von ih 17.12.2025 17:05 Uhr

Jedes Jahr werden hunderttausende Kinder getötet

In Europa wird der Schwangerschaftsabbruch zunehmend als reine Frage der Gesundheitsversorgung und Selbstbestimmung dargestellt. Die jüngste Resolution des Europäischen Parlaments zur Bürgerinitiative „My Voice, My Choice“, die von der SPÖ Tirol und ihrer Landesfrauenvorsitzenden Selma Yildirim ausdrücklich begrüßt wird, ist Ausdruck dieser Entwicklung. Doch diese einseitige Perspektive blendet eine unbequeme Wahrheit aus: Schwangerschaftsabbrüche bedeuten nicht nur einen medizinischen Eingriff, sondern jedes Jahr den Tod von hunderttausenden ungeborenen Kindern – allein in Europa.

Symbolbild von Rainer Maiores auf Pixabay

Offizielle Zahlen zeigen, dass das Ausmaß erheblich ist. In Deutschland wurden zuletzt über 100.000 Schwangerschaftsabbrüche pro Jahr registriert, in Österreich gehen Schätzungen von mehreren zehntausend Abbrüchen jährlich aus, bei gleichzeitig deutlich weniger Lebendgeburten. EU-weit sprechen wir von mehreren Millionen abgetriebenen Kindern pro Jahrzehnt. Diese Zahlen sind keine Randerscheinung, sondern Ausdruck einer gesellschaftlichen Normalisierung, bei der das ungeborene Leben zunehmend aus der ethischen Abwägung verdrängt wird. Dass diese Realität kaum noch öffentlich thematisiert wird, ist Teil des Problems.

Befürworter einer weiteren Liberalisierung argumentieren häufig mit dem Hinweis, dass Millionen Frauen in Europa keinen „ausreichenden Zugang“ zu legalen Schwangerschaftsabbrüchen hätten und dass Frauen weiterhin an unsicheren Abbrüchen sterben würden. Diese Aussagen sind nicht grundsätzlich falsch, sie sind jedoch verkürzt. Der Großteil der EU-Mitgliedstaaten erlaubt Schwangerschaftsabbrüche bereits innerhalb klar definierter Fristen, oft bis zur zwölften Schwangerschaftswoche. Einschränkungen wie verpflichtende Bedenkzeiten oder Beratungsgespräche werden von sogenannten Aktivisten gerne als Zumutung dargestellt, sind aber Ausdruck des Versuchs, dem Schutz des ungeborenen Lebens zumindest ein Mindestgewicht zu geben. Sie pauschal als rückständig oder frauenfeindlich zu diskreditieren, wird der Komplexität des Themas nicht gerecht.

Besonders problematisch ist, dass in Teilen der feministischen Bewegung inzwischen Forderungen laut werden, jede zeitliche Begrenzung von Schwangerschaftsabbrüchen aufzuheben. Auch wenn diese Positionen nicht mehrheitsfähig sind, prägen sie zunehmend den öffentlichen Diskurs und verschieben die moralischen Grenzen. Wenn Schwangerschaftsabbrüche prinzipiell bis kurz vor der Geburt als legitime „reproduktive Entscheidung“ dargestellt werden, verliert das ungeborene Kind vollständig seinen moralischen Status. Diese Entwicklung sollte jeden beunruhigen, unabhängig von politischer oder religiöser Überzeugung.

Wenn Vertreter der SPÖ Tirol erklären, Schwangerschaftsabbrüche dürften „kein Politikum“ sein, dann verkennen sie, dass kaum ein Thema politischer ist als die Frage, wann menschliches Leben beginnt und welchen Schutz es verdient. Politik, die ausschließlich den Zugang zu Abbrüchen ausweitet, ohne gleichzeitig alles daranzusetzen, Abbrüche zu vermeiden, macht sich moralisch mitverantwortlich für eine Kultur, in der das Beenden ungeborenen Lebens als normale Lösung erscheint.

Dabei gäbe es Alternativen. Frauen sollten nicht subtil oder offen in Richtung Abbruch gedrängt werden, sondern echte Unterstützung erfahren, wenn sie sich für ihr Kind entscheiden. Das umfasst finanzielle Hilfen, Schutz vor sozialem und beruflichem Druck, verlässliche Kinderbetreuung, psychosoziale Begleitung und eine Beratung, die nicht bloß eine formale Hürde darstellt, sondern echte Perspektiven eröffnet. Prävention, Aufklärung und Unterstützung müssen Vorrang haben vor der politischen Forderung nach immer niedrigeren Hürden für Abtreibungen.

Eine humane Gesellschaft misst ihren Fortschritt nicht daran, wie effizient sie ungeborenes Leben beenden kann, sondern daran, wie gut sie Frauen und Kinder schützt – gemeinsam. Wer sich ernsthaft für Frauenrechte einsetzt, sollte den Mut haben, auch das Lebensrecht der Schwächsten mitzudenken. Alles andere ist keine Emanzipation, sondern eine ethische Verarmung.

Jetzt
,
oder
oder mit versenden.

Es gibt neue Nachrichten auf der Startseite