Weniger Kinder, mehr Singles: So verändert sich Südtirols Familienleben

Im Jahr 2023 gab es in Südtirol ungefähr 236.000 Haushalte. Das entspricht einem Anstieg um 10,1 Prozent im Vergleich zu 2014. Gleichzeitig sank die durchschnittliche Haushaltsgröße von 2,4 auf 2,3 Mitglieder. Gründe dafür sind der Geburtenrückgang sowie steigende Zahlen bei Trennungen und Scheidungen. Die Folge: Neue Haushaltstypen setzen sich zunehmend durch, etwa Paare ohne Kinder, Teilfamilien und Alleinlebende. Der Anteil der Paare mit Kindern sank in Südtirol von 39 Prozent (2014) auf 32 Prozent (2023). Am häufigsten sind Einpersonenhaushalte, deren Anteil von 30 Prozent (2014) auf 38 Prozent (2023) angestiegen ist. In Nord- und Osttirol ging der Anteil der Paare mit Kindern von 38 auf 34 Prozent zurück, während Einpersonenhaushalte von 33 auf 35 Prozent stiegen.
Geburtenentwicklung und Fruchtbarkeit
Die Geburtenzahl in Südtirol ist zwischen 2014 und 2022 von 5.517 auf 4.912 gesunken (-12,3 Prozent). Im benachbarten Welschtirol sank sie um 21,2 Prozent, während in Nord- und Osttirol die Zahl der Lebendgeborenen um 5,1 Prozent gestiegen ist. Die Gesamtfruchtbarkeitsziffer (GFZ) liegt in Südtirol bei 1,72 Kindern pro Frau – das ist er höchste Wert Italiens. Im Vergleich dazu liegt die GFZ in Nord- und Osttirol bei 1,54 und in Welschtirol bei 1,42.
Frühzeitige Unterstützung der Familien
Mit dem 2018 eingeführten Projekt „Willkommen Baby“ erhalten Eltern bei der Geburt ihres Kindes ein Willkommenspaket mit Kinderrucksack, Bademantel und Bookstart-Büchern. Zwischen 2014 und 2017 wurden 12.228 Bookstart-Pakete verschickt, zwischen 2018 und 2023 erhielten 28.026 Familien das Paket, weitere 14.919 das zweite Buchpaket.
Eltern-Kind-Zentren und Beratungsstellen
24 Eltern-Kind-Zentren und 22 Außenstellen werden finanziell unterstützt; zwischen 2014 und 2023 wurden hierfür insgesamt 14.125.500,22 Euro ausgezahlt. In Südtirol gibt es aktuell 15 Familienberatungsstellen, darunter fünf in Bozen und drei in Meran sowie jeweils eine in Brixen, Bruneck, Leifers, Neumarkt, St. Ulrich, Schlanders und Sterzing. Von 2017 bis 2023 wurden gezielte Präventionsprojekte mit insgesamt 2.815.984,30 Euro finanziert. Psychologisch-pädagogische Beratungen nahmen seit 2020 stark zu (+46,3 Prozent). Zwischen 2021 und 2023 fanden jährlich durchschnittlich 39.000 Beratungen statt.
Kinderbetreuung und Freizeitangebote
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird durch den Ausbau der Kleinkindbetreuung unterstützt. 2023 konnten rund 4.720 Kinder unter drei Jahren in Kindertagesstätten und bei Tagesmüttern betreut werden. Dies entspricht etwa 23,5 Prozent der Kinder dieser Altersgruppe. Die Zahl der Kindertagesstätten stieg in den vergangenen zehn Jahren um etwa 1.000 Plätze. Die finanziellen Beiträge für diese Einrichtungen verdreifachten sich zwischen 2014 und 2023.
Seit 2016 unterstützt die Familienagentur jährlich etwa 350 Projekte für außerschulische Betreuung mit Spiel-, Sport- und Freizeitaktivitäten. 2023 nahmen 36.023 Kinder und Jugendliche an insgesamt 403 Ferienangeboten teil. Dafür wurden 17,3 Millionen Euro bereitgestellt. Laut ASTAT-Erhebung (2023) sind 71 Prozent der Eltern mit diesen Angeboten zufrieden, während 29 Prozent noch mehr Betreuungsstunden wünschen.
Finanzielle Leistungen und Förderung der Familien
Die Familienagentur unterstützt Familien finanziell mit Landesfamiliengeld, Landeskindergeld sowie einmaligen Boni. Zwischen 2014 und 2023 wurden insgesamt 335 Millionen Euro an Landesfamiliengeld an rund 15.000 Familien jährlich ausgezahlt. Im Jahr 2023 betrugen die Gesamtausgaben für Landesfamiliengeld und Landeskindergeld 79,2 Millionen Euro. Der Entlastungsbonus zur Deckung erhöhter Energiekosten betrug im selben Jahr insgesamt 58,9 Millionen Euro.
Seit 2017 gibt es das Landesfamiliengeld Plus, welches Väter zur Elternzeit ermutigt. Mehr als 600 Väter nutzten bisher diese Leistung, mit durchschnittlich 1.300 Euro pro Vater.
Familienfreundliche Zertifizierungen und Vorteile
Seit 2014 können Unternehmen das Zertifikat „audit familieundberuf“ erwerben. Bis Ende 2023 wurden 104 Unternehmen zertifiziert. Zusätzlich startete 2021 das Audit FamilyPlus für Gemeinden, an dem sieben Pilotgemeinden teilnahmen. Lana erhielt 2024 ebenfalls diese Zertifizierung.
Zur finanziellen Entlastung der Familien wurde 2017 der EuregioFamilyPass Südtirol eingeführt. Ende 2023 sind 43.649 Abonnements aktiv, jährlich kommen rund 3.291 neue hinzu. Die 2021 eingeführte Großelternkarte wurde bis Ende 2023 insgesamt 4.645 Mal ausgestellt.
Laut einer weiteren ASTAT-Erhebung (2021) werden 65 Prozent der Familien bei der Betreuung ihrer Kinder von Großeltern unterstützt.
Herausforderungen und Perspektiven
Trotz vieler erfolgreicher Maßnahmen bleibt Handlungsbedarf, insbesondere bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Familienagentur plant, die Kinderbetreuung weiter auszubauen und Gehälter in Betreuungseinrichtungen zu verbessern. Diese Schritte sollen die Familienpolitik in Südtirol weiter stärken.
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