„Südtiroler zahlen – Touristen genießen“: Lob und Kritik zum UT24-Artikel

Weil Diskussionen uns als Gesellschaft weiterbringen, veröffentlichen wir hier gerne die differenzierte Stellungnahme von Fabian Brunner, Hotelier aus Naturns, im vollen Wortlaut:
„Liebe Redaktion von UT24, liebe Kritiker,
es ist nachvollziehbar, dass sich manche Einheimische benachteiligt fühlen, wenn sie Preise vergleichen – aber dieser Artikel blendet zentrale Fakten komplett aus.
❶ Wer finanziert den Südtirol Guest Pass?
Nicht „die Südtiroler zahlen, die Touristen genießen“, sondern: Die Touristen zahlen selbst. Jeder Gast entrichtet 0,60 € pro Übernachtung – unabhängig davon, ob er den Bus nutzt oder nicht. Bei 30 Millionen Übernachtungen im Jahr ergibt das rund 20 Millionen Euro, die direkt in den ÖPNV und touristische Infrastrukturen fließen. ➡ Auch die Einheimischen profitieren – durch mehr Verbindungen, bessere Takte und neue Buslinien.
❷ Subventionierter ÖPNV für Südtiroler
Kinder, Schüler, Lehrlinge, Senioren und Pendler erhalten stark vergünstigte Jahreskarten. Schüler fahren für 20 € im ganzen Land, Erwachsene zahlen unter 200 € pro Jahr – also weniger als 20 € pro Monat für grenzenlose Mobilität. ➡ In kaum einer Region Europas ist der öffentliche Verkehr für Einheimische günstiger.
❸ Warum der Guest Pass für Gäste sinnvoll ist
Der Pass dient der Verkehrslenkung: Touristen sollen ihr Auto stehen lassen und den ÖPNV nutzen – im Interesse aller, auch der Einheimischen. Weniger Staus, weniger Lärm, weniger Emissionen – mehr Lebensqualität.
❹ Freizeiteinrichtungen: Wer zahlt, profitiert
Dass Gäste mit einer Übernachtung gewisse Leistungen „kostenlos“ erhalten, bedeutet nicht, dass Südtiroler benachteiligt werden – sie haben andere Vorteile:
- Jahreskarten für Museen, Seilbahnen oder Schwimmbäder
- Wohnsitz-Rabatte (z. B. in der Therme Meran, auf der Plose etc.)
Und: Sie können täglich vor Ort genießen – ohne Reise- oder Übernachtungskosten.
❺ Fazit:
Ja, man kann vieles noch besser machen: mehr Vergünstigungen für Einheimische, vielleicht sogar einen eigenen „Locals Pass“ für Freizeitangebote. Aber der UT24-Artikel stellt die Fakten bewusst verzerrt dar und setzt eher auf Neid als auf Lösungen. Südtirol lebt nicht vom Tourismus allein, aber auch nicht ohne ihn. Wer Gäste willkommen heißt, investiert in die Zukunft aller – und das schließt die Einheimischen mit ein.
Herzliche Grüße
Fabian Brunner, Hotel Prokulus, Naturns“
UT24 wollte mit dem gestrigen Artikel bewusst eine Debatte anstoßen – und das ist, wie die zahlreichen Rückmeldungen zeigen, eindeutig gelungen. Genau darum geht es: auf Missstände aufmerksam zu machen, die viele Einheimische bewegen, und dabei Platz für unterschiedliche Sichtweisen zu schaffen.
Ziel muss es sein, das bestehende Ungleichgewicht zwischen Gästen und Einheimischen zu verringern. Der von Herrn Brunner ins Spiel gebrachte Vorschlag eines eigenen „Locals Pass“ für Freizeitangebote wäre dabei ein bedenkenswerter und konstruktiver Ansatz, der alle Seiten berücksichtigt.
Solche Diskussionen können helfen, Südtirol gerechter, lebenswerter und leistbarer zu gestalten – für Einheimische ebenso wie für Gäste.






