Michael Demanega

27.03.2024

Europa der Vaterländer? Patriotische Kohärenz in Südtirol und Europa

Man beginnt den Zugang zum Politischen mit einer Sicht der Welt, mit einer kohärenten Wertehaltung, nicht mit allseits flexiblem Populismus, der sich in sich selbst verstrickt. Ein „Europa der Vaterländer“ kann, muss und soll aus patriotischer Sicht das Verbindende sein, auch in Südtirol.

Bild von NoName_13 auf Pixabay

Patriotische Parteien wie die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) und die Lega vertreten in Bezug auf Themen wie Einwanderung, nationale Souveränität, öffentliche Sicherheit und EU-Skepsis ähnliche Wertehaltungen, woraus selbstverständlich ein gemeinsames politisches Vorgehen resultiert.

Wenn heute davon die Rede ist, dass die großen Themen, die auf Europa zukommen, vielfach nur noch gemeinsam gelöst werden können, dann werden Allianzen auf europäischer Ebene notwendig.

Solchen Allianzen blickt man in Südtirol traditionell skeptisch entgegen, in folkloristischer Haltung wird jede Kooperation mit italienischen Parteien abgelehnt, wenngleich jeder weiß, dass der Rückzug auf die eigenen sieben Berge kaum der Weisheit letzter Schluss sein kann, weil Gesetze in der realen Wirklichkeit zu einem guten Teil staatlich und EU-gelagert sind. Viel zu groß ist die Gefahr, durch den Rückzug auf die eigenen Berge zwar vielleicht die Ruhe im Südtiroler Vorgarten zu bewahren, aber an den globalen Herausforderungen von außen zu scheitern und zwar im ganz großen Stil.

Sicherheit, Einwanderung, EU-Zentralismus, europäische Außenpolitik, europäische Infrastruktur von Mobilität bis Energie, müssen heute gemeinsam bewältigt werden. Weltpolitisch ist Europa ohnehin zu klein und zunehmend zu bedeutungslos, sodass es kaum zielführend ist, nicht im europäischen Maßstab zu handeln. Gemeinsame Aktion ist folglich wesentlich und unabdingbar.

In Südtirol blickte man aus „patriotischer“ Seite in einer Fixierung auf Symbolpolitik statt auf Substanz einer Regierungskoalition, an welcher unter anderem Freiheitliche und Lega mitwirkten, offen feindlich entgegen. Die Frage ist aber auch: Worin bestand und besteht die Alternative, wenn es darum geht, handfeste Probleme lösen zu wollen anstatt diese nur rhetorisch und oberflächlich anzusprechen?

Ein kleines Stück weit macht man es sich aber auch (zu) einfach: Fokus auf Minderheitenparteien linker Ausrichtung, dann doch wieder nicht links, diejenigen offen kritisieren, die in Südtirol eine Koalition mit rechtsgerichteten Parteien eingehen, dann aber doch mit Blick auf Österreich nicht konsequent bei dieser Haltung bleiben wollen. Abgesehen von kleinlichen Verstrickungen geht es darum, geradlinig zu agieren, weltanschaulich kohärent zu wirken und strategisch weitsichtig zu denken. Freilich bedingt dies zuallererst einmal, überhaupt eine Weltanschauung zu haben.

Subsidiarität bedeutet, dass Probleme auf der untersten Ebene prioritär behandelt werden. Alleine daraus ergeben sich aus Südtiroler Sicht zahlreiche Divergenzen mit allen anderen Parteien im staatlichen und europäischen Wettbewerb, für die es sich zu kämpfen lohnt. An diesem mitunter harten Diskurs führt kein Weg vorbei.

Das Zurückziehen auf die eigenen sieben Berge ist ebenso wie das Warten auf ein abstraktes „Europa der Regionen“ wenig aussichtsreich. Letzteres dauert zu lange, wohl Jahrhunderte, und ist weder außenpolitisch noch politisch zielführend, weil Lobbys und Konzerne dann leichtes Spiel hätten.

Die Südtirol-Frage gehört gelöst, doch auf der richtigen Ebene, indem ein Minimalkonsens aller interessierten politischen Kräfte im Land stattfindet, was derzeit aufgrund der eklatanten Zersplitterung und allfälliger Egoismen unmöglich erscheint, noch nicht einmal in einzelnen Bewegungen herrscht darüber Einigkeit.

Rein ästhetische Lösungen, die die schönste Zukunftslösung für Südtirol zum Inhalt haben, sind das eine, realitätsbezogene Lösungen wie die Eigenstaatlichkeit das andere. Allzu oft wollen diejenigen, die ästhetische Lösungen angeblich anpeilen, im Grunde gar keine, weil sie es sich viel zu gut im derzeitigen System eingerichtet haben. Deshalb ist das „Untergehen in Schönheit“ effektiv eine fragwürdige Option. Die Eigenstaatlichkeit ist realpolitisch immer der erste Schritt, auch in jeder nur denkbaren, weiterreichenden Lösung. Mit dieser Evidenz muss man rechnen und handeln.

Man beginnt den Zugang zum Politischen mit einer klaren Sicht der Welt, mit einer kohärenten Wertehaltung, nicht mit allseits flexiblem Populismus, der sich in sich selbst verstrickt.

Ein „Europa der Vaterländer“ kann, muss und soll aus patriotischer Sicht das Verbindende sein, auch in Südtirol.

Legt man sich im Großen fest, ist auch die Festlegung im Kleineren einfacher und durch Betonung des Gemeinsamen ist dann eine realitätsbezogene Politik für Südtirol möglich. Am wichtigsten ist weltanschauliche Kohärenz, die sich sowohl mit Blick auf die Welt als auch mit Blick auf Südtirol bestätigt. Alles andere ist ein kurviger Weg der Opportunismen.

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  1. Itstime
    30.03.2024

    Ja heute zutage Patriot zu sein ist fast schon kriminell. Das Europa gibt es nicht als “gemeinsam”. Zu verschieden die Interessen, zu diktatorisch die Machtausübung durch nicht gewählte fragwürdige Individuen die nur Marionetten im Großen ganzen sind und von Finanzimperien gesteuert werden. Besetzt von Amerikanern die sich aufspielen wie die Herren der Welt und nur geopolitische Interessen haben. Danke nein darauf kann ich verzichten. Ein Miteinander kann es nur geben wenn die Menschen der einzelnen Länder in Freiheit und Selbstbestimmung leben können ohne Angst, dass die eigene Kultur unterwandert und ausgelöscht wird.

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