Ein Blog von

Georg Dekas

03.07.2020

Aus für Negerhütte. Zu dumm.

Foto: Hans Maulwurf/Google

Negerhütte war gestern. Capanna nera ist die Zukunft. Wie der virtuelle Moralismus die Fundamente der politischen Selbständigkeit Südtirols untergräbt.

Seit den jüngsten Unruhen in den USA glauben viele junge Deutsche wieder einmal, auf der richtigen Seite zu stehen. Ein gewisser Kerschbaumer entdeckt die Negerhütte in den Dolomiten und klemmt das Bild in die Socials. Weg mit dem Namen, shitstormen deutsche Fans. Auch gut, sagen die Besitzer. Dann heißt unsere Hütte ab jetzt einfach nur noch Capanna Nera. Deutsch in Südtirol? Das war gestern.

Der bittere Witz ist, die Negerhütte hat gar nichts mit Afrika oder USA zu tun. Es ist die gewohnheitsmäßige Eindeutschung eines uralten romanischen Wortes, lange bevor es Smartphones gab. Nur weiter so, ihr kleinen Eiferer! In Südtirol gibt es noch eine Nigerhütte, einen Nigerpass, der seit 1858 sogar als Nigger (!) im Grundbuch stehen soll. Auf die postenden Biedermänner*innen wartet gewiss noch viel Arbeit. Dabei heißt „neigher“ im ladinischen Lokaldialekt ganz einfach schwarz – so wie der bosch neigher (Schwarzer Wald), die Crepa neigra (Schwarze Spitz) und viele solcher anschaulichen Bezeichnungen mehr. (Danke an den Sprachforscher C. Kollmann für die Hinweise.)

Die Besitzer der Neigher-Hütte scheinen mit Geschichte und Kultur wenig am Hut zu haben, dafür sind sie aber sehr wendig im Marketing. Sonst hätten sie wennschon einem ladinischen Namen die Ehre gegeben, allein schon deswegen, weil unsere alpine Tradition etwas Schönes und Kostbares ist. Leider geht die Entscheidung der Hüttenwirte weit über kulturelle Geschmacksfragen und weit über die gerade wütende Scheinmoral hinaus. Sie deutet darauf hin, dass man in Südtirol die deutsche und ladinische Eigenart ganz schnell und bedenkenlos wegwirft, wenn gerade einmal ein raues Lüftchen weht. Dem italienischen Gast und noch vielmehr dem italienischen Staat wird’s recht sein. Minoranza linguistica? Dove? Chi? Allora lo statuto non serve più! Südtiroler, ist das die Zukunft, die ihr wollt?

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  1. Adlerhorst
    11.07.2020

    Höchste Zeit für eine Neuauflage von Felix Mitterers ” Piefke Saga “. Für das liebe Geld verkaufen wir Südtiroler die Seele!!! Ich schäme mich für ein so geldgeiles Volk !!!

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