von Alexander Wurzer 15.06.2025 10:04 Uhr

Pionierarbeit mit Herz

Zwei Tage vor einem der glücklichsten Ereignisse seines Lebens – seiner Hochzeit – erhält Mario Kral 1992 eine Nachricht, die alles verändert: Krebs. Die Diagnose trifft den damals 24-jährigen Bauunternehmer wie ein Donnerschlag.

Der Gründer der Kinderkrebshilfe, Mario Kral (Foto: Privat)

Trotzdem sagt er die Hochzeit nicht ab. Am darauffolgenden Samstag heiratet er seine Petra – mit Mut, Hoffnung und dem festen Glauben an eine Zukunft. Was darauf folgt, sind Monate in der Uniklinik Innsbruck, geprägt von Operationen, Chemotherapie und Bestrahlung. In dieser schweren Zeit wächst in Kral ein Entschluss: Sollte er diese Krankheit besiegen, will er sein Leben nicht nur für sich zurückgewinnen, sondern sich auch für andere einsetzen – vor allem für Kinder, die denselben Weg gehen müssen.

Der Anfang einer Mission

Kral hält an diesem Versprechen fest. Sechs Jahre später, im Sommer 1998, ist er genesen. Und er beginnt, seine Vision umzusetzen. Die Idee: Er möchte eine Nachfeier veranstalten – noch größer als die Hochzeit –, bei der Spenden für krebskranke Kinder gesammelt werden sollen. Doch rasch erkennt er: Es braucht eine Struktur. Deshalb eröffnet er drei Konten bei Volksbank, Raiffeisen Landesbank und Südtiroler Sparkasse –mit dem Verwendungszweck „Kinderkrebshilfe Südtirol“. Damit existiert erstmals ein konkreter Ort, wo Geld für betroffene Familien gesammelt werden kann.

Sein Engagement bleibt nicht im kleinen Kreis. Kral spricht mit Freunden, Verwandten, Geschäftspartnern – und findet schnell Unterstützung. Eine Kettenreaktion beginnt: Immer mehr Menschen fühlen sich angesprochen. Innerhalb eines halben Jahres kommen mehrere hundert Millionen Lire zusammen. Auch mit der Landespolitik nimmt Kral Kontakt auf. Im Oktober 1998 sichert Landeshauptmann Luis Durnwalder der Kinderkrebshilfe Südtirol schriftlich seine Schirmherrschaft zu – ein Zeichen, dass das Projekt auf breite gesellschaftliche Resonanz stößt.

Begegnung mit der Medizin – und erste Vernetzung

Im August 1998 sucht Mario Kral das Gespräch mit Dr. Laura Battisti, der damaligen Kinderonkologin am Krankenhaus Bozen. Sein Ziel: herausfinden, wie das gesammelte Geld konkret eingesetzt werden kann. Von UT24 darauf angesprochen sagt Battisti:

„Meine Tätigkeit als Kinderonkologin am Krankenhaus Bozen begann im Jahr 1994. Angesichts der steigenden Zahl der in Bozen behandelten Kinder überlegten wir 1998 gemeinsam mit einer Gruppe von Eltern und medizinischem Personal, einen Verein für krebskranke Kinder zu gründen, der unabhängig vom universitären Referenzzentrum allen Familien helfen sollte.“

Sie fährt fort:

„Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits einen Verein, eine Zweigstelle der Kinderkrebshilfe Tirol, die aber ausschließlich den Familien der in Innsbruck behandelten Kinder half. Gerade weil durch unsere Arbeit die Kinderonkologie in Südtirol entstanden war, kamen viele Menschen auf mich zu und fragten, wie sie diesen Kindern helfen könnten. Es kamen auch Spendenangebote, die wir natürlich nicht annehmen konnten.“

Im August trifft sie Mario Kral:

„Herr Kral kam auf mich zu und fragte, was er für krebskranke Kinder tun könne. Ich erklärte ihm, was schon in unseren Gedanken war und wie wir vorgehen wollten. Er eröffnete in seinem Namen drei Konten bei drei verschiedenen Bankinstituten lautend auf ‚Kinderkrebshilfe Südtirol‘.“

Mario Kral überträgt in der Folge die für die Kinderkrebshilfe Südtirol eröffneten Bankkonten an die im November 1998 neu gegründete Peter Pan Stiftung. Diese Geste – großherzig und vertrauensvoll – bildet einen entscheidenden Grundstein für den Aufbau der Organisation.

Vom Initiator zum stillen Unterstützer

Obwohl er maßgeblich zum Start beigetragen hat, übernimmt Kral keine leitende Rolle im neuen Verein. Öffentliches Gerangel liegt ihm fern. In einer Sendung des RAI-Senders Bozen wird die symbolische Übergabe festgehalten – von der Kinderkrebshilfe Südtirol an den neuen Verein Peter Pan unter Präsidentin Veronika Stirner Brantsch. Kral zieht sich in den Hintergrund zurück, mit der Überzeugung, dass das Wesentliche erreicht ist: Hilfe für Kinder und Familien, die sie dringend brauchen.

Peter Pan entwickelt sich in den Folgejahren zu einem der wichtigsten Akteure im sozialen Bereich Südtirols. Die Vereinigung unterstützt Familien mit krebskranken Kindern unbürokratisch, finanziert Therapien, betreut Angehörige und wirkt an der Verbesserung medizinischer Strukturen mit. Unter anderem konnte sofort nach der Übernahme der drei Bankkonten das Day Hospital für onkologische Kinderpatienten am Bozner Krankenhaus eingerichtet werden.

Engagement über Jahrzehnte

Kral engagiert sich auch nach der Übergabe weiter für seine Sache – unter anderem, indem er Sportausrüstung gegen freiwillige Spenden verteilt, die weiterhin an die Kinderkrebshilfe überwiesen werden sollen. Kral organisierte im Laufe der Jahre zahlreiche Kinderpartys und Benefizveranstaltungen mit bis zu 400 kleinen Gästen aus ganz Südtirol. Die Feste waren liebevoll gestaltet, voller Lebensfreude und bunter Unterhaltung. Auf der Bühne standen Künstler wie das Zirkusäffchen Bobby, Clown Tino & Pia, George McAnthony, Thorsten Havener – der Gedankenleser und Zauberer, Antonia aus Tirol, Matthias Reim, die Mooskirchner und viele mehr. Durch die Veranstaltungen führte unter anderem der bekannte Südtiroler Moderator Markus Frings. Die freiwilligen Spenden, die bei diesen Veranstaltungen gesammelt wurden, kamen stets der Kinderkrebshilfe Südtirol bzw. Peter Pan zugute.

Das bleibende Vermächtnis

Heute lebt Mario Kral mit seiner Familie als Bergbauer im Sarntal. Auf Ruhm hat er nie bestanden – auf Wirkung schon. Die Pionierarbeit, die er 1998 geleistet hat, war entscheidend dafür, dass es heute eine starke Kinderkrebshilfe in Südtirol gibt. Peter Pan ist zu einer Institution geworden – getragen von einer Idee, die in einer Klinik begann, aber aus einem Herzen wuchs.

Mario Kral hat sein Wort gehalten. Aus seiner persönlichen Krise wurde kollektive Kraft. Sein Engagement hat Kinder gestärkt, Familien unterstützt und eine Bewegung in Gang gesetzt, die noch immer wächst. Und genau das ist sein größter Verdienst.

  • (Foto: Privat)
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