von dege 14.06.2015 19:09 Uhr

Le Corbusier und das Klimahaus

Im ersten Teil (Faszination Faschismus) haben wir über die Sympathien des großen Architekten der Moderne für Mussolini, Hitler und Marschall Petain berichtet. In diesem zweiten Teil bringen wir einen Ausschnitt aus Le Corbusiers städtebaulicher Doktrin von 1930 - Ideen mit Zukunft, aber nicht unbedingt gemütlich.  Teil 2 Le Corbusier und das Klimahaus Le Corbusier war nicht nur ein genialer Baumeister und Künstler, sondern auch ein weit voraus blickender Geist. Schon Ende der zwanziger Jahre hatte Le Corbusier einen Plan für Paris. Er wollte die halbe Stadt abreißen und die neue Stadt nach „Maß des Menschen“ verwirklichen. (Wohl eher ein Unmaß, siehe Bild unten. In seiner „Strahlenden Stadt“ nimmt er die Idee des Klimahauses vorweg. Nicht der Gedanke der Energieeinsparung lenkt ihn, sondern die Vorstellung der totalen Unabhängigkeit von natürlichen Störungen, Wechseln und Belastungen. Der Mensch soll um sich herum ein perfekt temperiertes Klima schaffen, eine von der Technik geschaffene Lebenswelt ohne Hitze und Kälte, in immer gleich bleibender lichtvoller Umgebung. Das beschreibt er so:  
Villa Savoye von Le Corbusier - die Moderne - Foto: wikimedia.org/Valueyou/cc

„Vielzahl von Klimazonen, Spiel der Jahreszeiten, Bruch mit angestammten Bräuchen, Unordnung und das Martyrium des Menschen – ich suche das Heilmittel, ich suche die Konstante; Ich finde die menschliche Lunge. Mit Anpassungsvermögen und Verstand lasst uns der Lunge jene Konstante geben, welche die Voraussetzung für ihre Arbeit ist: exakte Luft.

Lasst uns exakte Luft herstellen: Filter, Trockner, Befeuchter, Desinfektionsgeräte. Maschinen kindisch einfacher Machart. Schicke exakte Luft in die Lungen der Menschen, zu Hause, in der Werkhalle, im Büro, im Club und im Hörsaal: Ventilatoren, so oft verwendet, aber oft so schlecht gebraucht!

Lasst uns dem Menschen Sonnenstrahlen schenken, die All-Glas-Fassaden durchdringen. Das wird zu heiß im Sommer und schrecklich kalt im Winter! Lasst uns „neutralisierende Wände“ einbauen (und Sonnen-Kontrolle).” (aus: Le Corbusier, The Radiant City: Elements of a Doctrine of Urbanism to be Used as the Basis of Our Magine-Age Civilization (1933), pg. 42).

Es ist unschwer zu erkennen, dass hier die Grundzüge des Klimahauses beschrieben werden. In diesen Vorstellungen tritt aber auch der totalitäre Zug dieser Städtebau-Doktrin „unseres Maschinen-Zeitalters“, wie Corbusier schreibt, offen zutage. Doch wir schreiben das Jahr 2015. Und die Ideen von Le Corbusier haben eine durchschlagende Verbreitung und Anwendung gefunden. Ganz unabhängig von seinen politischen Ansichten und dem Geist der 1930er Jahre. Man kann in einem Le Corbusier-Sessel sitzen, ohne dabei an den französischen Faschismus denken zu müssen. Aber manchmal ist es ratsam, die Wege des Geistes nachzuvollziehen und ihre Ursprünge zu beleuchten, ohne sie in schnelle Schubladen zu stecken.

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