„Mia san mia“ – vom bayrischen Gefühl in einem Südtiroler Fanclub

Die „roatn Traminer“ zählen aktuell 240 Mitglieder und sind damit einer der größten Fanclubs des FC-Bayern München in Südtirol.
UT24 besuchte die Hochburg der Fußball-Emotionalität und hat mit Stefan Zelger, einem Durch Durch-Fan des FC-Bayern gesprochen.

Die Identfikation mit der Unwägbarkeit

Aber was ist eigentlich ein Fußballfan und was unterscheidet ihn etwa vom Liebhaber eines bestimmten Theaterstückes oder einer Rockgruppe?

Im Kern, so bringen es Fachleute der Soziologie und Psychologie auf den Punkt, gibt es keinen Unterschied; ein Fan ist jemand, der sich mit einer bestimmten Sache identifiziert.

In ihrer Ausprägung sind sie doch sehr unterschiedlich, denn Fußball ist weit mehr, als Unterhaltung.

Mitglieder der "roatn Traminer" vor der Allianz Arena in München (Foto: Stefan Zelger)

Ein Fußballspiel ist keine Unterhaltung

„Wer sich ein Fußballspiel der reinen Unterhaltung wegen ansieht, der ist mit jedem Ergebnis zufrieden und lässt das eigentliche, das ursprüngliche Element, nämlich jenes des Wettkampfs außeracht”, meint Professor Harald Lange, Leiter des Instituts für Fankultur an der Uni Würzburg

Ein Fußballfan will während eines Spieles nur eines: nämlich, dass seine Mannschaft als Sieger vom Platz geht. Bei einem Fußballspiel ist der ganze Bogen der Emotionalität vertreten: es ist immer ein Glauben und Hoffen mit im Spiel – eine spannende Unwägbarkeit eben, welche Dramen und Tragödien nie von vorneherein ausschließt.

Hochentwickelte "Mia san mia"-Fankultur

Fankultur ist ein Massenphänomen und spielt auch in Südtirol eine große Rolle. Allein der FC-Bayern München hat in Südtirol zurzeit 35 eingetragene Bayern-Fanclubs mit ca. 6.000 Mitgliedern (http://www.fcb-suedtirol.com/).

Österreich zählt 157 offizielle Bayern-Fanclubs.

Insgesamt kann der FC Bayern auf 4.353 Fanclubs mit 343.689 Fanclub-Mitgliedern (Stand: 1. Februar 2018) in aller Welt zählen.

Stefan Zelger: „Die Bayern sind zu stark für die Liga"

Der Traminer Stefan Zelger ist einer davon: Das Phänomen Fußball im Allgemeinen und das des FC-Bayern, die „Mia san mia“-Mentalität im Besonderen, hat ihn schon als zehnjährigen Jungen lückenlos umgarnt.

Seit Gründung der „roatn Traminer“, dem Fanclub des FC-Bayern in Tramin im Jahre 2010, ist Zelger dessen Vizepräsident und Schriftführer.

Stefan Zelger: „Die großen Spiele kommen ja erst noch"

UT24: Herr Zelger, welches Gefühl hat ein echter Bayern-Fan, wie Sie es einer sind, wenn seine Mannschaft verliert?

Nun, das passiert ja zum Glück sehr selten. Es kommt natürlich auch auf das Spiel an. Wenn Bayern in der Bundesliga, bei 20 Punkten Vorsprung, mal verliert, ist das halb so wild.
Bei wichtigen Spielen in der Champions League oder bei KO-Spielen im DFB-Pokal sind Niederlagen schon oft bitter für einen richtigen Fan.

Wenn man so wie Bayern im letzten Jahr im Champions-League-Viertelfinale erst in der Verlängerung gegen Real Madrid scheitert, noch dazu durch krasse Fehlentscheidungen des Schiedsrichters, ist man natürlich sehr enttäuscht. Auch an den folgenden Tagen. Die schlimmste Niederlage war aber im Champions-League-Finale 2012 gegen Chelsea im eigenen Stadion in München, wo ich mit Freunden live dabei war. Aber Niederlagen gehören zum Sport und machen die Triumphe, wie ein Jahr später beim Sieg im Finale in Wembley gegen Dortmund, nur noch schöner!

Warum sind Sie gerade ein Fan des FC-Bayern?

In Tramin hat Fußball eine lange und stolze Tradition, und auch ich habe in der Jugend Fußball gespielt.

1995 haben wir dann mit dem SV Tramin einen Ausflug nach München zu einem Bayern-Spiel gemacht, gegen den 1. FC Kaiserslautern. Für einen damals zehnjährigen war das ein beeindruckendes Erlebnis: das Olympiastadion mit 63.000 Zuschauern, die Atmosphäre, das Drumherum.

Ein Jahr später, 1996, wurde Bayern UEFA-Cup-Sieger und Deutschland mit vielen Bayern-Spielern Europameister. Da bin ich dann endgültig hängen geblieben und nun seit fast 20 Jahren stolzes Mitglied von Bayern München.

Was, wenn Bayern am Sonntag wieder Meister wird?

Dann werden wir im Fan-Lokal natürlich anstoßen und am Ende der Saison wieder eine kleine Meisterfeier organisieren.
So wie es unser ehemaliger Trainer Lois van Gaal sinngemäß sagte: „Jeden Titel muss man feiern!“

Ist der weitere Verlauf der Bundesliga nach dem Gewinn des Meistertitels gleich aufregend?

Absolut, denn die Spannung in der Bundesliga findet ja leider nicht ganz oben statt, sondern im Kampf um die Europapokal-Plätze und im Kampf gegen den Abstieg. Dort ist alles sehr eng und noch vieles möglich.

Die Meisterschaft wird zwar formal wahrscheinlich in den nächsten zwei drei Wochen entschieden, de facto steht Bayern aber seit Monaten als Meister fest.

Die Bayern sind zu stark für die Liga und die „Konkurrenz“ viel zu schwach, was man auch an den enttäuschenden Auftritten der anderen deutschen Mannschaft in Champions- und Euro-League gesehen hat.

Wenn man sich aber international die letzten Jahre umsieht, Frankreich mit PSG, Italien mit Juve, Spanien mit Real und Barca, dann ist das leider ein Trend, der in ganz Europa, ausgenommen England, zu beobachten ist. Die reichen Clubs werden immer reicher, die Kluft wird immer größer, was sich natürlich auch auf die Tabellen niederschlägt.

Die Fans der "roatn Traminer" in ihrem Fan-Lokal: "gscheid redn und fachsimpeln"

Kommen nach dem Gewinn eines Meistertitels gleichviel zu den TV-Übertragungen in das Fan-Lokal?

Ja. Denn es geht ja auch um Freundschaft, miteinander fachsimpeln, „gscheit redn“. Zudem stehen noch spannende und wichtige Duelle in Champions-League und Pokal an. Die großen Spiele kommen ja erst noch.

Und am Ende ist es doch immer schöner mit Freunden ein Fußballspiel zu erleben, als daheim auf der Couch!

Herr Zelger, wir danken Ihnen für dieses Gespräch