von lif 30.12.2025 14:47 Uhr

Wie sich Gesellschaft und Zusammenhalt verändern

Südtirol gilt als wohlhabend, stabil und lebenswert. Doch hinter dieser Fassade verändert sich die Gesellschaft spürbar. Bevölkerungsstruktur, Zusammenleben, soziale Sicherheit und Zukunftsperspektiven stehen zunehmend unter Druck.

Bild: APA/dpa

Südtirol wächst zwar weiter, doch dieses Wachstum speist sich immer weniger aus Geburten. Die Zahl der Neugeborenen sinkt seit Jahren, während die Lebenserwartung steigt. Die Gesellschaft altert. Ohne Zuwanderung würde die Bevölkerungszahl bereits zurückgehen. Migration ist damit längst kein Randthema mehr. Rund jede zehnte in Südtirol lebende Person besitzt keinen italienischen Pass. 

Auch in den Schulen ist der Wandel sichtbar. Der Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund steigt, besonders in italienischsprachigen Schulen. Integration findet längst im Klassenzimmer statt.

Wohlstand mit Rissen

Auf dem Papier gehört Südtirol zu den reichsten Regionen Europas. Gleichzeitig wächst die soziale Kluft. Die Lebenshaltungskosten sind hoch, vor allem das Wohnen wird für viele zum Problem. Immer mehr Menschen mit Arbeit kommen finanziell kaum über die Runden. Beratungsstellen berichten von steigenden Anfragen, nicht nur von klassischen Randgruppen, sondern auch von Alleinerziehenden, Pensionisten und jungen Familien. Armut ist in Südtirol oft weniger sichtbar, aber real.

Besonders problematisch: Kinderarmut. Wer mit wenig aufwächst, hat schlechtere Bildungs- und Zukunftschancen. Experten warnen davor, dass sich soziale Ungleichheit verfestigt, wenn nicht gezielt gegengesteuert wird.

Stadt zieht an, Land verliert

Während Städte wie Bozen, Meran oder Brixen wachsen, kämpfen viele ländliche Gebiete mit Abwanderung. Junge Menschen ziehen für Ausbildung und Arbeit weg und nicht alle kehren zurück.

Gleichzeitig steigen in den Ballungsräumen die Mieten weiter. Wohnraum wird knapp, Eigentum für viele unerreichbar. Die Politik reagiert mit Leerstandsabgaben und Förderprogrammen, doch die Entlastung kommt nur langsam an.

Bildung als Baustelle

Südtirol investiert zwar in Bildung, dennoch bleiben Ungleichheiten bestehen. Herkunft, Sprache und Einkommen beeinflussen den Bildungserfolg stärker, als es dem Selbstbild des Landes entspricht. Während viele Jugendliche hohe Abschlüsse anstreben, wandern gut Ausgebildete überdurchschnittlich häufig ab. Für den Arbeitsmarkt ist das ein Verlust, für die Gesellschaft eine offene Frage: Wie schafft man Perspektiven, die zum Bleiben motivieren?

Zusammenhalt unter Spannung

Südtirols gesellschaftliches Modell basiert auf Ausgleich: zwischen Sprachgruppen, Generationen und sozialen Schichten. Dieses Gleichgewicht funktioniert weiterhin, ist aber fragiler geworden. Mehrsprachigkeit bleibt ein verbindendes Element, ebenso wie das starke Ehrenamt. Gleichzeitig wächst das Bedürfnis nach Sicherheit, Orientierung und Verlässlichkeit.

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