Nehammer-Video sorgt für Empörung – VIDEO

„Ich habe mit meinen Sozi-Freunden oder linken Freunden, das ist jetzt ein Euphemismus, könnt’s euch vorstellen, das sind keine Freunde (…)“, startet das Video, aufgenommen bei einem Besuch bei der ÖVP Hallein Ende Juli. Was folgt, ist eine Empörungsrede Nehammers vor Parteifreunden. Etwa über Frauen, die in Teilzeit arbeiten, obwohl sie keine Betreuungspflichten haben. Aber auch wenn es heiße, es gebe Kinder, die keine warme Mahlzeit bekämen, regt das den Kanzler auf: „Wisst’s was die billigste warme Mahlzeit in Österreich ist? Ist nicht gesund, aber sie ist billig: ein Hamburger bei McDonald’s“, so Nehammer. Die ÖVP bestätigte gegenüber Puls 24 die Aussagen des Kanzlers.
In dieser Diskussion dürfe man sich nicht verlieren. „Dann heißt das: Jeder Elternteil hat sein Kind beim Staat einzumelden, wir machen Kalorientabellen, wir schauen wie viel Essen kriegt das Kind, wie wird’s ernährt und dann sind wir in der DDR.“
„Ja, ja, ich bin bei dir, ich komm zu dem“, ruft der Kanzler einem Zuhörer zu, der die Rede unterbricht und meint, er habe kein Problem damit, wenn jemand 30 Stunden arbeite oder 20, aber „ohne Subventionen von uns allen, die fleißig arbeiten“. Nehammers Antwort: „Was ist in Österreich real? Real ist, über all das hab ich mich mit dir gar nicht unterhalten. Warum? Weil dann kommt nämlich die Gewerkschaft her und die Wirtschaftskammer her und sagt: ‚He, putz di, Sozialpartnerschaft, Sozialpartnerschaft!’“
Nehammer kritisiert Gewerkschaft
Die Gewerkschaft, die Nehammer im Video auch als größten Bremser bei der „Rot-weiß-rot“-Card bezeichnet, zeigt sich über die Rede des Kanzlers schockiert. „Die Sozialpartnerschaft hat einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung von Krisen geleistet, insbesondere durch Maßnahmen wie die Kurzarbeit. Die Behauptung des Kanzlers, dass die Sozialpartnerschaft ein Hindernis sei, ist für uns nicht nachvollziehbar. Sie ist ein Erfolgsmodell für unser Land und hat maßgeblich zu unserem Wohlstand beigetragen. Für uns sind die Aussagen des Kanzlers daher absolut unverständlich“, sagte Vizepräsidentin Korinna Schumann zur APA. Die Wirtschaftskammer wollte die Aussagen gegenüber der APA nicht kommentieren.
Vizekanzler lobt Regierungsarbeit
Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag auf das Video angesprochen, sagte Vizekanzler Werner Kogler er habe einiges von dem Video gehört, dieses aber noch nicht gesehen. „Ich werde mich dann ärgern, wenn ich es mir angeschaut habe, oder auch nicht.“ Kogler lobte hingegen die Regierungsarbeit, explizit das Paket gegen Kinderarmut. „Wenn das (Video, Anm.) jetzt Aufmerksamkeit erregt – möglicherweise berechtigt – dann ist doch ein guter Zeitpunkt für die Regierung und auch für den ÖVP-Teil, das was angekündigt wurde (…) beschleunigt anzugehen.“
Scharfe Kritik von FPÖ und SPÖ
Empörung machte sich davor schon auf Twitter (X) breit. „Die Österreicher haben einen Bundeskanzler verdient, der die Menschen respektiert, statt sie zu verachten“, schrieb SPÖ-Obmann Andreas Babler. Auch FPÖ-Chef Herbert Kickl kritisierte Nehammer scharf: „Immer dann, wenn Nehammer glaubt, unter Seinesgleichen zu sein, bricht bei ihm diese Mentalität durch, die man aus der Führungsmannschaft der ÖVP nur allzu gut kennt – Stichwort Pöbel! Ein Politiker, der derart empathielos, abgehoben, eiskalt und eine derartige Verachtung für die armutsgeplagten Menschen an den Tag legt, ist für den Job als Bundeskanzler ungeeignet.“
Klare Worte kamen am Mittwochabend auch von Caritas-Präsident Michael Landau. „In Österreich muss niemand verhungern oder im Winter erfrieren. Weil wir in der Geburtsortslotterie einen Haupttreffer gezogen haben. Aber wer sagt, dass in Österreich niemand hungert oder friert, hat von der Wirklichkeit der Menschen keine Ahnung“, schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst.
Kurz bevor das Video endet, gibt Nehammer dem Publikum noch eines mit: „Wir sind alle gelernte ÖVPler, wir wissen was Leiden heißt.“
APA/UT24






