Ein Blog von

Georg Dekas

25.06.2019

Den Ebner reiten

Die Kür von Altparlamentarier Michl Ebner (SVP) zum Vertreter des Staates in den Autonomiegremien (die sogenannte Sechser- und Zwölfer-Kommission) sorgt für böse Zwischenrufe, die aber letzlich nur ein Zerrbild bemühen und von der politischen Bedeutung dieses Schachzugs ablenken.

Foto: Handelskammer

Hammerharte Worte von Frau Kandidat Holzeisen, ironisch verpackte Bosheiten von Christoph Franceschini im Onlinemagazin Salto. Die beiden eher einsamen Rufer bedienen wieder einmal das Feindbild des gierigen, wenn nicht mafiösen Medienmonopolisten, der es wie kein zweiter verstehe, private Gewinne aus öffentlichen Geldern und Ämtern zu ziehen. Als wäre der Michl ein böser Bruce Allmächtig der Provinz. Was die beiden in ihrer intellektuellen Anmaßung offensichtlich nicht wahrhaben wollen, ist, wie sehr sie mit diesem Zerrbild bei jüngeren oder weniger informierten Lesern eine regelrechte Gehirnvergiftung anrichten. Denn man kann die Sache auch ganz anders sehen. Sehr viele Leute, die auch nicht blöd sind, sehen die Sache tatsächlich anders.

Wenn in diesem Fall der Bestellung Ebners eine Aufregung angesagt wäre, dann ginge es gar nicht um die Personalie, sondern um eine politische Frage. Was bedeutet es, wenn ein hochrangiger und verdienstvoller Südtiroler Volksparteiler die autonomiepolitisch als gegnerisch anzusehende Staatsgewalt in Kommissionen vertritt, die im Kleingedruckten das Ausmaß der bescheidenen und noch dazu ziemlich löchrigen Selbstverwaltung in der „Provincia Autonoma di Bolzano“ festlegen? Sind die Südtiroler Autonomisten der SVP denn schon so weit assimiliert, dass sie den Part des Staates übernehmen? (Dass der Staat zu schwach sei, um für seine Interessen eigene Leute aufzustellen, davon ist nicht auszugehen.)

Die Erklärung kann nur sein, dass der Staat die SVP längst nicht mehr als gegnerische Kraft wahrnimmt. Eine Kraft, die im diplomatischen Stile des Kanonikus Gamper, des Silvius Magnago oder des Alfons Benedikter der zentralen Staatsgewalt seit 1945 alles Erdenkliche abgetrotzt hat, zuerst, um den „Todesmarsch“ abzuwenden und die Tirolische Identität des Landes zu wahren, dann um mit einem kleinen Paket in der Hand die bescheidene politische Eigenständigkeit der österreichischen Minderheit in der Republik Italien zu festigen und zu mehren. Diese politische Kraft, die ein Dreivierteljahrhundert die vitalen Interessen unseres abgetrennten Landes so zäh und hervorragend verteidigt hat, ist offensichtlich zu einem Garanten der Aufrechterhaltung des politischen Status Quo und des Verbleibs bei Italien geworden (“Wir sind Olympia”).

Diese Art von Aufregung kommt dem Chef des bilinguischen Onlineportals Salto gar nicht in den Sinn – ist Franceschini doch ein Verfechter dieses Status Quo und ein ganz cooler Staatsfreund dazu. Nein, er reitet seinen Ebner. Bedient seine Klientel mit alten Schablonen, die wie unanfechtbare Tatsachen daherkommen, und prägt so die Auffassung jüngerer und neugieriger Leute, die wissen wollen, was es mit den Medien und der Macht des Verlagshauses Athesia in den Händen der Familie Ebner auf sich hat.

Schließlich geht es da nicht nur um Besitzverhältnisse, sondern auch um die bürgerliche Freiheit, seine Gesinnung und Meinung offen vertreten zu können. Ist diese Freiheit durch Ebner in Gefahr? Bedeutet die wirtschaftliche Tüchtigkeit eines Michl Ebner gar, dass man ihn übermorgen um Erlaubnis bitten muss, auf den Abort zu gehen? Ist Michl Ebner ein Bösewicht im Nadelstreif? Oder die diplomatische Ausgabe der Todsünde Gier?

Nein, mitnichten. Der Michl verkörpert im täglichen Leben alles, was man unter den guten alten  „bürgerlichen” Tugenden versteht. Unendlich fleißig, genau, pflichtbewusst, mit ausgewogenem Urteil, bedacht mit Familiensinn, Frömmigkeit und Heimatliebe, hat es der 1953 geborene Sohn der Martha Fließ (Nichte von Kanonikus Gamper) und des Journalisten Toni Ebner aus Aldein geschafft, nicht nur eine höchst ehrenhafte und einträgliche Amtslaufbahn hinzulegen, sondern auch, das ihm anvertraute Geschäft klug und umsichtig weiterzuführen. Wer sein Geld in freier unternehmerischer Arbeit verdienen muss, weiß, dass das allein schon den ganzen Mann fordert.

Als Geschäftsmann, als Politiker und als Verbandschef hat es Michl Ebner in seiner unaufgeregten und beharrlichen Art geschafft, tuchbildende Fäden zwischen Süd- und Nordtirol, zwischen Wien, Rom und München zu ziehen und zu stärken. Von der Personalie her ist Michl Ebner die beste Wahl für die beiden Autonomie-Kommissionen.

Was die Meinungsfreiheit betrifft: Ja, der Verlag Athesia ist über die „Dolomiten“, dem „Tagblatt der Südtiroler“, immer noch sehr einflussreich in den Tälern an der oberen Etsch. Dieses Blatt wird wesentlich vom Staat mitfinanziert (wie auch die gegnerische „Neue Südtiroler Tageszeitung“). Ein Tribut wird dafür wohl zu entrichten sein.

Doch andererseits: Wie stünde es um das Südtirol-Bewusstsein, wenn alle so unterschiedlichen Teile und Talschaften unseres Landes nicht tagtäglich von dieser starken,  einigenden Klammer fest aneinander gehalten würden? Dieser Wert steht ungleich höher als die verletzte Eitelkeit von einzelnen Politikern und Individualisten – die im Übrigen genug andere lokale Zeitungen und Medien haben, um sich ebnerfrei verwirklichen zu können. Und außerdem: In Zeiten des Internet (und Facebook) immer noch den alten Monopol-Teufel an die Wand malen heißt, den Esel beim Schwanz vorwärts ziehen.

Wer dem Geschäftsmann, Verleger und unternehmerischen Tausendsassa Ebner ununterbrochen ankreidet, er verfolge mit all seinen öffentlichen Amtlen „nur“ die Vermehrung des eigenen Reichtums, der muss schon ein ganz besonderer Franziskaner sein. Es sind unter den ideologischen Kritikern von Michl Ebner keine Leute bekannt, die ihre Arbeit für Gottes Lohn verrichten. Unterbezahlt vielleicht, aber nie selbstlos. Da prangert jemand die Todsünde „Gier“ an und verfällt selbst in die Todsünde „Neid“.

Außerdem hat sich im fortschrittlicheren Teil Europas schon seit über 300 Jahren die Erkenntnis durchgesetzt, dass privates Gewinnstreben nicht der Feind, sondern ein nützlicher Freund des Gemeinwohls ist, sofern es von wenigen Regeln einer (halbwegs) freien Marktordnung begleitet ist. Frömmler, Kommunisten und Nazis sehen das natürlich anders.

Man kann den Michl Ebner mögen oder auch nicht, man kann seinen politischen Standpunkten widersprechen oder sein ungeliebter geschäftlicher Widersacher sein. Man kann eine Figur, die sich so geschickt und zielstrebig zwischen Freund und Feind bewegt, sogar grundsätzlich hinterfragen, etwa, indem man sich vorstellt, wie sie sich im Dritten Reich verhalten hätte. Wäre sie zu einem Märtyrer wie Joseph Mayr-Nusser geworden oder ein dienlicher Freund der damaligen Machthaber in Bozen? Ein offenes Gedankenspiel, das jeder für sich selbst machen sollte, bevor er die Keule der Entrüstung über andere hervorholt.

Zum Glück leben wir in besseren Zeiten. Unterm Strich ist der Michl Ebner ein braver Michl. Er bleibe ganz Tirol als umtriebiger, aber redlicher Deutscher Michl erhalten – selbst in 1000 Kommissionen, Verbänden, Aufsichtsräten, Parteigremien, Bankstiftungen und was der Teufel sonst noch alles erfunden hat, um uns Kinder Gottes vom wahren Leben zu entfernen.

 

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