Krise, Kritik, Kreisläufe: Bauern schlagen Alarm auf der Seiser Alm

"Ein Viertel weniger für die Bauern? Nicht mit uns!"
Herbert Dorfmann, Südtirols EU-Abgeordneter, fand klare Worte zum Haushaltsentwurf der EU-Kommission: „Eine Katastrophe.“ Besonders die geplante Kürzung der Agrarmittel um rund 25 Prozent sorgt für kollektive Schnappatmung bei Europas Landwirten. Auch Österreichs Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig schlug in dieselbe Kerbe: „Diesen Vorschlag dürfen wir so nicht akzeptieren.“
Sein Fazit: „Was die Bäuerinnen und Bauern brauchen, ist Planbarkeit – keine neue Auflagenflut.“ Bürokratieabbau statt EU-Verordnungsmarathon lautet die Devise, die bei der Wanderung überraschend viele Schritte machte.
Wolf, Mercosur und CO₂: Die Sorgen sind grenzübergreifend
Während der Haushaltsplan viele der anwesenden Funktionäre empörte, gab es beim Thema Wolf erstmals auch leise Zufriedenheit: Der Schutzstatus wurde auf EU-Ebene herabgestuft – ein erster Schritt in Richtung Realität. „Die grenzüberschreitende Bewertung eröffnet neue Handlungsspielräume“, so Dorfmann.
Beim Thema Mercosur herrschte hingegen Einigkeit im Protest: „Der Deutsche Bauernverband lehnt das Abkommen ab“, sagte Präsident Joachim Rukwied deutlich. Zu groß sei die Gefahr für die kleinen und mittleren Betriebe in Europa – insbesondere, wenn große Agrarkonzerne aus Übersee mit Dumpingpreisen drängen.
Auch das geplante EU-Zollabkommen mit den USA stößt auf Skepsis. Dorfmann warnt: „In geopolitisch instabilen Zeiten muss Europa unabhängiger werden – gerade bei Lebensmitteln und Energie.“
Bauernalltag im Fokus: Tierwohl, Zuerwerb, kleine Kreisläufe
Neben der großen Weltpolitik kamen aber auch regionale Themen nicht zu kurz. Südtirols Landesrat Luis Walcher kündigte für 2026 eine Alm- und Tierwohlprämie an. Auch im Bereich Fleischproduktion sieht er neue Chancen – ebenso bei der Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Tourismus.
„Über kleine Kreisläufe dürfen wir nicht nur reden – wir müssen sie auch leben“, so Walcher mit Blick auf Regionalität und Direktvermarktung. Forschungseinrichtungen wie die Laimburg oder der NOI Techpark sollen dabei helfen, neue Wege zu gehen – ob bei Zuerwerb, Energie oder Tierzucht.
"Green Deal, aber bitte mit Hausverstand"
Auch der Green Deal der EU stand zur Diskussion. Für Bauernpräsident Rukwied steht fest: Nur mit der richtigen Balance zwischen Klimaschutz und wirtschaftlicher Realität können Europas Höfe überleben. Besonders kritisch sah er den möglichen EU-Beitritt der Ukraine – ein Szenario, das kleinen Bauernbetrieben in Europa laut ihm massiv schaden würde.
Josef Hechenberger, Präsident der Landwirtschaftskammer Nordtirol, warnte zudem vor Tierseuchen und der abnehmenden Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln: „Die Schädlinge werden mehr, die Wirkstoffe weniger – so kann das nicht weitergehen.“
Gemeinsam auftreten – aber wie geschlossen ist Europa wirklich?
Am Ende der Wanderung waren sich die Teilnehmer einig: Der Austausch ist wichtiger denn je. Doch der Ton war oft kämpferisch – fast so, als hätten sich die europäischen Bauernverbände zur Mobilmachung entschlossen. Die Europawanderung 2025 dürfte mehr denn je zur agrarpolitischen Weggabelung werden.






