von apa 05.09.2017 04:02 Uhr

Streit über Vorgehen gegen Nordkorea

Die Weltgemeinschaft ist gespalten, wie Nordkorea nach seinem bisher stärksten Atomtest zur Räson gerufen werden soll. Der russische Präsident Wladimir Putin bezeichnete am Dienstag schärfere Sanktionen gegen das international isolierte Land als “sinnlos”. Ähnlich reagierte China. Im Gegensatz dazu plädieren die USA und Südkorea für schärfere Strafmaßnahmen.

KCNA VIA KNS

Das Risiko eines Nuklear-Konflikts mit Nordkorea ist nach Ansicht von UNO-Generalsekretär Antonio Guterres die derzeit “gefährlichste Krise” der Welt. Ein Krieg müsse unbedingt verhindert werden, sagte Guterres am Dienstag vor Journalisten in New York. “Die möglichen Konsequenzen einer Militäraktion sind zu schrecklich.”

Der UNO-Chef verurteilte erneut den nordkoreanischen Atomtest vom Sonntag, bei dem das kommunistische Land nach eigenen Angaben eine Wasserstoffbombe gezündet hatte. Guterres rief das Land auf, sich an internationale Verpflichtungen zu halten.

“Schon wieder hat Nordkorea die internationalen Regeln gegen Nukleartests gebrochen, schon wieder hat das Land dem Sicherheitsrat und der internationalen Gemeinschaft getrotzt und schon wieder hat Nordkorea ohne Grund und verantwortungslos Millionen von Menschen einem großen Risiko ausgesetzt.”

US-Präsident Donald Trump will unterdessen seine Verbündeten in der Region mit “hochentwickelten” Waffen ausrüsten. Er erlaube es Japan und Südkorea, “eine stark erhöhte Zahl hochentwickelter Rüstungsgüter aus den USA zu kaufen”, schrieb Trump am Dienstag im Kurzmitteilungsdienst Twitter. Um welche Art von Waffen und Ausrüstung es sich dabei handeln soll, führte Trump nicht aus.

Am Montag hatte der US-Präsident nach Angaben des Weißen Hauses in einem Telefonat mit Südkoreas Präsident Moon Jae-in seine Bereitschaft für ein Rüstungsabkommen mit Seoul im Umfang von “mehreren Milliarden Dollar” signalisiert. Südkorea und Japan zählen ohnehin zu den großen Kunden der US-Rüstungsindustrie.

In Südkorea soll eine Spezialeinheit gegründet werden, deren einzige Aufgabe es ist, “Nordkoreas Kriegskommando-und Kontrollsystem zu neutralisieren und die Führung des Regimes, einschließlich Kim Jong-un, zu eliminieren”. Das berichtet die “Presse” (Mittwochausgabe) unter Berufung auf die englischsprachige Zeitung “The Korea Herald”.

Die Sondereinheit soll eng mit US-Spezialkräften wie den Seals der US-Navy kooperieren, die bereits Terroristenchef Osama bin Laden getötet haben. “Wir sind jetzt in der Phase der Konzipierung”, bestätigte Verteidigungsminister Song Young-moo den Bericht. “Ich glaube, wir können eine solche Enthauptungseinheit bilden und bis zum 1. Dezember operationsfähig machen.”

Laut dem Blatt ist der Plan Teil einer Strategie, Pjöngjang im Falle eines nordkoreanischen Nuklearangriffs mit ballistischen Raketen und Marschflugkörpern gefechtsunfähig zu machen. Zudem sollen konventionelle Waffensysteme Raketenabschussrampen, Nuklearanlagen und unterirdische Kommandostände zerstören. Präsident Moon Jae-in wird mit den Worten zitiert, “es ist jetzt entscheidend, machtvolle und praktische Maßnahmen zu ergreifen, damit Nordkorea die Folgen seines Handels realisiert”.

Russlands Präsident Putin sagte unterdessen auf einem Treffen der fünf großen Schwellenländer in China, dass härtere Sanktionen keinen Einfluss auf die Regierung in Pjöngjang hätten, stattdessen aber das Leiden der Bevölkerung deutlich vergrößern könnten. Zugleich forderte der russische Präsident alle Beteiligten dazu auf, im Atomkonflikt mit Nordkorea die Ruhe zu bewahren. “Eine Intensivierung der militärischen Hysterie führt zu nichts Gutem. Es könnte in einer globalen Katastrophe münden”, sagte Putin: “Es gibt keine anderen Weg außer dem gewaltfreien.” Ähnlich äußerte sich der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Geng Shuang.

Die USA warfen Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un vor, einen Krieg provozieren zu wollen. Als Reaktion auf den bisher größten Atomtest Pjöngjangs sucht US-Präsident Donald Trump im Weltsicherheitsrat innerhalb einer Woche “größtmögliche Sanktionen”. Es geht den USA besonders um eine Aussetzung der Öllieferungen aus China nach Nordkorea. Russland und China zögern. Als Reaktion auf den Atomtest demonstrierte Südkorea am Dienstag mit neuen Manövern militärische Stärke.

In der Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York warf die amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley dem nordkoreanischen Machthaber vor, einen Krieg anzetteln zu wollen. “Sein missbräuchlicher Einsatz von Raketen und seine nuklearen Drohungen zeigen, dass er um Krieg bettelt”, sagte Haley. “Krieg ist nie etwas, was die USA anstreben. Wir wollen es auch jetzt nicht”, sagte sie. “Aber die Geduld unseres Landes ist nicht grenzenlos. Wir werden unsere Verbündeten und unser Territorium verteidigen.”

Zu den Forderungen nach Dialog sagte Haley, immer wieder sei mit Nordkorea verhandelt worden, was aber nicht funktioniert habe. “Die Zeit für halbe Sachen im UN-Sicherheitsrat ist vorbei.” Jetzt müssten alle diplomatischen Bemühungen aufgeschöpft werden, “bevor es zu spät ist”. Das heiße, rasch schärfste Sanktionen anzunehmen. Haley will einen Katalog mit härteren Maßnahmen vorlegen. Darüber solle der Rat kommenden Montag abstimmen. Angesichts von Anzeichen für einen weiteren Raketenstart Nordkoreas sei höchste Eile geboten.

Den Vorschlag Chinas und Russlands für ein “zweigleisiges Vorgehen”, indem die USA und Südkorea ihre Militärmanöver einstellen und Nordkorea im Gegenzug sein Atom- und Raketenprogramm einfriert, um Verhandlungen aufzunehmen, wies Haley als “frech” zurück. “Wenn ein Schurkenstaat eine Atombombe hat und mit einer Langstreckenrakete auf dich zielt, dann nimmt man nicht die Deckung herunter”, sagte Haley.

Als Reaktion auf den sechsten Atomtest Nordkoreas seit 2006 zeigte Südkorea am Dienstag wieder militärische Stärke und setzt seine Manöver fort. Kriegsschiffe hätten Schießübungen im Japanischen Meer durchgeführt, teilte die Marine mit. Zweck der Manöver sei gewesen, sofort auf potenzielle Provokationen Nordkoreas antworten zu können. An den Übungen hätten unter anderem eine 2.500-Tonnen-Fregatte, Raketenschiffe und Schnellboote teilgenommen.

Bis Samstag sollen weitere Marineübungen vor der Südküste der koreanischen Halbinsel folgen. Bereits am Montag hatte Südkoreas Militär einen Angriff mit Raketen auf das nordkoreanische Atomtestgelände im Nordosten des Nachbarlandes simuliert.

In einem Telefongespräch einigten sich Südkoreas Präsident Moon und US-Präsident Trump darauf, die Verteidigungsfähigkeit Südkoreas auszubauen. Wie das Weiße Haus mitteilte, habe Trump seine grundsätzliche Zustimmung gegeben, dass Südkorea “für viele Milliarden Dollar Waffen und Ausrüstung” kaufen könne. Südkoreas Präsidialamt sagte aber dazu, Seoul sehe zwar die Notwendigkeit, künftig moderne Waffensysteme der USA anzuschaffen, doch gebe es keine aktuellen Pläne, “Milliarden von Dollar” auszugeben.

Beide Präsidenten einigten sich auch darauf, die Obergrenze für die Nutzlast südkoreanischer Raketen abzuschaffen. Die Reichweite ist bisher einer beiderseitigen Vereinbarung zufolge auf 800 Kilometer und das Gewicht der Sprengköpfe auf 500 Kilogramm beschränkt. Trump und Moon waren sich auch einig, mit größtmöglichem Druck und allen zur Verfügung stehenden Mitteln auf den Atomtest zu reagieren.

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