von mmh 06.09.2025 06:54 Uhr

500 Jahre Bauernkrieg im Landtag: Alte Fragen, neue Aktualität

Michael Gaismair, Anführer des Südtiroler Bauernaufstandes von 1525, stand gestern im Mittelpunkt eines Symposiums im Landtag. Anlass war der Tag der Autonomie, verbunden mit dem 500-Jahr-Gedenken an den Bauernkrieg.

(Foto: Südtiroler Landtag/Werth)

Landtagspräsident Arnold Schuler erinnerte in seiner Eröffnungsrede daran, dass demokratische Werte nicht selbstverständlich sind: „Gerade in Zeiten, in denen die liberale Demokratie unter Druck gerät, ist es wichtig, sich ihrer Wurzeln bewusst zu werden.“ Gaismairs Versuch, Tirol eine umfassende Landesordnung zu geben, sei zwar gescheitert – doch er habe den Samen gesät, aus dem später Grundwerte unserer Demokratie erwachsen sind.

Vom Außenseiter zur Identifikationsfigur

Die Historikerin Martha Verdorfer blickte zurück auf die Gründung der Michael-Gaismair-Gesellschaft in den 1970er-Jahren. Lange sei Gaismair nur ein Thema für Randgruppen und Oppositionelle gewesen. „Zum 500. Jahrestag scheint er nun aber in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein“, meinte Verdorfer. Seine Kritik am System und die Forderung nach Veränderung seien heute aktueller denn je – Stichwort soziale Ungleichheit und Klimakrise.

Aufstand des „gemeinen Mannes“

Der Eurac-Forscher Hannes Obermair erinnerte daran, dass der sogenannte Bauernkrieg weit mehr Gruppen erfasste: Handwerker, Knappen und andere. Ein zentrales Moment sei die Frage „Wem gehört die Welt?“ gewesen – damals wie heute. Gaismair sei ein charismatischer Anführer, aber auch ein „Revolutionär aus Versehen“ gewesen. Sein 1526 im Exil entworfenes Verfassungsprojekt sei einzigartig geblieben, bis er 1532 in Padua ermordet wurde.

Die Wirtschaftshistorikerin Katia Occhi betonte die ökonomischen Ursachen: Verschlechterte Lebensbedingungen, hohe Abgaben und soziale Ungerechtigkeit führten zu immer häufigeren Aufständen – lange bevor 1525 die Revolte eskalierte. Die Befreiung des zum Tode verurteilten Peter Paßler in Brixen sei zum Symbol für den Widerstand gegen kirchliche und weltliche Willkür geworden.

Frauen bleiben unsichtbar

In der Publikumsdiskussion wurde die geringe Rolle von Frauen in den Geschichtsbüchern kritisiert. Es reiche nicht, Straßen nach ihnen zu benennen, meinte Verdorfer. „Es braucht eine Veränderung in der Erinnerungskultur.“ Auch der mangelnde Platz Gaismairs im Schulunterricht wurde angesprochen.

Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion) zeigte sich zufrieden, dass auf seinen Antrag hin die Veranstaltung im Landtag zustande gekommen ist. Künftig solle es mehr offene Diskussionen im Landtag geben – über Geschichte, aber auch über die Gegenwart.

Jetzt
,
oder
oder mit versenden.

Es gibt neue Nachrichten auf der Startseite