Südtirol: Mieten, Löhne, Perspektiven – die Bilanz ist verheerend

Das Landesstatistikamt ASTAT zeigt: Das mittlere Einkommen pro Haushalt lag 2022 bei knapp 40.000 Euro netto im Jahr. Runtergebrochen auf Einzelverdiener sind das rund 1.700 bis 1.800 Euro netto im Monat.
Und was kostet das Leben? In Bozen liegt der Mietpreis laut Immobilienportal Immobiliare.it inzwischen bei 14,7 Euro pro Quadratmeter. Eine 70-Quadratmeter-Wohnung schlägt also mit gut 1.000 Euro kalt zu Buche. Strom, Heizung, Versicherungen, Lebensmittel dazu – und schon sind die 1.700 Euro weg.
Am Monatsende bleibt kaum mehr als ein Hunderter übrig. Ein voller Tank Benzin – das war’s.
Österreich: Deutlich mehr Luft am Monatsende
In Österreich verdienen Fachkräfte spürbar mehr. Statistik Austria weist für 2023 ein Median-Nettoeinkommen von rund 2.500 Euro im Monat aus – also rund 700 Euro mehr als in Südtirol.
Wer in Wien oder Innsbruck lebt, zahlt zwar ebenfalls hohe Mieten. Doch am Monatsende bleibt deutlich mehr übrig. Während in Südtirol nach Abzug der Fixkosten oft nur ein Hunderter auf der Seite bleibt, sind es in Österreich im Schnitt fast 900 Euro.
Dort lässt sich Zukunft planen. Hier kämpft man ums Überleben.
Deutschland: Höhere Einkommen, günstigere Preise
Deutschland liegt ähnlich. Das Statistische Bundesamt nennt für 2024 einen Medianlohn von 4.013 Euro brutto im Monat. Für Singles bleiben netto meist 2.700 bis 2.800 Euro.
Die Lebenshaltungskosten liegen im Schnitt bei rund 1.833 Euro pro Monat. Unterm Strich bleiben rund 900 Euro – Monat für Monat. Ein Spielraum, von dem Südtiroler nur träumen können.
Schweiz: Teuer, aber am Ende bleibt am meisten
Noch klarer ist die Sache in der Schweiz. Das Bundesamt für Statistik nennt für 2022 einen Medianlohn von 6.788 Franken brutto pro Monat – umgerechnet fast 7.000 Euro.
Ja, die Mieten sind hoch. Auch die mittlere Monatsprämie für Krankenkassen steigt 2025 laut Bundesamt für Gesundheit auf 378 Franken. Doch selbst nach allen Abzügen bleibt mehr als 2.000 Franken Rest im Monat.
Die Kaufkraft-Studie von GfK zeigt: Während Österreich und Deutschland bei knapp 30.000 Euro pro Kopf liegen, sind es in der Schweiz über 53.000 Euro. Südtirol spielt in dieser Liga nicht mit.
„Altmodische Arbeitsmodelle“ – und keine Strategie
Es sind nicht nur die nackten Zahlen, die junge Menschen vertreiben. Es geht auch darum, wie Arbeit heute organisiert ist. In Österreich und Deutschland gehören Homeoffice, flexible Arbeitszeiten oder Weiterbildungsmöglichkeiten längst zum Alltag.
In Südtirol dagegen herrscht vielerorts noch das alte Denken: Präsenzpflicht, starre Arbeitszeiten, wenig Chancen, sich weiterzuentwickeln.
Und während Südtirol intern diskutiert, handeln die Nachbarn offensiv. Österreich hat mit der Rot-Weiß-Rot-Karte ein Einwanderungsmodell geschaffen, das gezielt Fachkräfte aus dem Ausland ins Land holt. In über 60 Mangelberufen – von der Pflege über Technik bis IT – können qualifizierte Kräfte schnell einreisen und arbeiten. Die Botschaft ist klar: Kommt zu uns, wir brauchen euch – und wir machen es euch leicht.
Deutschland hat nachgezogen und die Regeln für die Blaue Karte EU massiv erleichtert. Die Gehaltsschwellen wurden gesenkt, bürokratische Hürden abgebaut. Wer gut ausgebildet ist, findet dort heute schnell Arbeit – egal ob Ingenieur, Pflegekraft oder IT-Spezialist. Auch hier lautet die Botschaft: Willkommen, wir wollen eure Talente.
Und Südtirol? Hier fehlt eine vergleichbare Strategie völlig. Während die Nachbarn Fachkräfte importieren, exportiert Südtirol die eigene Jugend.
14.000 Abwanderer – und Politik schaut zu
Seit 2011 haben rund 14.000 junge Südtiroler ihre Heimat verlassen. Für jeden, der nach Südtirol zieht, verlassen fünf das Land. Das ist kein Randthema – das ist ein Alarmsignal.
Doch anstatt entschlossen gegenzusteuern, verliert sich die Politik in langen Diskussionen und kleinen Förderprogrammen. Während die Besten gehen, wird hier weiter verharmlost.
Warnung für die Zukunft
Die Folgen sind absehbar. Bis 2040 könnte Südtirol 13 Prozent seiner Erwerbstätigen verlieren. Das bedeutet weniger Fachkräfte in Spitälern, Betrieben und Schulen. Weniger Steuereinnahmen. Weniger Dynamik.
Ein Land, das heute noch vom Fleiß seiner Jungen lebt, steht morgen auf einem Fundament, das langsam zerbröselt.
Ein Weckruf an die Politik
Südtirol braucht endlich mutige Entscheidungen. Höhere Löhne. Leistbares Wohnen. Moderne Arbeitsbedingungen. Keine leeren Versprechen mehr, kein „Weiter so“.
Wenn die Verantwortlichen nicht handeln, bleibt Südtirol zwar eine Traumkulisse für Touristen – doch für die eigene Jugend wird es zur verlorenen Heimat.






