von red 30.01.2018 16:36 Uhr

Ein großer Sozialdemokrat und Patriot ist tot

Gestern ist in Telfs in Nordtirol im Alter von 81 Jahren der ehemalige Landessekretär und Sozialdemokratische Abgeordnete Alfons Kaufmann gestorben. Daran erinnert Günther Rauch, langjähriger Gewerkschaftsvorsitzender des AGB/CGIL.

Alfons Kaufmann ist tot

Günther Rauch, langjähriger Generalsekretär der Gewerkschaft in Südtirol, erinnert an einen Mann, dem Südtirol viel zu verdanken hat.

Der Ehrenbürger seiner Wahlheimat Telfs ist am 1. Jänner 1937 in Stilfs im Vinschgau geboren. Sein Vater war Sozialdemokrat und ein entschiedener Gegner Mussolinis und Hitlers. Durch die Option war die Familie 1940 nach Telfs in Nordtirol übersiedelt. Dort besuchte Alfons Kaufmann die Pflichtschule und erlernte 1951 den Schlosserberuf. Zugleich besuchte er die Sozialakademie. Seine Tätigkeit im Arbeitermilieu, so Rauch, hat ihn für gesellschaftliche und politische Fragen und für die Nötige der „kleinen Leute sensibilisiert. 1954 trat Alfons Kaufmann in die Gewerkschaftsjugend ein und ein Jahr danach wurde zum Landesobmann und zum Kammerat der Tiroler Arbeiterkammer gewählt. 1975 wurde er für die SPÖ in den Tiroler Landtag gewählt. Von 1980 bis 1998 war Alfons Kaufmann Landessekretär des Österreichischen Gewerkschaftsbundes in Tirol. In dieser Funktion hatte er rege Kontakte mit der Südtiroler Gewerkschaftsbewegung. Rauch hebt hervor, dass er auch durch seine persönlichen Verbindungen zu Alfons Kaufmann das Schicksal und das Lebensbild unzähliger Südtiroler Arbeitnehmer kennengelernt hatte, die nach dem Ersten Weltkrieg von ihren Arbeitsstellen, von der Post bis zur Eisenbahn, willkürlich entlassen wurden.

Kaufmann hatte als gebürtiger Südtiroler mit diesen Landsleuten in Nordtirol eine besondere Beziehung aufgebaut und aufrechterhalten. Es waren dies Frauen und Männer die zwischen 1919 und 1928 Opfer der brutalen ethnischen Ämtersäuberung und Unterdrückung durch die Italiener anheimfielen. Davon betroffen war beinahe eine ganze Generation, von mindestens 20. 000 deutschen Arbeitern, Angestellten, Beamten und Dienstnehmern. Hunderte von Staats- und Gemeindebediensteten, bewährte deutsche Pädagoginnen, Ärzte und anerkannte Freiberufer wurden von heute auf morgen aus ihrer geliebten Heimat über den Brenner verwiesen. Sie waren die ersten Opfer des italienischen Nationalismus und Rassenwahns. Dadurch war die Südtiroler Gesellschaft nicht nur von ihrer Arbeiter- und Beamtenschaft, sondern auch von ihren besten intellektuellen Elementen amputiert worden. An ihrer Stelle wurden massenhaft Italiener aus Oberitalien und Sizilien importiert, die kein Wort deutsch kannten und keine Ortskenntnisse hatten.

In dieser Stunde der Not wurden Tausende ausgewiesene Südtiroler in Innsbruck, Salzburg und Wien in alten, ausrangierten Eisenbahnwaggons und anderen Notunterkünften beherbergt. Manch ein ausgewiesener Südtiroler hatte das Trauma nicht bewältigt und nahm sich das Leben. Darunter befanden sich hervorragende Exponenten der Südtiroler Arbeiterbewegung. Dank der Nordtiroler Gewerkschaftsbewegung und der Hilfe der Regierung in Innsbruck und in Wien sowie der großartigen Solidarität der durch den Krieg selbst arg gebeutelten Nordtiroler und österreichischen Bevölkerung, konnte den Südtiroler Vertriebenen neue Arbeitsplatze und ein neues Leben geboten werden.

Im Laufe seiner gewerkschaftlichen und politischen Karriere ließ Alfons Kaufmann, erinnert Günther Rauch, keine Gelegenheit aus, um auf diesen schlimmen Pogrom gegen Südtiroler Arbeiterschaft hinzuweisen. Besonders nach seiner Wahl zum Landessekretär des ÖGB Tirols, hat er sich, wenn auch nicht mit dem erwünschten Erfolg, für die Rückerstattung des von den Faschisten im August 1923 geraubten Bozner Gewerkschaftshauses eingesetzt. Als Landtagsabgeordneter der SPÖ unterstütze er alle Initiativen zugunsten der Südtiroler. Im Rahmen des europäischen Einheitsprozesses setzte er sich für die Überwindung der historischen Trennung zwischen Nord- und Südtirol ein. Um den interregionalen Einheitsprozess auch auf gewerkschaftlicher Ebene zu beschleunigen wurde die Arbeitsgemeinschaft der Gewerkschaften der Alpenländer gegründet. Alfons Kaufmann war einer der Protagonisten dieses großartigen und fortschrittlichen Projektes. In den letzten Jahren war er als Ehrenobmann des Pensionistenverbandes aktiv.

Nord- und Südtirol verliert mit Alfons Kaufmann einen großen Tiroler Patrioten, einen Sozialdemokraten aus echtem Schrot und Korn, der als Anwalt der einfachen Menschen seine Herkunft und das Schicksal der Südtiroler nie vergessen hatte.

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