Vor 45 Jahren starb Dr. Hugo Gamper: Stets für sein Volk und seine Heimat bemüht

Die Erinnerung an seine Eltern und sein Vaterhaus waren ihm heilig. Niemand konnte daran rütteln. Voller Hochachtung bewunderte er stets den Einsatz und den Eifer von Generationen, die dem kargen Ultner Boden alles abgewannen, die ihre Hände in harter Arbeit keineswegs schonten, um den Nachkommen zu einem besseren Leben zu verhelfen.
Unermüdlicher Einsatz für die Heimat
Schon früh zeigten sich seine tiefe Verbundenheit zu Südtirol und sein unermüdlicher Einsatz für die Belange seiner Heimat. Dabei war für ihn die „Heimat“ keine modische Erscheinung oder eine populistische, bei Sonntagsreden einzusetzende Floskel. Hugo Gamper, ein starker Mensch und reich an Emotionen, verleugnete nie seine Wurzeln. Ferner wies er einen willensstarken Charakter auf; Falschheit und Oberflächlichkeit waren ihm ein Gräuel. Zudem verfügte er über ein gesundes Maß an taktischer Klugheit, die ihm sowohl juristisch als auch politisch weiterhalf. Er war zu keiner Zeit ein abgehobener Politiker, sondern ein Mann mit Rückgrat und Handschlagqualität. Mit beherztem Enthusiasmus setzte er sich für die Schwachen und Hilfesuchenden ein.
Seine Schul- und Studienzeit
Seine schulische Laufbahn begann am Gymnasium am Johanneum in Dorf Tirol, wo er eine solide humanistische Bildung erfuhr. Nach dem Abschluss seiner Schullaufbahn legte er seine Matura am angesehenen Beda-Weber-Gymnasium in Meran ab. Danach zog es Gamper an die Universität Padua, um dort Rechtswissenschaften zu studieren. Die Wahl dieser renommierten Hochschule zeugte von seiner Strebsamkeit und seinem Wunsch, eine fundierte juristische Ausbildung zu erhalten. Während seines Studiums vertiefte er sich in die komplexen rechtlichen und politischen Herausforderungen, denen Südtirol gegenüberstand, und entwickelte auf diese Weise ein tiefes Einfühlungsvermögen für die juristischen Feinheiten, die für seine spätere Laufbahn von ausschlaggebender Bedeutung sein sollten.
Sein Einsatz als Anwalt im Umfeld des Befreiungsausschusses Südtirol (BAS)
Nach erfolgreichem Abschluss seines Studiums begann Gamper 1957 seine berufliche Karriere in der Kanzlei von Roland Riz, einem bekannten Anwalt in Bozen. Diese erste berufliche Station bot ihm die Gelegenheit, wertvolle praktische Erfahrungen zu sammeln und seine juristischen Eignungen weiter zu schärfen. Bereits 1959 erhielt er seine Zulassung als Rechtsanwalt und begann, selbstständig zu praktizieren. In den folgenden Jahren machte er sich als Strafverteidiger einen Namen und war besonders in mehreren Prozessen involviert, die im Umfeld des Befreiungsausschusses Südtirol (BAS) stattfanden. Diese Gerichtsverfahren waren von großer politischer Brisanz und erforderten nicht nur juristisches Geschick, sondern auch moralische Standfestigkeit und Mut. Dr. Hugo Gamper bewies in diesen Fällen seine Begabung, auch unter großem Druck besonnen und entschlossen zu handeln und sich für seine Landsleute einzusetzen.
Im Bild Erster von rechts: Hugo Gamper war ein exzellenter Strafverteidiger – Foto: Familienarchiv Dr. Hugo Gamper
Familienmensch und Politiker Hugo Gamper
Doch Gamper war nicht nur ein leidenschaftlicher Anwalt, sondern auch ein weitsichtiger Familienmensch. 1963 heiratete er Gerda Ambach aus Kaltern, und das Paar wurde Eltern von Jörg, Birgit, Much und Gudrun. Trotz seiner beruflichen und familiären Verpflichtungen fand er stets Zeit, sich politisch zu engagieren. Sein Eintritt in die Südtiroler Volkspartei (SVP) war ein logischer Schritt für jemanden, der sich so stark mit seiner Heimat verbunden fühlte und bereit war, sich für ihre Autonomie und ihre Rechte einzusetzen. Die SVP spielte eine zentrale Rolle in der politischen Landschaft Südtirols, und Gamper trug maßgeblich zu ihren Aktivitäten bei.
Seine politische Karriere
Sein politischer Weg begann auf gemeindlicher Ebene, als er 1960 in den Gemeinderat von Ulten gewählt wurde. Diese Wahl markierte den Beginn einer beeindruckenden politischen Karriere, die ihn in immer höhere Ämter führen sollte. Bereits zwei Jahre später, von 1962 bis 1964, übernahm er das Amt des Bürgermeisters seiner Heimatgemeinde. In dieser Zeit setzte er sich mit Leidenschaft und großer Hingabe für die Belange seiner Mitbürger ein und festigte seinen Ruf als integrer und volksnaher Politiker. Seine erfolgreiche Arbeit auf kommunaler Ebene blieb nicht unbemerkt, und 1969 wurde er zum Vizebürgermeister der Stadt Bozen ernannt. Parallel dazu leitete er über viele Jahre hinweg die SVP-Ortsgruppe Bozen-Zentrum, wo er sich mit rastlosem Einsatz für die Anliegen der deutschsprachigen Bürger der Südtiroler Landeshauptstadt starkmachte. Volkstumspolitisch galt er bisweilen als unangenehme, warnende Stimme, die immer wieder aufs Neue vor dem ideologischen Verfall und halbherzig angegangenen Lösungen warnte.
1973 entschied sich Gamper, von seinem Amt als Bozens Vizebürgermeister zurückzutreten und sich auf eine neue Herausforderung zu konzentrieren: die Kandidatur für den Südtiroler Landtag und den Regionalrat Trentino-Südtirol. Mit seiner Wahl 1973 setzte er seine politische Arbeit auf einer neuen Ebene fort und konnte bedeutende Akzente setzen. Während seiner Amtszeit im Landtag und Regionalrat spielte er eine wesentliche Rolle in der politischen Gestaltung der Region und trug zur Förderung der Autonomie und der Rechte seines Heimatlandes und seiner Landsleute bei.
„Für mehr Recht, für mehr Freiheit, für mehr Tirol!“
Doch bereits drei Jahre später, 1976, zog er sich auch aus diesen Ämtern zurück, um sich einem noch größeren Ziel zu widmen: dem italienischen Parlament. Bei den Parlamentswahlen 1976 wurde Gamper in die Abgeordnetenkammer gewählt, wo er sich mit derselben Begeisterung und Unbeugsamkeit für die Interessen Südtirols und die Belange seiner Mitmenschen einsetzte, wie er es zuvor auf lokaler und regionaler Ebene getan hatte. In Rom erkannte er fortwährend die italienische Verschleppungstaktik hautnah mit. Er setzte sich um den Schutz der deutschen Sprache, aber auch für ihre Gleichstellung ein. Der viel zitierte „Ausverkauf der Heimat“ sorgte bei ihm sehr oft für Bauchschmerzen. Daher plädierte er für mehr Wachsamkeit, denn materielle Anreize, gesteuert durch die Apathie des Herzens und des Wesens, waren ihm fremd. Seine politische Karriere schien weiterhin steil bergauf zu gehen, als er 1979 abermals in die Abgeordnetenkammer gewählt wurde. Als zeitlos könnte man seinen letzten Wahlspruch „Für mehr Recht, für mehr Freiheit, für mehr Tirol!“ charakterisieren.
Hugo Gamper litt jedoch an der mangelnden Menschlichkeit, die in der Politik immer mehr einzog. Seine Befähigung, ein Netzwerk aufzubauen und diese Kontakte von der politischen auf die menschliche Ebene zu hieven, war vorbildhaft. Der einfache Ultner Bergbauernsohn wusste stets zu überzeugen; sein Wort hatte Gewicht, ob als Kammerabgeordneter oder als Strafverteidiger.
Gedenktafel – Foto: Jörg Gamper
Tod in den Bergen
Doch das Schicksal hatte andere Pläne. Keine zwei Monate nach seiner Wiederwahl, am 21. August 1979, starb Dr. Hugo Gamper während einer Wanderung in den Bergen, die er so liebte, an einem Herzinfarkt. Auf dem Pfunderer Höhenweg, nahe der Brixner Hütte, fand das irdische Dasein des Menschen mit unbeirrbaren Idealen und festen Grundsätzen ein tragisches Ende. Seine Familie, Freunde und politischen Weggefährten waren zutiefst erschüttert über den Verlust eines Mannes, der sein Leben dem Dienst an seiner Heimat gewidmet hatte. Und der Tod in seinen geliebten Tiroler Bergen war mehr als nur ein Beweis dafür, dass man in den Bergen Gott ein kleines Stück näher ist.
Bronzearbeit von Christian Stecher – Foto: Jörg Gamper
Seit 1982 erinnert ein Gedenkstein nahe der Brixner Hütte an Hugo Gamper, den leidenschaftlichen Rechtsanwalt, engagierten und couragierten Politiker und liebenden Familienvater. An der Stelle, an der er verstarb, befindet sich seit 2009 (aufgestellt 2010) zusätzlich und nebst dem Gedenkstein seiner Freunde auch noch eine Bronzearbeit des Künstlers Christian Stecher. Sein Vermächtnis lebt in den Herzen derer weiter, die ihn kannten und schätzten, und in den politischen Errungenschaften, die er für seine geliebte Heimat Südtirol erkämpfte. Dr. Hugo Gamper wird als ein Mann in Erinnerung bleiben, der mit unerschütterlichem Einsatz und tiefer Menschlichkeit die Geschichte Südtirols maßgeblich mitgestaltet hat.
von Andreas Raffeiner






