von mmh 07.08.2025 10:48 Uhr

Krise, Kritik, Kreisläufe: Bauern schlagen Alarm auf der Seiser Alm

Was als Wanderung begann, wurde schnell zum Krisengipfel auf Augenhöhe: Bei der traditionellen Europawanderung auf der Seiser Alm trafen sich auch heuer Vertreter der Bauernverbände aus Südtirol, Nordtirol, Bayern, Deutschland, Liechtenstein und Österreich. Zwischen Kühen, Käse und Kaiserschmarrn wurde jedoch weniger gewandert als gewarnt – vor allem vor einem drohenden Kahlschlag im Agrarbudget der EU.

(Foto: Südtiroler Bauernbund)

"Ein Viertel weniger für die Bauern? Nicht mit uns!"

Herbert Dorfmann, Südtirols EU-Abgeordneter, fand klare Worte zum Haushaltsentwurf der EU-Kommission: „Eine Katastrophe.“ Besonders die geplante Kürzung der Agrarmittel um rund 25 Prozent sorgt für kollektive Schnappatmung bei Europas Landwirten. Auch Österreichs Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig schlug in dieselbe Kerbe: „Diesen Vorschlag dürfen wir so nicht akzeptieren.“

Sein Fazit: „Was die Bäuerinnen und Bauern brauchen, ist Planbarkeit – keine neue Auflagenflut.“ Bürokratieabbau statt EU-Verordnungsmarathon lautet die Devise, die bei der Wanderung überraschend viele Schritte machte.

Wolf, Mercosur und CO₂: Die Sorgen sind grenzübergreifend

Während der Haushaltsplan viele der anwesenden Funktionäre empörte, gab es beim Thema Wolf erstmals auch leise Zufriedenheit: Der Schutzstatus wurde auf EU-Ebene herabgestuft – ein erster Schritt in Richtung Realität. „Die grenzüberschreitende Bewertung eröffnet neue Handlungsspielräume“, so Dorfmann.

Beim Thema Mercosur herrschte hingegen Einigkeit im Protest: „Der Deutsche Bauernverband lehnt das Abkommen ab“, sagte Präsident Joachim Rukwied deutlich. Zu groß sei die Gefahr für die kleinen und mittleren Betriebe in Europa – insbesondere, wenn große Agrarkonzerne aus Übersee mit Dumpingpreisen drängen.

Auch das geplante EU-Zollabkommen mit den USA stößt auf Skepsis. Dorfmann warnt: „In geopolitisch instabilen Zeiten muss Europa unabhängiger werden – gerade bei Lebensmitteln und Energie.“

Bauernalltag im Fokus: Tierwohl, Zuerwerb, kleine Kreisläufe

Neben der großen Weltpolitik kamen aber auch regionale Themen nicht zu kurz. Südtirols Landesrat Luis Walcher kündigte für 2026 eine Alm- und Tierwohlprämie an. Auch im Bereich Fleischproduktion sieht er neue Chancen – ebenso bei der Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Tourismus.

„Über kleine Kreisläufe dürfen wir nicht nur reden – wir müssen sie auch leben“, so Walcher mit Blick auf Regionalität und Direktvermarktung. Forschungseinrichtungen wie die Laimburg oder der NOI Techpark sollen dabei helfen, neue Wege zu gehen – ob bei Zuerwerb, Energie oder Tierzucht.

"Green Deal, aber bitte mit Hausverstand"

Auch der Green Deal der EU stand zur Diskussion. Für Bauernpräsident Rukwied steht fest: Nur mit der richtigen Balance zwischen Klimaschutz und wirtschaftlicher Realität können Europas Höfe überleben. Besonders kritisch sah er den möglichen EU-Beitritt der Ukraine – ein Szenario, das kleinen Bauernbetrieben in Europa laut ihm massiv schaden würde.

Josef Hechenberger, Präsident der Landwirtschaftskammer Nordtirol, warnte zudem vor Tierseuchen und der abnehmenden Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln: „Die Schädlinge werden mehr, die Wirkstoffe weniger – so kann das nicht weitergehen.“

Gemeinsam auftreten – aber wie geschlossen ist Europa wirklich?

Am Ende der Wanderung waren sich die Teilnehmer einig: Der Austausch ist wichtiger denn je. Doch der Ton war oft kämpferisch – fast so, als hätten sich die europäischen Bauernverbände zur Mobilmachung entschlossen. Die Europawanderung 2025 dürfte mehr denn je zur agrarpolitischen Weggabelung werden.

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