von hm 21.04.2021 14:07 Uhr

Der „Corona-Knick“: Wo die Geburtenzahlen eingebrochen sind

Die Corona-Pandemie hat vorerst zu einem teils deutlichen Geburtenknick in vielen Staaten geführt. Das zeigt eine am Mittwoch präsentierte Studie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). In keinem einzigen der untersuchten Länder in der ganzen Welt sind die Geburtenzahlen neun Monate nach Ausbruch der Pandemie bis Jahresbeginn 2021 gestiegen – zum Teil gab es sogar deutliche Einbrüche.

Der Baby-Boom in der Pandemie blieb aus. (APA/dpa)

Im Detail verliefen die Entwicklungen unterschiedlich – teils wurden bereits bestehende Tendenzen rückläufiger Geburten verstärkt, teils kam es zu abrupten Einbrüchen. Am stärksten war der Geburtenrückgang dabei in jenen Staaten, die in der ersten Welle der Pandemie zunächst hohe Infektionszahlen und Todesfälle zu beklagen hatten – etwa Spanien und Italien.

In Spanien betrug der Geburtenrückgang sowohl im Dezember 2020 als auch im Jänner 2021 20 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr davor, Italien kam im November 2020 (letzte verfügbare Zahl) auf minus acht Prozent. In beiden Staaten waren bereits vor Corona Geburtenrückgänge zu verzeichnen, allerdings bei Weitem nicht in diesem Ausmaß.

In Österreich entsprach die Entwicklung ziemlich genau dem durchschnittlichen Trend aller analysierter Staaten: Vor Beginn der Auswirkungen der Pandemie gab es leicht rückläufige Geburten, ab November 2020 dann einen stärkeren Abfall (zunächst minus vier, dann minus 5,5, Prozent).

Auffällig: Geburtentechnisch keinen Einfluss hatte Corona auf Dänemark, Finnland und Norwegen. Dort blieben die Geburten stabil. In Ungarn etwa wuchsen die Geburtenzahlen bis ca. neun Monate nach Beginn der Pandemie an – im November 2020 stagnierten sie dann, um im Dezember (minus acht Prozent) und Jänner (minus zehn Prozent) abzustürzen.

Ursachenforschung

Tomáš  Sobotka, Leiter der Forschungsgruppe „Fertilität und Familie“ am Institut für Demographie der ÖAW, führt den Geburtenknick auf mehrere Faktoren zurück. Einerseits habe dies ökonomische Gründe, die in manchen Staaten aufgrund sozialer Sicherungssysteme besser und in anderen weniger stark abgefedert werden.

Andererseits gebe es natürlich auch gesundheitliche Motive – etwa wenn Frauen Angst davor haben, während einer Infektion schwanger zu werden oder sich im Krankenhaus anzustecken. „Lockdowns machen es zudem für einige jüngere Paare schwieriger, sich zu treffen und intime Beziehungen zu führen“, so Sobotka. Außerdem könnten sich Paare mit Kindern aufgrund eingeschränkter Kinderbetreuungsmöglichkeiten durch Großeltern von weiterem Nachwuchs abschrecken haben lassen.

Die Zukunftsaussichten

Auch künftig könnte die Pandemie noch Nachwirkungen auf die Geburtenzahlen haben, vermutet Sobotka. In manchen Staaten würden Frauen schon jetzt ihre Kinder erst spät bekommen. Für diese könnte ein Nachholen des Kinderwunsches nach der Pandemie zu spät kommen.

 

(APA/UT24)

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