Am Donnerstagabend wird in Berlin abermals der Echo verliehen. Die Südtiroler Deutschrocker von Frei.Wild sind dieses Mal nicht dabei. Dennoch sorgt die Verleihung auch in diesem Jahr für heftige Kontroversen im Vorfeld. So hat der im Jahr 2014 einberufene Echo-Ethikrat einer Teilnahme der beiden Rapper Kollegah und Farid Bang zugestimmt – trotz antisemitischer und frauenfeindlicher Texte.
Die beiden Rapper Kollegah und Farid Bang werden - trotz Proteste - beim Echo 2018 dabeisein - Foto: Facebook
Kollegah und Farid Bang haben in ihrem Lied „0815“ mit den Textzeilen „Diese Syrer vergewaltigen dein Mädel, Bitch“ oder „Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“ für schockierte Reaktionen gesorgt. Mehrere jüdische Verbände sowie das Auswitz-Komitee kritisierten den offen zur Schau gestellten Antisemitismus des Rapper-Duos heftig.
Für den Echo-Ethikrat war dies jedoch kein Grund, die Musiker von der Verleihung auszuladen. Dieser Umstand stimmt vor allem die Band Frei.Wild nachdenklich. In einer Stellungnahme, die an zahlreiche Medien versendet wurde, kritisieren die Südtiroler die vermeintliche Doppelmoral des Echos in dieser Angelegenheit:
Wir haben uns von Anfang an und ohne Wenn und Aber gegen Extremismus, Gewalt und antidemokratische Haltungen positioniert. Unsere Lieder thematisieren neben vielen, vielen anderen Themen aus dem Leben auch unsere Südtiroler Heimat, unsere Identität, Kultur, Tradition und unseren Glauben. Ihr Ansatz ist ein durchwegs positiver, niemals ausgrenzender, wie wir meinen. Dennoch herrscht von vielen Seiten der Deutschen Musik-, Medien-, Kritiker- und Künstlerszene uns gegenüber eine aktivere, aggressivere, offener zur Schau gestellten Antihaltung als gegen propagierten Antisemitismus und Israel-Hass, Christenfeindlichkeit und Gewaltverherrlichung, Frauendiskriminierung und Homophobie, Drogenkonsum und Todeskult im Musik-Mainstream. Dieser bleibt hier weitgehend unkommentiert. Das genau verstehen wir einfach nicht. Wieso diese Doppelmoral? Wieso dieses „lassen wir mal lieber unkommentiert“?
Die Freiheit der Kunst und deren angebliche Unantastbarkeit unterliegt ganz offensichtlich doch willkürlichen ideologischen Kriterien. Während die Auslegungen bei Bedarf bis zur Selbstverleugnung gedehnt werden, sind die Grenzen in anderen Fällen messerscharf gezogen. Vielleicht dient diese derzeitige Kontroverse auch als Chance, über die für uns nicht ganz „gleichgewichtige“ Art des Messens in unterschiedlichen Musikrichtungen und deren Aussagen zu sprechen. Wir würden es uns jedenfalls sehr wünschen.
Frei.Wild gestrichen - Rapper live im Fernsehen
In der Tat wurden Frei.Wild im Jahr 2013 ohne nennenswerte Gründe von der Nominiertenliste des Echo gestrichen. Ein Jahr später wurde aufgrund dieses Vorfalls der sogenannte Ethikrat gegründet, der sich seither die Texte von Musikern, die nominiert werden, genau ansehen soll.
Bei Kollegah und Farid Bang aber scheint das Gremium keinen relevanten Anhaltspunkt gefunden zu haben. Im Gegenteil: die Musiker sollen am heutigen Abend neben der Nominierung sogar live im Fernsehen auftreten. Inwieweit sie diese Möglichkeit nutzen werden, sich für ihre umstrittenen Textzeilen zu entschuldigen, wird sich zeigen.