von su 19.06.2019 14:35 Uhr

Öffentlicher Dienst – Breite Gräben

Die Verhandlungen im öffentlichen Dienst stocken. Die Vorstellungen zwischen der öffentlichen Delegation und den Gewerkschaften gehen noch weit auseinander. Das AFI hat die Vorschläge analysiert und ein Fallbeispiel gerechnet.

Der Silvius-Magnago-Platz in Bozen. (Bild: UT24/su)

AFI-Direktor Stefan Perini schickt das Ergebnis seiner Bewertung voraus:

• Dass der wirtschaftliche Aufschwung im letzten Jahrzehnt an Südtirols Arbeitnehmern vorbeigegangen ist, dürfte inzwischen hinreichend bekannt sein. In besonderem Maß gilt das für die öffentlich Bediensteten in Südtirol.
• Der aktuelle Vorschlag der öffentlichen Delegation ist nicht konform mit den Richtlinien der Landesregierung.
• Das Urteil des Verfassungsgerichts 178/2015 sagt eigentlich das Gegenteil davon, was die öffentliche Delegation vorgibt. Es sagt nämlich, dass ein Lohnstopp eine zeitweilige Maßnahme sein kann, aber nicht unbegrenzt gelten darf. Konkret fordert das Verfassungsgericht vom Staat ein, die Kollektivverhandlungen im öffentlichen Dienst wiederaufzunehmen. Weiter noch, dass die finanzielle Schieflage des öffentlichen Haushalts nicht auf nur eine gesellschaftliche Kategorie – die der öffentlichen Bediensteten – lasten darf. Stefan Perini: „Objektiv betrachtet spielt das Urteil des Verfassungsgerichts den Gewerkschaften sogar in die Hände.“

Verhandlungen seit Montag in fünfter Runde

Wie bekannt gingen die kollektivvertraglichen Verhandlungen im öffentlichen Dienst am Montag dieser Woche in die fünfte Runde. Auf dem Tisch lagen ein Vorschlag der öffentlichen Delegation und ein konkretes Forderungspapier der Gewerkschaften.

Die Richtlinien der Landesregierung geben vor, dass in der Festlegung der Entlohnungen der Schutz der Kaufkraft der Gehälter, unter Berücksichtigung der allgemeinen Entwicklung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes sowie der grundlegenden Bestimmungen der wirtschaftlich–sozialen Reformen zu berücksichtigen sind.

Und das sind die Zahlen: Zwischen 2010 und 2018 ist das Bruttoinlandsprodukt in Südtirol real um +10,0% gestiegen, die Zahl der Erwerbstätigen um +7,9% und die Lebenshaltungskosten um +16,0%. Der Grundlohn eines öffentlich Bediensteten ist im selben Zeitraum, abhängig von der Funktionsebene, nominell zwischen +5,6% und+2,9% gestiegen, was real einer Abnahme von -10,4% bis -13,1% entspricht.

 

Der Vorschlag der öffentlichen Delegation

Die öffentliche Delegation geht von den geltenden Lohntabellen (Stand Mai 2017) aus. Vorgeschlagen werden folgende Lohnerhöhungen: +1,5% für 2019, +1,6% für 2020 und +1,7% für 2021.

Es handelt sich hier um die geschätzten Inflationsraten für Südtirol für die entsprechenden Jahre. Darüber hinaus: höhere Einstiegsgehälter, Aufstockung des Leistungsfonds, Neuregelung der Koordinierungszulagen, Gewährung einer Zulage bei Besitz eines höheren Zweisprachigkeitsnachweises als von der jeweiligen Funktionsebene vorgesehen, Anhebung von „fringe benefits“ wie z.B. Essensgutscheine auf 7 €.

Die Forderungen der Gewerkschaften

Die Gewerkschaften fordern mit Verweis auf die Richtlinien der Landesregierung einen flächendeckenden, einmaligen Lohnsprung von 10% auf die geltenden Lohntabellen.

Unter dieser Bedingung akzeptieren sie den Vorschlag der öffentlichen Delegation betreffend die Gehaltsentwicklung für den Zeitraum 2019-2021 (2019: +1,5%, 2020: +1,6%, 2021: +1,7%).

Allfällige Abweichungen zwischen programmierter und effektiv gemessener Inflation sind allerdings noch vor Ablauf des Vertragszeitraumes auszugleichen.

Das Fallbeispiel

Das AFI hat nachgerechnet, was die verschiedenen Vorschläge konkret für einen öffentlich Bediensteten der 6. Funktionsebene bedeuten. Die im April 2010 definierten Lohntabellen (Jahres-Bruttolohn) wurden am 1. Juli 2016 ein erstes Mal um 480 € brutto angehoben, ab 1. Mail 2017 ein weiteres Mal, immer um 480 € brutto.

Dem Vorschlag der öffentlichen Delegation entsprechend würde ein öffentlich Bediensteter im Jahr 2021 auf einen Jahres-Grundgehalt von 30.105,39 € kommen. Würde der Grundlohn den Südtiroler Lebenshaltungskosten folgen, müsste er im Jahr 2021 bei 33.638,81 € liegen.

Geht die gewerkschaftliche Forderung durch, kommt der öffentlich Bedienstete auf 33.115,93 €. Fazit: Zwischen den Vorstellungen der beiden Seiten liegen rund 3.000 € brutto.

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