Hautfarbe, Sprache und kulturelle Merkmale werden als Faktoren menschlicher Eigenschaften gedeutet und nach Wertigkeit eingeteilt. Demnach betrachten Rassisten Menschen, die ihnen nicht ähnlich sind, als geringerwertig.
Im Laufe der Zeit wurde der Begriff Rasse mit dem Begriff Volk vermengt bzw. mit dem ethnischen Aspekt ergänzt. Inzwischen fallen unter den Sammelbegriff Rassismus Begriffe wie Vorurteile, Diskriminierung, Sklaverei, ethnische Säuberung, Völkermord usw. Dazu kommt, dass in der Sozialwissenschaft teilweise nicht mehr zwischen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit unterschieden wird.

Diskriminierung kann jeden treffen

Laut Duden ist Rassismus eine Theorie, nach der Menschen oder Bevölkerungsgruppen „mit bestimmten biologischen Merkmalen hinsichtlich ihrer kulturellen Leistungsfähigkeit anderen von Natur aus über- bzw. unterlegen sein sollen“. Rassismus sei eine besondere Form der Diskriminierung. An die Stelle biologischer seien mittlerweile kulturelle Unterscheidungen getreten. Rassisten fürchteten um die vermeintliche kulturelle Identität ihres Volkes und wollten diese vor fremden Einflüssen schützen.
Allgemeine Diskriminierung kann jeden treffen – jenseits von Religion und Hautfarbe. In Definitionen ist von ungerechtfertigter Ungleichbehandlung die Rede. Gründe dafür können soziale, familiäre oder auch körperliche Merkmale sein: persönliche Lebensumstände, sexuelle Orientierung, Sprache, Alter, Geschlecht, Übergewicht, geistige oder körperliche Behinderung.
Angesichts der Tatsache, dass die Begriffe Rassismus und Diskriminierung in der öffentlichen Debatte immer öfter ihrer ursprünglichen Bedeutung beraubt werden und zu einem Kampfbegriff geworden sind, um Andersdenkende auszugrenzen (ist das nicht auch Diskriminierung?), gehören sie auf den Prüfstand. Es kann nicht sein, dass sich die selbsternannten Tugendwächter der linken Reichshälfte die Deutungshoheit über Begriffe anmaßen, wovon die gesamte Gesellschaft betroffen ist. Es geht auf jeden Fall zunächst um Menschenrechte, wozu auch die Meinungsfreiheit gehört und es gehört zum Wesen der Demokratie, dass Meinungsvielfalt herrscht.

Zweierlei Maß?

Im Zeitalter von „Fake News“ und geballter Konzentration der Systemmedien ist es für die Menschen schwieriger geworden, zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden. Nicht jeder „Antirassist“ ist auch wirklich ein solcher und nicht jeder gebrandmarkte Rassist ist auch wirklich ein solcher.
Es stellt sich die Frage, ob totalitärer Antirassismus bald zur Staatsideologie erhoben wird und ob mit zweierlei Maß gemessen wird. Nachdem im vergangenen Jahr in den USA ein Polizist einen vorbestraften Bürger, der sich auf der Flucht befand, gewaltsam in den Tod beförderte, wurde dies als rassistische Tat gewertet und es entstand in Folge die Bewegung „Black Lives Matter“. So verurteilungswürdig diese Tat auch war, so unverständlich waren bestimmte Reaktionen. Oder sind Gewalttäter, die Polizisten ermorden und ganze Stadtteile niederbrennen, wirklich antirassistische Widerstandskämpfer? Man hätte sich erwarten können, dass sich die Verantwortlichen dieser Bewegung für die unter ihrem Namen verübten Straftaten entschuldigen bzw. sich davon distanzieren. Ebenso muss man sich erwarten können, dass die Strafgerichtsbehörden die Gewalt von allen Seiten gleich streng verfolgen und ahnden. Gegen strukturelle Gewalt und gegen strukturellen, gewaltbereiten Rassismus im ursprünglichen Sinn ist mit aller Härte der geltenden Gesetze vorzugehen. Symbolische Kniefälle können davon nicht ablenken.
Gibt es in Südtirol ein strukturelles Rassismusproblem? Nein, ein solches gibt es nicht, auch wenn es von bestimmten Kräften herbeigeredet oder herbeigeschrieben wird. Vorfälle von Rassismus gibt es, so wie es sie in fast allen Ländern dieser Erde gibt. Entsprechende Fälle sind zu ahnden, billige Pauschalverurteilungen und politisch motivierte Verdächtigungen sind jedoch nicht zulässig.

Wo liegt die Grenze und wer legt sie fest?

Was heutzutage den Menschen vielfach abgeht, sind klare Regeln sowie die Aufrechterhaltung gewachsener Strukturen und Traditionen. Der Rechtsstaat hat in mehrerlei Hinsicht abgedankt und beugt sich dem Druck neuer Strömungen, die sich mit einer militanten Gesinnungsethik allen anderen gegenüber überlegen fühlen. Viele dieser Moralisten tragen den Heiligenschein der Scheinheiligen, fühlen sich in ihrer Deutungshoheit-Blase jedoch geborgen. Wer die Auswüchse der Genderpolitik, die illegale Zuwanderung, Quoten usw. in Frage stellt, wird ausgegrenzt oder an den Pranger gestellt. Ist nicht gerade diese Geisteshaltung diskriminierend? Wer sich nicht fügt, ist selbstredend intolerant, illiberal, rassistisch, sexistisch oder ausländerfeindlich. Wer diese Entwicklung nicht teilt oder auch nur kritisch hinterfragt, ist leicht ein Hetzer oder Hasser. Wo aber ist die Grenze zwischen Sorge, Kritik und Hass? Wer legt diese Grenze fest? Doch wohl der Rechtsstaat, oder? Straftaten sind zu verfolgen; wenn jedoch Meinungen und Gesinnungen als Straftaten gewertet würden, dann stünde das Ende der Demokratie bevor.
Zurück zum obigen Zitat von Nietzsche: Die Sprachregelung in der Gesellschaft darf nicht Mächten und Ideologien überlassen werden, die mit neuen Begriffen auch neues Recht schaffen wollen. Es muss verhindert werden, dass unter dem Deckmantel des Antirassismus neue Formen der Diskriminierung eingeschleust werden. Damit der Kampf um die Sprache nicht zur „entscheidenden Schlacht“ wird, genügt es, dass der demokratische Rechtsstaat die Menschenrechte schützt!

Pius Leitner
Abgeordneter zum Südtiroler Landtag a. D.

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