Willkürliche Freisprengung für neue Deponie?

Jeder der in den vergangenen Tagen ins Sarntal gekommen ist, hat sich über den gerodeten Tanzbach-Felsen an der Einfahrt zur Gewerbezone Locher gewundert. Für die einen stellt dieser nur einen der vielen Felsen im Sarntal dar, für andere ist er ein Naturdenkmal oder zumindest ein Wahrzeichen. So auch für Gebhard Locher, Unternehmer in der Gewerbezone Locher. Als er vor über 18 Jahren seinen Betrieb errichtet hat, war jeder kleine Eingriff an diesem Felsen für die Landschaftsschutzkommission tabu. Umso mehr wundert er sich, dass nun der Sarner Bürgermeister eine Verfügung zum Abbruch des Felsens erlassen hat. Sein Erstaunen über die Verfügung und die beinahe bereits erfolgte Sprengung ist umso größer, als dass ein Teil des Felsens sein Eigentum ist. Auch beim Bürgermeister hat er sich über den Grund der Sprengung erkundigt. Die Auskunft verwunderte: Es sei Gefahr in Verzug und der Felsen müsse gesprengt werden. Ein Gutachten würde belegen, dass der Felsen eine unmittelbare Gefahr für die Straße und das unterhalb gelegene Gebiet darstelle.
Sarner Bürgermeister: "Ein ganz normales Vorgehen!"
Nachfragen haben ergeben, dass bisher weder Anrainer noch die Straßenverwaltung im Felsbrocken eine Gefahr gesehen hätten und diesbezüglich auch nie interveniert hatten. Die Kostenschätzung für die Entfernung des Felsens, beläuft sich in einem von der Firma Kröss in Auftrag gegebenen Gutachten auf 88.000 Euro.
UT24 hat den Bürgermeister der Gemeinde Sarntal, Christian Albert Reichsigl, kontaktiert und um eine Stellungnahme gebeten. Dieser bestätigte den geplanten Abbruch von Gesteinsmassen. Es sei ein ganz normales Vorgehen, so Herr Reichsigl. Ein Sarner Unternehmen, die Baufirma Kröss, hätte Interesse bekundet, ein Gewerbegebiet zu errichten. Eine vom selben Unternehmen in Auftrag gegebene Studie sei zum Schluss gekommen, dass ein Teil der Gesteinsmassen eine Gefahr für die bestehende Gewerbezone Locher sowie für den geplanten Neubau darstelle. Die Baufirma Kröss führe die Abbrucharbeiten in Eigenregie durch und würde auch die entstehenden Kosten selbst tragen.
Spekulationen über Gefälligkeit
Hinter vorgehaltener Hand spricht man im Sarntal von einer wohlkalkulierten Gefälligkeit. Die Baufirma Kröss, also die Auftraggeberin des Gutachtens, der ein neben dem Felsen liegendes Grundstück gehört, möchte dort eine Deponie errichten. Es gibt dabei aber zwei Hindernisse. Zum einen den Felsen, der die Zufahrt versperrt, zum anderen die rote Gefahrenzone, die der Felsen verursacht. Wäre der Felsen weg, hätte das Grundstück der Baufirma Kröss eine nutzbare Zufahrt und das absolute Bauverbot wäre aufgehoben.
Gebhard Locher ärgert diese Vorgangsweise. Einerseits weil ein weiteres geologisches Gutachten beweist, dass die Sprengung mehr Schaden als Nutzen anrichten würde. Sämtliche Infrastruktur, die zu seinem Türenwerk geht, sei laut diesem Gutachten durch die Sprengung in Gefahr. Andererseits sei er als Miteigentümer des Felsens aufgrund der angeblichen aber objektiv nicht nachweisbaren Dringlichkeit auch nicht über die Beseitigung informiert worden. Auch dass die Gemeindeverwaltung nun aus scheinbarer Gefälligkeit einen offensichtlich willkürlichen Notfall herbeiredet, sei nicht akzeptabel.
Verwaltungsgericht hat Einstellung der Bauarbeiten verfügt
Der Argumentation von Gebhard Locher konnte jedenfalls das Bozner Verwaltungsgericht am vergangenen Mittwoch etwas abgewinnen. Und hat die Einstellung der Bauarbeiten verfügt. Indes ist Gebhard Locher sogar noch einen Schritt weitergegangen und hat eine Unterschriftenaktion für den Erhalt seines Naturdenkmals und Sarner Wahrzeichens ins Leben gerufen.
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