Ein Blog von

Wolfgang Niederhofer

10.02.2021

Die Lockdowns bringen’s nicht

Nebel, kein Weg in Sicht, die Kräfte gehen zur Neige. Sie befinden sich in unwegsamem Gelände ohne jegliche Orientierung. Was machen Sie? – Innehalten, Nerven bewahren und durch vorsichtiges Zurückgehen wieder den Punkt erreichen, wo Sie zum letzten Male mit Sicherheit wussten, wo Sie sich befinden? – Oder die Geschwindigkeit erhöhen und volle Kraft voraus ins Ungewisse gehen, möglicherweise über den nächsten Felsen in den Abgrund?

 

Vogel im Käfig - Foto (c) G.J. Dekas

Letzteres ist das, was viele westliche Regierungen derzeit machen. Ein Vabanquespiel, das viele Bereiche der Wirtschaft ruiniert, vor allem den wirtschaftlich selbständigen Mittelstand nachhaltig schwächt, das kulturelle Leben weitgehend lahmlegt, Kinder und Jugendliche um einen nicht unwesentlichen Teil ihres verfassungsrechtlich verbrieften Anspruchs auf Bildung und körperliche Ertüchtigung bringt und einen Großteil, der in den letzten 250 Jahren hart errungenen Bürgerrechte außer Kraft setzt.

Kollateralschäden unter den Teppich gekehrt 

Die Folgen für die Gesellschaft sind völlig offen – selbst die gesundheitliche Bilanz kann nicht ohne Weiteres gezogen werden. Verminderte Lebenserwartung durch Arbeitslosigkeit und Armut, Depression und Suizide und die gesundheitlichen Folgen fehlender Vorsorgeuntersuchungen und Nachfolgebehandlungen lebensbedrohlicher Erkrankungen scheinen in den Statistiken, wenn überhaupt, weniger prominent auf, als jeder dem Coronavirus zugerechnete Verstorbene.

Lieber Angst verbreiten statt mehr Wissen zulassen?

Unser Wissen, zumindest das veröffentlichte Wissen, ist nach wie vor in zentralen Punkten fragmentarisch – obwohl seit 11 Monaten über kaum etwas anderes berichtet wird als über Covid-19. Die sogenannten „Qualitätsmedien“ begleiten das Geschehen intensiv und setzen in rohen Mengen die Währung ein, die übrigens auch die Grundlage aller totalitären Strukturen ist: Angst. Alles wurde und wird als alternativlos verkauft und eine offene Debatte über den richtigen Weg – eine der wesentlichen Stärken des Westens – hat nie stattgefunden. Kritische, auch anerkannte wissenschaftliche Stimmen werden totgeschwiegen oder als Coronaleugner verunglimpft. Einige wenige Hofvirologen bestimmen maßgeblich die politischen Entscheidungen.

Erwiesen: Die Lockdown’s bringen es nicht

Die meisten westeuropäischen Regierungen, einschließlich der Südtiroler Landesregierung, scheinen von den immer neuen Lockdown’s überzeugt zu sein. Anders sehen es zwei wissenschaftliche Studien von Mitte Jänner 2021. An einer davon wirkte der Stanford-Professor John Ioannidis, einer der meist zitiertesten Wissenschaftler der Welt, mit. Zusammen mit dem Infektiologen Dr. Eran Bendavid hat Ioannidis im britischen Fachmagazin „European Journal of Clinical Investigation“ eine Studie vorgelegt, die die Wirksamkeit harter Lockdown’s verneint.

Untersucht wurden im Zeitraum von Ende Februar 2020 bis Anfang April 2020 acht Länder mit mehr oder weniger harten Lockdowns – Italien, Deutschland, England, Frankreich, Iran, Niederlande, Spanien und USA – sowie Schweden und Südkorea, die keine restriktiven Maßnahmen ergriffen.

Obwohl kleine Vorteile nicht ausgeschlossen sind, sehen die Wissenschaftler in den acht „Lockdown-Ländern“ keine signifikanten Vorteile gegenüber den Ländern Schweden und Südkorea. In einigen Ländern, wie etwa Italien, Spanien und Deutschland sind die Zahlen nach der Verhängung des Lockdowns sogar angestiegen.

Die beiden Wissenschaftler zeigen durchaus Verständnis, dass in der ersten Phase der Epidemie von Anfang März bis Anfang April, aufgrund fehlender Daten, teils harte Maßnahmen getroffen wurden. Doch die Datenlage ist nun, nach 11 Monaten eine andere.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen die Professoren Dr. Göran Kauermann und Dr. Helmut Küchenhof von der Ludwig-Maximilians-Universität in München, die das spätherbstliche Geschehen in Deutschland analysieren.

Warum, so fragt sich der gebeutelte Bürger, fällt der Politik trotz der weitgehenden Wirkungslosigkeit von harten Lockdown-Maßnahmen nichts anderes ein, als nun schon zum dritten Male dieselbe Medizin zu verabreichen?

Schweden hält Kurs – gegen alle Anfeindungen

In Schweden, dessen Zahlen, entgegen medialem „Schweden-Bashing“ besser sind, als in Südtirol und in vielen anderen Ländern, wie etwa Italien, Großbritannien, Spanien, Belgien, Portugal, Tschechien und USA, gibt es nicht einmal eine Maskenpflicht, lediglich eine Empfehlung. Es wurde vor allem mit wenigen Maßnahmen gearbeitet, wie etwa der Einschränkung von Veranstaltungen ab 50 Personen und dem Schutz der Risikogruppen. Letzteres ist in der Anfangsphase auch nicht gelungen, was der schwedische Staatsepidemiologe Anders Tegnell im Juni 2020 selbstkritisch einräumte. Dies wurde von der europäischen Journaille schon als Scheitern des schwedischen Weges hochgejazzt.

Auf dem Kontinent spielt man Vogel Strauß

Wenn Journalisten noch ihren Job erfüllen würden, wäre unschwer zu erkennen gewesen, dass hier eine Person in hoher Verantwortung durchaus imstande ist, einen eingeschlagenen Weg selbstkritisch zu reflektieren und Verbesserungspotential einzuräumen. Bei der heutigen „classe politique“ sucht man diese Eigenschaften ja allzu häufig vergeblich.

Das Argument, Schweden sei viel dünner besiedelt, als die europäischen Kernländer, entpuppt sich ebenfalls als Totschlagargument. Die Ballungsräume Stockholm, Göteborg und Malmö sind ähnlich dicht besiedelt wie die meisten mitteleuropäischen Metropolregionen. Mittlerweile verfügen 40% der getesteten Schweden über Antikörper. Und das allerwichtigste Argument für den schwedischen Weg: Die Epidemie wird ohne Aussetzung der Grundrechte bekämpft.

Bürger werden wie unmündige Kinder behandelt

Demgegenüber werden in vielen westlichen Ländern freie Bürger zusehends zu entmündigten Betreuungsfällen degradiert. Wenn Bürgern ihre Grundrechte tröpfchenweise als „Lockerungen“, wie einem störrischen Kind eine Tafel Schokolade als Belohnung, zurückgegeben werden, dann stellt sich nicht nur die verfassungsrechtliche Zulässigkeit, es wird die wichtigste Grundlage unseres freiheitlich-westlichen Rechtsstaates zersetzt. Das Vertrauen der Bürger in die demokratischen Institutionen.

Der Mittelstand wird nachhaltig geschwächt

Zudem sind die wirtschaftlichen Verwerfungen der Coronamaßnahmen sehr ungleich verteilt und treffen vor allem den selbständigen, wirtschaftlich unabhängigen Mittelstand. Dieser ist regional verwurzelt und erwirtschaftet mit seinen Steuern und den dort geschaffenen Arbeitsplätzen erst die Grundlagen unserer sozialen Markwirtschaft. Nun werden Teile dieses Mittelstandes nachhaltig geschwächt, da ihm das Arbeiten untersagt wird. Warum lässt man die Gesunden nicht arbeiten – was übrigens ein in der Verfassung verbrieftes Grundrecht ist – und konzentriert sich, wie bei jeder Krankheit auf den Schutz der Risikogruppen, die Kranken und, falls notwendig, mittelfristig auf eine Aufstockung der personellen und materiellen Kapazitäten in den Krankenhäusern?

Auf uns wartet ein Teufelskreis

Die Krisengewinnler, einige Großkonzerne und Internetgiganten, wie Amazon, Google und Co bezahlen ihre Steuern nicht vor Ort. Diese fehlen morgen auch für Investitionen ins Gesundheitswesen. Durch eine grob fahrlässige Lockdown-Politik verdichtet sich in Europa zukünftig ohnehin ein Teufelskreis, der sich aus den Parametern eines alternden Kontinents, schwindender Wirtschafts- und Innovationskraft und einer Jugend, die um ihre Bildungs- und Entwicklungschancen gebracht wird, ergibt.

Jetzt
,
oder
oder mit versenden.

Möchtest du die neuesten Meldungen auch auf Facebook erhalten?

Hier
klicken

  1. Perkeo
    12.02.2021

    Toller Artikel, der es auf den Punkt bringt und auch sprachlich eine Wohltat ist!

  2. katla
    11.02.2021

    @Benni
    Die Aussage des Artikels bezüglich Schweden ist folgende:
    1) In Schweden gab es keinen Lockdown, auch wenn die Maßnahmen letzthin verschärft wurden.
    2) Der Bürger wird in Schweden wesentlich weniger wie ein Betreuungsfall behandelt. Und es macht einen sehr großen Unterschied aus, ob etwas aus Eigenverantwortung passiert, oder ob etwas rigoros verordnet wird.
    3) In Schweden wurde bis Anfang Jänner nicht über Notstandsgesetze regiert, wie etwa in Italien oder Deutschland. Seit Mitte Jänner hat Schweden ein neues Pandemiegesetz, das in der Tat die Möglichkeit zu restriktiveren Maßnahmen gibt. Allerdings schließt dieses Gesetz Maßnahmen, wie etwa nächtliche Ausgangssperren oder Einschränkungen für Private ihr Haus zu verlassen aus. Dies ist in den meisten anderen westeuropäischen Ländern nicht nicht so, wo dies ja auch vielfach rigoros durchgezogen wurde.
    4) Anders Tegnell, der Chefepidemiologe, hat einen völlig anderen Kommunikations- und Diskussionsstil, als etwa ein Drosten. Auf die erst kürzlich gestellte Frage, ob man nicht Reisen (innerhalb Schweden) stärker einschränken sollte antwortete er, er ist nicht überzeugt, ob es sinnvoller ist alle Leute zum Verbleib in Stockholm zu zwingen, wo sie sich dann im Kaufhaus treffen, als ihnen das Skifahren in freier Natur zu ermöglichen. Zur Info: Die Skigebiete sind in Schweden mehr oder weniger offen.
    Kurzum: es gibt signifikante Unterschiede, auch, wenn in den letzten Wochen einiges eingeschränkt wurde. Man muss wissen, auch in Schweden gibt es Befürworter einer härteren Linie und als kleines Land ist es eine beachtliche Leistung bis jetzt eine eigene Linie zu fahren.
    Davon können die Südtiroler ja ein Lied singen: Die Schadenfreude in einigen deutschen Zeitungen war ja riesengroß, dass nun der “eigene Südtiroler Weg” abgeblasen wurde. Aber Südtirol ist im Vergleich zu Schweden ja leider kein souveränes Land und lässt sich zudem von Coronahardlinern südlich von Salurn und nördlich vom Brenner bzw. Kufstein wesentlich mehr beeinflussen, als Schweden.

  3. Benni
    11.02.2021

    Sorry wie wäre es wenn ihr einen alten Artikel kopiert, den wenigstens auf den neuesten Stand zu bringen.
    In Schweden ist mittlerweile um 20.30 Sperrstunde, es dürfen nicht mehr als 8 Menschen auf einer Veranstaltung sein. In Konsequenz hat alles zu, Theater, Kino, Sport.
    Schüler ab 11 Jahren sind seit dem 19. Dezember zu Hause.
    Aber am einfachsten ist es das Google Bewegungsmuster zu suchen. Die Schweden schränken sich gleich ein wie die Italiener.
    Wenn sie dafür weniger Verbote brauchen, spricht das für die Bevölkerung. Mehr auch nicht.

Neueste Meldungen

Welschtirol

EuregioFamilyPass

0 Kommentare · 26.04.2024
Welschtirol

Zicoria FestiVal di Sole

0 Kommentare · 26.04.2024
Welschtirol

Paesaggi e masi di montagna

0 Kommentare · 26.04.2024
Es gibt neue Nachrichten auf der Startseite