Rupert Gietl

28.08.2017

Von Wolf, Bär und Sanität

Zum Ende der Sommerpause war der Landtagsabgeordnete Paul Köllensperger zu Gast bei UT24 und sprach zu Themen, die das Land im kommenden Wahljahr beherrschen könnten.

Paul Köllensperger im Sommerinterview. Bild: UT24

 

Als Ein-Mann-Vertreter der Fünf-Sterne-Bewegung im Landtag hat sich Paul Köllensperger in den letzten Jahren einen Namen durch seinen Kampf gegen die Leibrentenvorschüsse und seine intensive Beschäftigung mit dem Problemfeld der Sanität gemacht.

Kürzlich attackierte er den Generaldirektor des Sanitätsbetriebes, da dieser 6.2 Millonen Euro für externe Beraterverträge an meist landesfremde Dienstleister vergeben hatte. Darunter an eine Firma, bei der dieser in der Vergangenheit beteiligt war.

Der Auftrag, für den eine sechsstellige Summe bezahlt wurde: Das Schreiben der internen Betriebsordnung.

Köllensperger war vor seinem Eintritt in die Politik als Unternehmer im Internet-Sektor v.a. im digitalen Tourismus tätig.


Zum aktuellen Sommerthema Verkehr im Pustertal befragt, trat er für einen umsichtigen Ausbau der Pustertaler Straße ein, da man eines der schönsten Täler im Land nicht dem Verkehr opfern dürfe.

Ein Ausbau wie bei der MeBo sei zwar für die Wirtschaft ideal, aber er würde den Umwegverkehr geradezu anziehen. 30 Prozent der LKW wählten die Brennerroute, weil es billiger sei, nicht weil sie schneller ans Ziel kommen, so Köllensperger.

Muß das wirklich so sein, dass wir als Durchfahrtsstraße für den europäischen Güterverkehr herhalten müssen?

Gleichzeitig ließe sich aber auch viel lokaler Verkehr einsparen, wenn man als Patient oder Familienangehöriger von Kranken, nicht jedes Dokument in den meist zentralen Ämtern persönlich abholen müsste.

Lokale Marken vs. Südtirol Marke

Köllensperger lehnt die geplanten Veränderungen bei den Tourismusorganisationen ab und stellt die Effizienz der IDM in Bozen in Frage. Sie sei viel zu groß, koste zu viel und sei nicht flexibel genug.
Die Verbeamtung des mit Abstand wichtigsten Wirtschaftszweiges sieht der Abgeordnete der Fünf-Sterne Bewegung sehr kritisch.

Die bisherigen privatrechtlich arbeitenden Strukturen würden ihr Gebiet bis in den letzten Winkel kennen und konnten bisher sehr effizient und zügig Maßnahmen setzen, vor Ort das Produkt verbessern und die eigenen Marken stärken. Das könne man nicht von Bozen aus machen.

Die eigentlichen Herausforderungen bleiben liegen

Man müsse gemeinsam mit den Leistungsträgern nach neuen Wegen suchen, denn grüner Tourismus lasse sich gerade in Deutschland und der Schweiz sehr gut verkaufen.

Wir kommen mittlerweile nicht einmal mehr auf eine durchschnittliche Nächtigungsdauer von fünf Tagen. Ich glaube so ein wunderschönes Land wie Südtirol könnte hier eine längere Verweildauer herausholen,

so Köllensperger.

Es bringe nichts, auf Turbotourismus zu setzen. Alles was in der Wirtschaft, im Tourismus und im Verkehr unternommen wird, sollte immer darauf bedacht sein, das Kapital unserer einmaligen Natur zu erhalten.

Wolf und Bär

Auch zum aktuellen Thema der wieder eingewanderten Raubtiere, bezieht Köllensperger klare Position:

Bei aller Tierliebe, für Bären und vor allem für Wölfe ist bei uns kein Platz mehr, dafür ist das dicht besiedelte und bewirtschaftete Habitat mittlerweile viel zu klein. Der Schutz der Wanderer und unserer Nutztiere hat hier eindeutig Vorrang. Natürlich ist eine Entnahme und Aussiedelung einem Abschuss vorzuziehen, aber auch Schafe, Ziegen und Kälber sind Tiere die es zu schützen gilt und deren Leben nicht weniger als das eines Wolfes zählt.

Verteilungsgerechtigkeit

Zum Thema Verteilungsgerechtigkeit fragte sich Köllensperger, wie es sein könne, dass 60.000 Südtiroler an der Armutsgrenze leben. Die Politik müsse sich um die Familien kümmern, viele laufende Kosten des Landes müssten nicht unbedingt sein und diese sollten für diese Menschen verwendet werden.
Obwohl die Bevölkerung altere, sei auch das Budget für die Pflege nicht gestiegen, so Köllensperger, einfach, weil man die Kriterien verschärft habe. Es existierten internationale Instrumente auf wissenschaftlicher Basis, die man zur Berechnung des Pflegegeldes heranziehen könnte. Es solle eine Anpassung der Höhe dieser Gelder am Einkommen geprüft werden.
Das regionale Gutscheinsystem, welches Köllensperger im Juni 2017 vorgeschlagen hat, hätte zur Stärkung regionaler Kreisläufe beitragen können. Leider sei es im Landtag abgelehnt worden.

Autonomiekonvent

Aus Marketinggründen sei der Konvent hochgejubelt worden, so Köllensperger, aber wenn man einen Vorschlag nach Rom schicken müsse, der zuerst durch den Landtag und den Regionalrat zu gehen hat, wird am Ende nicht mehr viel übrig bleiben. Spätestens in Rom sei mit den Vorschlägen, die vielfach gut seien, Schluss.

Flüchtlinge

Fördern und fordern sei ein Prinzip, das er unterstütze, so Köllensperger. Nur wer integrationswillig sei, habe das Recht, gefördert zu werden und hier bleiben zu dürfen. In Europa seien Parallelgesellschaften entstanden, die keinem der Beteiligten nützen. Kann Integration überhaupt gelingen? Die Erfahrungen zeigten eher das Gegenteil, vor Allem bei Angehörigen anderer Religionen, bei denen der eigene Glaube über dem in Europa geltenden Recht stehe.

Das Problem sei in Südtirol aber im Verhältnis noch eher klein, konzentriere sich jedoch vor allem auf Bozen. Es gäbe bessere Lösungen als heute Geld in Flüchtlingsprogramme zu stecken oder Despoten wie Erdogan zu finanzieren, als erstes sei in den Herkunftsländern bekannt zu machen, dass Europa kein Schlaraffenland für unausgebildete Migranten sei.

Asylgesuche sollten vor Ort oder zumindest nahe an den Herkunftsländern behandelt werden. Sonst drohten nach einer lebensbedrohlichen Überfahrt übers Mittelmeer, die den Betroffenen fast immer auch Hab und Gut koste, negative Asylbescheide und Abschiebung.

Schwere Vorwürfe erhebt Köllensperger in Richtung Matteo Renzi, der mit dem sogenannten Triton-Abkommen maßgeblich dafür gesorgt habe, dass in Italien viele Akteure ohne nennenswerte Dienstleistungen mit den Flüchtlingen ein “Schweinegeld” verdienen. Die Migration sei ein Geschäft geworden.

Ursachen bekämpfen

Selbstverständlich seien die Fluchtursachen zu bekämpfen, aber auch die bei uns anwesenden Flüchtlinge sollten ausgebildet werden, um dann zurückzukehren und in ihren Heimatländern am Aufbau mitzuhelfen. Auch echte Kriegsflüchtlinge wollten in den allermeisten Fällen wieder in ihre Heimat zurückkehren, sobald dies wieder möglich sei.

Die wirtschaftlichen Migranten hingegen, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben nach Europa kämen, seien ein anderes Kapitel. Es sei klar, dass jedes europäische Land eine gewisse Einwanderungsquote brauche, weil die Europäer mittlerweile so geburtenschwach sind dass die Aufrechterhaltung der Rentensysteme dies erfordere.

Aber wir brauchen ausgebildete Einwanderer die in unseren Arbeitsmarkt passen, wo auch die Frauen arbeiten, ansonsten wird man sich nur eine weitere Belastung für unsere Sozialsysteme ins Haus holen, von der Arbeitslosenhilfe bis zu dem Wobi Wohnungen,

so Köllensperger abschließend.

Ausblick auf 2018

Bereits mit dem Wahlgesetz sei im Mai 2017 der Wahlkampf eingeläutet worden. Er habe aber aus verschiedenen Gründen nicht dafür stimmen können, so Köllensperger.

Die SVP habe versucht, sich den Vertreter der Ladiner zu sichern, auch wenn dieser nicht der meistgewählte wäre. Auch die Idee, Stimmen listenübergreifend vergeben zu können, sei abgelehnt worden, ebenso wie die Limitierung der Wahlkampfkosten pro Partei und ein Wahlkampfverbot jener Verbände, die sich mit Steuergeld finanzieren.

Der Abgeordnete der Fünf-Sterne-Bewegung, schließlich gefragt nach persönlichen Plänen für die kommenden Landtagswahlen, sagte, sich wiederum um das Vertrauen der Bürger bemühen zu wollen, aber spätestens 2023 würde er gerne in seinen Brotberuf als Internetunternehmer zurückkehren.
Sein Hauptaugenmerk gelte im letzten Jahr bis zur Wahl vor allem dem neuen Raumordnungsgesetz, mit dem der Spekulation Tür und Tor geöffnet werde.

2018 erwarte er sich im Landtag nicht mehr viel, da die meisten Kollegen schon auf Wahlmodus schalten und die reißerischen Themen aufgreifen würden.

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