Südtiroler Heimatbund

21.06.2020

Herz-Jesu-Feiern 1920: Verbote, Schikanen, Verhaftungen

Vor hundert Jahren begann die Unterdrückung.

Bild aus dem Jahre 1946. Aus dem Jahr 1920 gibt es leider keine Fotos.

Die alljährlichen Herz-Jesu-Feiern Tirols gehen auf eine alte Tradition zurück. Am 1. Juni 1796 hatten die Tiroler Landstände den Beschluss gefasst, angesichts der drohenden Kriegsgefahr das Land mit einem Gelöbnis dem „Heiligsten Herzen Jesu“ anzuvertrauen und zu versprechen, in aller Zukunft das Fest des göttlichen Herzens Jesu als Festtag zu begehen.

Dieses Gelöbnis hatte damals einen großen Zustrom von Freiwilligen zu den Waffen hervorgerufen, die das Land erfolgreich verteidigen konnten.
Andreas Hofer hatte 1809 vor der Bergisel-Schlacht dieses Gelöbnis wiederholt.

Bis heute werden in Südtirol jedes Jahr am dritten Samstag oder Sonntag nach Pfingsten zur Bekräftigung des Bundes Tirols mit dem Herzen Jesu außer den Gottesdiensten auch Höhenfeuer entzündet und Prozessionen abgehalten. Die Höhenfeuer stehen in der Tradition der früheren „Kreidfeuer“, mit denen das Landesaufgebot zu den Waffen gerufen wurde, sowie der Sonnwendfeuer.

Aus dieser Geschichte ergibt sich, dass die Herz-Jesu-Feiern sowohl ein religiöses Bekenntnis, wie auch eine Bekundung des Freiheitswillens des Landes sind.

  • Es gibt leider keine Fotos der nächtlichen Herz-Jesu-Feuer aus dem Jahre 1920. Dieses Bild zeigt die Feuer der Herz-Jesu-Nacht des Jahres 1946 über Bozen, als eine ähnliche Stimmung der Sehnsucht nach Freiheit im Lande herrschte.

1920: Rom fürchtet einen Volksaufstand in Südtirol

Während des Ersten Weltkrieges hatten keine Herz-Jesu-Feiern stattgefunden. Da hatte es andere Höhenfeuer gegeben: Granateinschläge, brennende Gehöfte und Dörfer. Wer noch fähig war, Berge zu ersteigen, kämpfte für den Erhalt der Heimat.

Nachdem 1919 Österreich den aufgezwungenen Friedensvertrag in St. Germain unterzeichnen hatte müssen, war in Südtirol Verzweiflung ausgebrochen, vor allem, da die italienische Regierung nicht bereit war, Südtiroler Autonomieforderungen entgegen zu kommen.
Als nun im Juni 1920 erstmals wieder Herz-Jesu-Feiern abgehalten werden sollten, fürchtete die Regierung in Rom einen Südtiroler Volksaufstand.
Am 14. Juni 1920 fand in der Bozener Pfarrkirche ein feierlicher Gottesdienst statt. Die italienischen Behörden hatten den Teilnehmern das Mitführen von Fahnen verboten. An der Talferbrücke stand eine Infanteriekompanie mit Maschinengewehren bereit und in der ganzen Stadt patrouillierten schwerbewaffnete Carabinieri.
Am Abend waren alle Höhenzüge von tausenden Feuern erleuchtet. Es blieb aber in ganz Südtirol alles friedlich.

Wie die Bozener Tageszeitung „Der Tiroler“ am 17. Juni 1920 meldete, war es in mehreren Orten Südtirols zu behördlichen Schikanen gegen Prozessionen und Festumzüge gekommen. Die Zeitung berichtete: „Verbot um Verbot wurde aus den Trientiner Kanzleien nach Südtirol herausgespien. Das Führen von Fahnen in den Landesfarben, Pöllerschießen, Musik, Prozessionen, ja an einem Ort sogar die Abhaltung des feierlichen Gottesdienstes – wurden von den Carabinieri untersagt.“ Die Carabinieri hätten vielfach gegenüber der Bevölkerung erklärt: „Wir sind Carabinieri und können tun, was wir wollen.“ Sie nahmen zahlreiche willkürliche Verhaftungen vor und misshandelten auch die Festgenommenen, wogegen in Tramin an die 2.000 Bürger protestierten. Dabei kam es zu neuen Verhaftungen.

Die Verhafteten wurden mit Ketten aneinander gehängt und nach Trient gebracht. Im September und im Dezember 1920 wurden dort 18 Traminer und 4 Branzoller wegen angeblicher „Revolte“ zu Kerkerstrafen von mehreren Wochen bis mehreren Monaten verurteilt. Der Staatsanwalt hatte gegen die „Südtiroler Pangermanisten“ gewettert und das Gericht hatte offenbar seine Ansichten geteilt.
Rom hatte – noch vor Beginn der faschistischen Herrschaft – gegenüber den Unterworfenen seine Macht demonstriert. Der Weg in eine lange Zeit des Leidens war eröffnet.

Wer darüber noch mehr lesen will, findet weitere Informationen auf der Internetseite des „Südtirol-Informationsdienstes“ (SID).

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