Briefmarken verschwinden aus den Trafiken
Einem UT24-Leser widerfuhr dies in Bozen gleich in fünf Trafiken in Folge. So seltsam es klingt, bedarf es einer Anstrengung, um in einer größeren Stadt wie Bozen an eine Briefmarke zu kommen. Allenfalls gibt es einige Restbestände, oftmals nur über Beträge für Spezialsendungen.
Die Kunst, einen Brief zu versenden
Nun stand der UT24-Leser vor der Frage: Wie kann ich meine Sendung aufgeben? Eine Möglichkeit, ohne Briefmarke einen Brief zu verschicken, bietet das Post- und Telegrafenamt. Hier wird nicht frankiert, sondern nur gestempelt.
Dafür gilt es, sich für einen Brief in der langen Warteschlange am Pfarrplatz einzureihen. Neben den gesalzenen Portos der italienischen Post – die teuersten in ganz Europa – zahlt der Kunde auf dem Postamt noch zusätzlich eine Bearbeitungsgebühr von fünf Cent auf jeden Brief, den er aufgibt.
Der Rückzug der Trafikanten
Fragt man nach dem Ausstieg der Trafikanten aus dem Briefmarkengeschäft, so ergibt sich bald ein umfassenderes Bild. Der Bestellvorgang ist an sich einfach, jedoch müssen die Markenbögen per Vorkasse beglichen werden. Der Erlös fällt schwindend gering aus; fünf Prozent des Nennwerts kann der Trafikant davon einstreichen. Angesichts der kleineren Menge an Briefmarken, die heutzutage über den Ladentisch gehen, ist das schlicht kein ertragreiches Geschäft mehr.
Alternativ müssen die Trafikanten die Bögen auf dem Postamt einkaufen. Das heißt wiederum: Schlange stehen und womöglich leer ausgehen, weil das Amt nicht ausreichend Bögen lagernd hat. Vor allem in Zeiten der Pandemie und während der Lockdowns ein für die Trafikanten untragbares Unterfangen.
2013 kam es übrigens schon einmal zum völligen Briefmarken-Aus in Bozen: Die Post hatte die Tarife erhöht und konnte kurzfristig keine Marken über die entsprechenden Werte nach Bozen liefern. Die Verbraucherzentrale erstattete Anzeige. Seit diesem Fiasko bedruckt die Post die Marken nur mehr mit Tarif-Bezeichnungen: „A2“, „B1“ etc. Das soll bei künftigen Teuerungen keinen Neudruck mehr erforderlich machen, so die Überlegung dahinter.
Die Zukunft der italienischen Post in Südtirol
Zugegeben – in der heutigen Zeit der E-Mails und Messenger-Dienste ist der Stellenwert des gewöhnlichen Briefes nicht mehr der von einst. Dennoch drückt ein Brief nach wie vor mehr Formalität als ein E-Mail aus – etwa bei juristischen Korrespondenzen. Das Versenden von amtlichen Unterlagen oder handsignierten Dokumenten, aber auch von Ansichts- und Glückwunschkarten ist noch lange nicht ausgestorben.
Das Postwesen gehört eigentlich zur Grundversorgung eines Staates. Dennoch muss das Land Südtirol – so absurd es klingt – der italienischen Post jährlich 3,2 Millionen Euro überweisen, damit sie überhaupt den grundlegenden Dienst gewährleistet. Übrigens erzielten die „Poste Italiane SpA“ im Jahr 2019 einen Nettogewinn von 1,34 Milliarden Euro.
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