Aufschrei in Afing nach abgelehnter Volksbefragung

Bei der Abgabe der Unterschriften am 3. Oktober 2016 wurde die Afinger Bürgerinitiative nicht über die bereits beschlossene Ausstellung der Baukonzession informiert – im Gegenteil: Paul Romen machte die Bürgerinitiative darauf aufmerksam, dass er die Unterschriften kontrollieren und sich ein Bild von der Sachlage machen müsse. Ein halbes Jahr Bedenkzeit brauche er dafür. Bereits am Tag darauf stellte er die Baukonzession für das private Bodenverbesserungskonsortium JeKon aus. Da auf die 234 Unterschriften von 2016 bis heute nicht eingegangen wurde, leitete das Promotorenkomitee eine Volksbefragung ein. Die zuständige Kommission lehnte sie ab. Daher zog man vor Gericht. Dieses lehnte das Begehren mit der Begründung ab, dass eine Volksbefragung nicht nur Jenesien betreffe. Die 30 Kilometer umfassende Trasse führe auch durch Sarner und Terlaner Gemeindegebiet. Das Gericht verurteilte das Promotorenkomitee jetzt zur Zahlung der Anwaltskosten der Gemeinde Jenesien in der Höhe von 13.800 Euro.
Das Promotorenkomitee habe sich für das Wohl des ganzen Dorfes eingesetzt, sagt der enttäuschte Vorsitzende Toni Höller. Jetzt müsse man dafür auch noch zahlen. Als oberster Zivilschützer sei der Bürgermeister in erster Person für den Schutz des Dorfes Afing zuständig. Aber anstatt sich um das Gesamtanliegen der größten Fraktion seiner Gemeinde zu kümmern, scheint es, dass Paul Romen und seine Assessoren ausschließlich die Privatinteressen des Bodenverbesserungskonsortium JeKon verfolgen. Zwei Assessorinnen stammen zudem aus der betroffenen Fraktion Afing. Sie haben die Petition mit ihrer Unterschrift ursprünglich unterstützt, sich im Nachhinein aber nicht mehr für die Bürgerinteressen ihres Dorfes stark gemacht.
Die Geschichte
Im Frühjahr 2018 hat sich in Afing ein neunköpfiges Promotorenkomitee gebildet. Es wollte die Gemeindeverwaltung von Jenesien und das private Bodenverbesserungskonsortium JeKon mit einer Volksbefragung davon überzeugen, ein kleines Teilstück der fast 30 Kilometer umfassenden Druckwasserrohr-Leitung von Sarntal nach Jenesien unterhalb des Dorfes Afing zu verlegen. Diesem Wunsch waren zwei Jahre vorausgegangen, in denen die engagierten Afinger Bürger vielfach versucht hatten, Bürgermeister und JeKon zur Verlegung der Bewässerungsleitung unterhalb ihrer Wohnsiedlung zu bewegen. Am 3. Oktober 2016 hinterlegten sie bei Bürgermeister Paul Romen eine Petition mit 234 Unterschriften und forderten ihn darin auf, sich für diese Verlegung einzusetzen. Bei den 234 Unterstützern handelt es sich um mehr als 90 Prozent der betroffenen Afinger Bevölkerung über 16 Jahre. Keiner von ihnen ist bbis heute von seiner Unterschrift zurückgetreten. Inzwischen ist bekannt, dass der Bürgermeister von Jenesien aber bereits am Tag nach der Überbringung der Unterschriften – am 4. Oktober 2016 – die Baukonzession für die Wasserleitung ausstellte. Der Bürgerinitiative sagte er, er müsse überlegen und wolle innerhalb von sechs Monaten Bescheid geben. Bis heute hat er mit keinem Wort auf die Unterschriften reagiert. Da der Bürgermeister und die Verantwortlichen des Betreiberkonsortiums JeKon mit weiteren Verzögerungen taktierten, strebte das Promotorenkomitee im Frühjahr 2018 eine Volksbefragung in Afing an. Auf das Ergebnis einer Volksbefragung müsse der Bürgermeister reagieren, teilten die Initiative für mehr Demokratie und die Volksanwaltschaft der Bürgerinitiativgruppe von Afing mit. In der abgegebenen Fragestellung ging es ausschließlich um den zu verändernden Trassenverlauf oberhalb des Dorfes Afing und des Weilers Enterbach-Pockschien. Obwohl Volksbefragungen ein Bürgerrecht sind und im vorliegenden Fall alle Voraussetzungen bestanden, lehnte die zuständige Kommission in Jenesien im Frühjahr 2018 eine solche ab.
Das Urteil
Das Promotorenkomitee zog im Sommer 2018 vor das Landesgericht. Im Dezember 2018 kam dann das Urteil, das den Weihnachtsfrieden in Afing empfindlich störte: Das Gericht lehnte die Volksbefragung mit der Begründung ab, dass das Projekt übergemeindlich sei. Das Promotorenkomitee wurde zur Zahlung der Maximalkosten in der Höhe von 13.800 Euro aufgefordert und hat zusätzlich die eigenen Anwaltskosten zu tragen. Toni Höller als Vorsitzender des Komitees sagt enttäuscht: „Uns wird das Recht auf ein Bürgerrecht verweigert.“ Da der Bürgermeister von Jenesien seiner Pflicht als oberster Zivilschützer nicht nachgekommen sei, hätten es engagierte Afinger Bürgerinnen und Bürger übernommen, für die Sicherheit des eigenen Dorfes zu sorgen. Jetzt würden er und seine KollegInnen vom Promotorenkomitee auch noch dafür abgestraft. Der Bürgermeister habe sich ausschließlich auf die Seite der profitierenden Bauern aus Jenesien geschlagen, die Privatinteressen verfolgten.
Verständnis für die Bauern von Jenesien
Die Afinger verstehen den Wunsch der Bauern von Jenesien: dass diese ihre Wiesen und Äcker auch in Zeiten von Trockenheit bewässern müssen, sei nachvollziehbar. Deshalb ist man in Afing bis heute auch nicht gegen die geplante Druckrohrleitung von rund einem halben Meter Durchmesser und circa 100 Litern Wasser pro Sekunde, sondern nur für die Verlegung des kleinen Teilstückes von oberhalb nach unterhalb des Dorfes. Es handelt sich um ein Dreißigstel der insgesamt 30 Kilometer langen Leitung von der Zone Fiechterhittl im Sarntal bis nach Glaning.
Angst in Afing
Die Angst in Afing vor dem riesigen Natureingriff oberhalb des Dorfes ist immens: Während des Baus wird eine breite Schneise in die Landschaft geschlagen. Der Gefahrenplan des Landes weist dort mehrere Gefahrenzonen aus. In den vergangenen Jahrzehnten gab es immer wieder Steinschlag und Muren. Die Häuser der Afinger befinden sich allesamt unterhalb der geplanten Wasserleitung. Eine solche Leitung über dem Dorf bedeute eine ständige Gefahr, sagt Toni Höller – während der Bauphase und danach. Das könnten auch die Beschwichtigungen der Planer nicht ändern. Technische Defekte können trotz ausgereifter Technik auftreten. Auslaufendes Wasser kann Rutschungen, Lawinen und im Extremfall Todesopfer zur Folge haben. In Südtirol seien bereits weitaus schwierigere technische Vorhaben realisiert worden als diese Wasserleitung, sagen die VertreterInnen des Promotorenkomitees.
Dass eine Verlegung unterhalb des Dorfes Afing technisch nicht möglich sei – wo außerdem keine Gefahrenzone vorhanden ist – sei nicht glaubwürdig. Die engagierten Afinger Bürger wollen trotz dieses Urteils nicht aufgeben. Sie haben bei der Raika Bozen ein Spendenkonto eingerichtet – IT91O 0808111600000300295779 lautend auf Volksbefragung Afing – und bitten die Bevölkerung um Unterstützung bei ihrem Kampf um die Zukunft von Afing: „Jede andere Trasse ist besser als die derzeit geplante“, sagen sie.






