dm will rezeptfreie Medikamente verkaufen – Gang zum VfGH

Der Verkauf rezeptfreier Medikamente ist seit 2015 auch in Online-Portalen österreichischer Apotheken möglich. Dass Drogerien keine rezeptfreien Medikamente verkaufen dürfen, ist für Mayer verfassungswidrig, weil es keinen sachlichen Unterschied gebe, der diese rechtliche Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte. Der Apothekervorbehalt verstoße demnach gegen den Gleichheitssatz. Mit dem Individualantrag wird nun eine Gesetzesprüfung angeregt. Dabei soll eine Reihe von Paragrafen, insbesondere im Arzneimittelgesetz, vom VfGH geprüft werden.
Bei dm erhofft man sich eine Umsatzsteigerung von bis zu 80 Mio. Euro pro Jahr. Die rezeptfreien Medikamente sollen im Drogeriemarkt so billig angeboten werden, dass sich jede Familie 100 Euro im Jahr sparen würde, meint dm-Geschäftsführer Harald Bauer. Außerdem will er für den Verkauf Pharmazeuten und eigens ausgebildete Drogisten einstellen.
Die Apotheker, die übers Internet rezeptfreie Medikamente verkaufen dürfen, bieten begleitend zum Onlineverkauf eine Beratungsmöglichkeit an. Dies wolle auch dm so umsetzen, indem nämlich in den Filialen oder beim Online-Verkauf eine Gratishotline mittels Telefon oder Internet zu einem Pharmazeuten eingerichtet wird. Dann werde dieselbe Beratungsqualität wie von Apothekern gewährleistet, erläutert dm-Sprecher Stefan Ornig auf APA-Anfrage.
Derzeit darf dm nur sogenannte „Nahrungsergänzungsmittel“ verkaufen, nicht einmal eine Fußpilz-Creme ist im Sortiment erlaubt. Der nun angepeilte Markt der rezeptfreien Arzneimittel ist in Österreich laut Ornig etwas unter 300 Millionen Euro schwer. Würde ein Drittel davon auf dm entfallen, wären dies 100 Millionen Euro. Da dm die Produkte um 20 Prozent billiger als der Apothekenpreis anbieten will, würde sich ein jährlicher Mehrumsatz von 80 Mio. Euro für dm ergeben, rechnet Ornig vor.
Der Präsident der Österreichischen Apothekerkammer, Max Wellan, warnt indes „vehement“ vor einem Verkauf von Arzneimitteln außerhalb von Apotheken. In einer von der Drogeriemarktkette dm nun geforderten Freigabe des Verkaufs von rezeptfreien Arzneimitteln sieht er eine Wettbewerbsverzerrung und eine Gefahr für die Gesundheit. Auch für die Versorgung wäre eine Marktöffnung „langfristig ein Problem“.
Beim Online-Verkauf von Medikamenten, der derzeit nur von Apotheken betrieben werden darf, haben diese laut Wellan die Pflicht, aktiv nachzufragen, wenn sie Gesundheitsrisiken vermuten. Das sei mit der von dm geplanten Möglichkeit einer Hotline zu einem Pharmazeuten beim Verkauf in Drogerien gar nicht vergleichbar.
Bei jedem fünften Aspirin-Verkauf ergebe sich im Gespräch, dass es im konkreten Fall des Käufers falsch angewendet würde, erläutert Wellan im Gespräch mit der APA. „Fragen Sie dann an der dm-Kassa nach bei Unverträglichkeiten, Schwangerschaft oder wenn sie morgen einen Zahnarzttermin haben, ob sie das Medikament einnehmen können?“ Wenn die Medikamente in der Drogerie verkauft würden, die Beratung aber dann erst in der Apotheke erfolgen müsse, weil die Kassierin eben keine Pharmazeutin sei und die Fragen nicht beantworten könne, wäre das für den Apothekerkammer-Chef „Beratungsdiebstahl“.






