von ih 12.09.2025 18:05 Uhr

Kindergartenpflicht: Drohbriefe der Bürgermeister sorgen für Empörung

Zahlreiche Eltern in Südtirol sehen sich derzeit mit ungewöhnlich scharfen Schreiben ihrer Bürgermeister konfrontiert. In den Einschreiben wird ihnen vorgeworfen, ihre fünfjährigen Kinder nicht im Kindergarten angemeldet zu haben. Gleichzeitig drohen die Gemeinden mit der Einschaltung der Staatsanwaltschaft am Jugendgericht Bozen.

Foto: LPA/Greta Stuefer

Nach Angaben der betroffenen Familien entspricht dieser Vorwurf jedoch nicht den Tatsachen. Die Kinder seien fristgerecht angemeldet worden, seien jedoch aufgrund eines nicht vollständigen Impfstatus per Dekret aus dem Kindergarten ausgeschlossen worden. Damit geraten die Eltern in eine rechtlich wie emotional schwierige Lage: Einerseits sind sie der Kindergartenpflicht unterworfen, andererseits wird ihren Kindern der Zugang verwehrt.

Die Landtagsabgeordnete und Rechtsanwältin Renate Holzeisen, die zahlreiche Eltern in dieser Angelegenheit vertritt, kritisiert die Vorgehensweise scharf. „Es ist inakzeptabel, dass Eltern, die ihre Kinder in den öffentlichen Kindergarten schicken wollen, mit strafrechtlichen Konsequenzen bedroht werden“, erklärt sie.

In einem Schreiben an den Präsidenten des Gemeindeverbandes Dominik Oberstaller sowie die zuständigen Landesräte Philipp Achammer, Marco Galateo und Daniel Alfreider fordert Holzeisen nicht nur ein sofortiges Ende dieser Drohbriefe, sondern auch eine Entschuldigung der Bürgermeister bei den betroffenen Familien.

„Offenkundig verfassungswidrig“

Renate Holzeisen verweist zudem auf einen grundlegenden rechtlichen Widerspruch: Während es in Italien keine Kindergartenpflicht für Fünfjährige gebe und der Zugang zur Pflichtschule unabhängig vom Impfstatus garantiert sei, sehe das Südtiroler Landesgesetz eine Kindergartenpflicht vor, die in der Praxis an die Einhaltung des Impfplans gekoppelt werde. Dies sei „offenkundig verfassungswidrig“.

Eltern, deren Kinder ausgeschlossen wurden, wollen nun vor Gericht gegen die Regelung vorgehen. „Eine Pflicht zum Kindergartenbesuch kann nicht gleichzeitig mit einer Diskriminierung aufgrund des Impfstatus verknüpft werden“, so die Juristin und Vita-Abgeordnete. Auch die Forderung, dass Eltern auf eigene Kosten gleichwertige Bildungsangebote organisieren müssten, sei unzumutbar.

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