Sprachprüfung eskaliert: Kandidaten fliehen vor Ausweiskontrolle

Am 29. August sollte in Wien eigentlich ein routinierter Sprachtest stattfinden. Insgesamt 15 Kandidaten waren zur B1-Prüfung des ÖIF angetreten, ein Test, der über die Zukunft vieler Menschen entscheidet: Wer besteht, schafft wichtige Voraussetzungen für Daueraufenthalt oder sogar die österreichische Staatsbürgerschaft. Doch was zunächst nach einem normalen Prüfungsablauf aussah, eskalierte abrupt, als die Prüfer eine genauere Ausweiskontrolle durchführten.
Neun Männer packten plötzlich ihre Sachen, gaben die Dokumente zurück und verließen den Raum, mitten während der laufenden Prüfung. Zurück blieben verdutzte Prüfer, irritierte Mitkandidaten und die Erkenntnis, dass offenbar ein massiver Betrugsversuch im Raum stand.
ÖIF bestätigt Fall
Ein Augenzeuge, dessen Frau an der Prüfung teilnahm, zeigte sich fassungslos. „Mehr als 60 Prozent wollten offenbar betrügen, das ist doch ein Wahnsinn!“, erklärte er im Gespräch mit der Tageszeitung Heute. Seine Frau, eine Philippinin, habe die Prüfung nach nur drei Jahren in Österreich erfolgreich bestanden. Für ihn ein Beleg, dass mit Fleiß und Vorbereitung das Sprachniveau durchaus erreichbar sei. Umso größer sei die Ungerechtigkeit gegenüber jenen, die ehrlich lernen und die Prüfungsgebühren in Höhe von rund 200 Euro selbst tragen.
Der ÖIF bestätigte den Vorfall noch am selben Tag. Sprecher Thomas Pohn erklärte: „Mehrere Personen verließen die Prüfung, was  bei der Polizei auch angezeigt wurde.“
Polizei ermittelt wegen Ausweisbetrugs
Die Vorwürfe sind gravierend. Einer der Männer soll mit einem fremden Ausweis zur Prüfung erschienen sein. Damit erfüllt der Fall möglicherweise den Straftatbestand „Gebrauch fremder Ausweise“ nach § 231 StGB. Zudem könnte ein Verstoß gegen das Integrationsgesetz vorliegen. Die Polizei hat entsprechende Ermittlungen aufgenommen.
Der Österreichische Integrationsfonds betont, dass Sprachprüfungen mit hohen Sicherheitsstandards abgesichert sind. Laut Daniela Berger vom ÖIF sind die Zertifikate „oftmals Voraussetzung für Staatsbürgerschaft, Aufenthaltstitel und Sozialleistungen“. Daher sei es besonders wichtig, Betrug zu verhindern. Bereits vor Prüfungsbeginn müssen sich alle Kandidaten mit amtlichen Dokumenten ausweisen. Im Zweifelsfall werden Fotos gemacht. Wer nicht kooperiert, werde ausgeschlossen, ohne Chance auf Wiederholung.
Betrugsversuche keine Seltenheit
Der jüngste Vorfall ist kein Einzelfall. Österreichweit legten 2024 rund 80.000 Personen Sprachprüfungen des ÖIF ab. Immer wieder kommt es dabei zu Täuschungsversuchen, sei es durch falsche Dokumente, bezahlte Ersatzkandidaten oder andere Tricks. Der Fall in Wien ist jedoch besonders brisant, weil gleich neun Teilnehmer gleichzeitig aufflogen.
Für viele Beobachter stellt sich die Frage, wie verbreitet solche Methoden tatsächlich sind und ob sie das Vertrauen in das Integrationssystem gefährden. Kritiker fordern strengere Kontrollen, während Befürworter betonen, dass die große Mehrheit der Kandidaten die Prüfungen ehrlich und erfolgreich absolviert.
Eines macht der Skandal jedoch unmissverständlich deutlich: Sprachkenntnisse sind nicht nur Schlüssel zur Integration, sondern auch ein heikles Einfallstor für Missbrauch. Die Ermittlungen der Polizei sollen nun klären, ob hinter der spektakulären Flucht in Wien organisierte Strukturen stehen oder ob es sich um Einzelfälle handelt.






