von mmh 28.12.2025 19:50 Uhr

Weniger Bildschirm, mehr Realität: Wenn man sieht, was wirklich wichtig ist

Weihnachtszeit, besinnliche Zeit – für rund 70 Schüler des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums Brixen galt das in diesem Jahr ganz besonders. Mit dem 1. Dezember haben sie ein außergewöhnliches Projekt gestartet: Drei Wochen lang verzichteten die teilnehmenden Jugendlichen auf Social Media und ihr Smartphone oder reduzierten ihren Konsum. Ein Weg die Advents- und Weihnachtszeit bewusster wahrzunehmen und den eigenen Medienkonsum kritisch zu hinterfragen.

Bild: APA/MAX SLOVENCIK

Der Griff zum Handy ist für viele Jugendliche längst ein Automatismus geworden. Jede freie Minute wird genutzt, um zu scrollen – sei es auf dem Weg zur Schule, in der Pause oder sogar zwischen zwei Unterrichtsstunden. Kaum läutet die Schulglocke, wandert das Smartphone aus der Hosentasche direkt in die Hand. Nicht aus Langeweile, sondern oft aus der Angst heraus, etwas zu verpassen. Diese permanente Reizüberflutung ist für viele längst Normalität geworden.

Drei Wochen im Dezember war genau das für die teilnehmenden Schüler des Projekts „Zurück in die Realität – beyond the screens“ nicht mehr möglich. Statt Nachrichten zu checken oder durch endlose Feeds zu scrollen, blieb der Blick auf die Umgebung gerichtet. Gespräche fanden wieder von Angesicht zu Angesicht statt, Pausen wurden gemeinsam verbracht, nicht nebeneinander vor Bildschirmen. Die Idee zu dem Projekt entstand direkt aus der Schülerschaft: Elf Schülerinnen und Schüler entwickelten gemeinsam das Konzept und brachten die Adventsaktion auf den Weg.

Wenn Scrollen überstimuliert – und warum uns Momente entgehen

Plattformen wie TikTok sind darauf ausgelegt, Aufmerksamkeit möglichst lange zu binden. Kurze Videos, schnelle Schnitte und permanente neue Reize sorgen dafür, dass das Gehirn kaum zur Ruhe kommt. Dieses sogenannte Überstimulieren kann langfristig Auswirkungen auf Konzentrationsfähigkeit, Geduld und Lernverhalten haben – ein Problem, das sich besonders im Schulalltag bemerkbar macht.

Doch nicht nur das Lernen leidet darunter. Gerade in der Advents- und Weihnachtszeit, die eigentlich von Ruhe, Begegnungen und gemeinsamen Momenten geprägt sein sollte, bleibt vieles unbemerkt. Weihnachtslichter werden nur noch nebenbei wahrgenommen, Gespräche werden von Benachrichtigungen unterbrochen, gemeinsame Zeit verfliegt zwischen Bildschirmen. Wer ständig online ist, ist oft genau dort nicht wirklich präsent, wo das Leben gerade stattfindet.

„Langsam anfangen“ – UT24 im Gespräch mit einem Schüler über seine Handy-Auszeit

UT24 sprach mit einem Schüler der dritten Klasse, der im Rahmen des Schulprojekts bewusst seine Smartphone-Nutzung reduziert hat. „Ich konnte nicht von 100 auf 0 starten“, erzählt er. Deshalb senkte er seine Bildschirmzeit in der ersten Woche von etwa fünf Stunden auf anderthalb Stunden und in der zweiten Woche auf eine Stunde.

Motivation gab ihm vor allem das Experiment selbst: „Ich wollte testen, wie abhängig ich vom Handy bin und ob ich mich ohne besser konzentrieren kann.“ Durch die Handy-Auszeit änderte sich sein Alltag spürbar. Er verbrachte mehr Zeit mit seiner Familie und führte wieder mehr direkte Gespräche mit Freunden – wobei es mit denen, die nicht am Projekt teilnahmen, manchmal schwieriger war.

Auch seine Konzentration profitierte: „Beim Lernen war ich etwas konzentrierter. Entspannter war ich manchmal auch, aber anfangs war es ungewohnt und etwas stressig.“ Sein Rat an andere Jugendliche lautet: „Langsam anfangen und realistische Ziele setzen. Mit der Zeit wird es dann immer einfacher“

Zwischen digitaler Vernetzung und bewusster Auszeit

Natürlich ist das Smartphone nicht grundsätzlich schlecht. Es ermöglicht Kontakt über große Distanzen hinweg, erleichtert Organisation und bietet Zugang zu Informationen wie nie zuvor. Gerade für junge Menschen sind soziale Medien ein wichtiger Teil ihres sozialen Lebens. Entscheidend ist jedoch das Maß.

Doch eine Smartphone Auszeit muss nicht ein dauerhaftes Verbot sein, es sollte um Bewusstsein gehen. Um die Erfahrung, wie es sich anfühlt, offline zu sein. Um die Frage, welche Veränderungen eintreten, wenn der digitale Lärm für eine gewisse Zeit verstummt.

Gerade in besonderen Zeiten wie der Weihnachtszeit kann dieser bewusste Verzicht helfen, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren: auf Gespräche, gemeinsame Momente und die Menschen um einen herum. Denn diese Augenblicke lassen sich nicht nachholen – kein Feed, kein Video und kein Like kann sie ersetzen.

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