von gk 10.07.2025 12:22 Uhr

„Ohne Kopftuch keine Chance“ – Wie der politische Islam Schulen unterwandert

Islam-Pädagoge Ednan Aslan erhebt schwere Vorwürfe: Der islamische Religionsunterricht in Österreich sei kein Ort neutraler Bildung, sondern ein Instrument des politischen Islam. Der Einfluss aus der Türkei, Kopftuch-Zwang für Lehrerinnen und Einschüchterung an Universitäten seien längst Realität.

Junge Frau im Hijab, Symboldbild (Bild: Pixabay).

Ein aufrüttelndes Interview mit Ednan Aslan, Professor für Islamische Religionspädagogik an der Universität Wien, sorgt für Schlagzeilen: Der islamische Religionsunterricht sei längst kein Ort unabhängiger Bildung mehr – sondern werde systematisch von islamistischen Verbänden dominiert. Im Gespräch mit dem Exxpress zeichnet Aslan das Bild eines Bildungssystems, das durch politischen Druck, ideologische Kontrolle und Angst vor Kritik in Geiselhaft genommen wurde.

Kopftuchpflicht und ideologische Auslese

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) ist seit 1982 für den islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen zuständig – samt Personalentscheidungen. Doch laut Aslan spielt dabei nicht die pädagogische Qualifikation die Hauptrolle, sondern die ideologische Linientreue: Bewerberinnen ohne Kopftuch hätten de facto keine Chance, angestellt zu werden. Lehrerinnen, die sich für eine liberalere Auslegung des Islam entscheiden oder den Hijab ablegen, würden systematisch diskriminiert.

Verantwortlich dafür seien mächtige islamische Verbände wie ATIB oder Millî Görüş – beide mit direktem Draht zur Türkei. Der Präsident der IGGÖ, Ümit Vural, ist laut der Dokumentationsstelle Politischer Islam selbst Mitglied bei Millî Görüş, einer Organisation, die vom deutschen Verfassungsschutz beobachtet wird. Der Einfluss dieser Verbände reicht bis in die Personalpolitik des Unterrichts: Wer nicht aus den „richtigen Kreisen“ stammt, wird aussortiert – unabhängig von fachlicher Qualifikation.

  • Ednan Aslan bei einem Pressegespräch der Dokumentationsstelle Politischer Islam im Mai 2021 (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)

Der Staat sieht weg – und gefährdet damit Generationen

Aslan wirft dem österreichischen Staat vor, sich aus Bequemlichkeit aus der Verantwortung zu stehlen. Man wolle sich den Aufwand einer konsequenten Kontrolle sparen – und lasse so zu, dass eine ganze Generation in einem von außen gesteuerten System unterrichtet werde. Das Ergebnis: Ein Großteil der islamischen Religionslehrer sei gar nicht in der Lage, einen pluralistischen, europäisch geprägten Unterricht zu leisten. Nur etwa 30 Prozent würden überhaupt versuchen, den Kindern Werte zu vermitteln, die mit einem demokratischen Rechtsstaat vereinbar sind.

Noch alarmierender ist, dass viele Lehrer ihre Ausbildung im Ausland absolviert haben – teilweise in islamistisch geprägten Institutionen. Laut einer parlamentarischen Anfrage der FPÖ wurde etwa ein Drittel der Islam-Lehrkräfte an Bundesschulen nicht in Österreich ausgebildet.

  • Der 2009 erschienene, umfangreiche Bericht über die Lage des islamischen Religionsunterrichts in Österreich des Österreichischen Integrationsfonds (Bild: Screenshot).

Politische Verstrickungen: Die SPÖ und der politische Islam

Aslan spart auch nicht mit Kritik an der Wiener Stadtpolitik. Die SPÖ, so sein Vorwurf, „hofiere“ den politischen Islam, um Stimmen in migrantisch geprägten Bezirken zu gewinnen. Der Bürgermeister von Wien, Michael Ludwig, lud beim Ramadan-Fastenbrechen 2025 mehrere AKP-nahe türkische Bürgermeister ins Rathaus ein – begleitet von einer SPÖ-Gemeinderätin mit enger Verbindung zur Erdogan-Partei. Diese habe laut Medienberichten sogar Hamas-verherrlichende Inhalte geteilt.

„Wenn ein türkischer Staatsanwalt in Wien im Wahlkampf für die SPÖ auf Hausbesuche geht, ist das ein Skandal“, sagt Aslan. In einem solchen Umfeld seien aus dem Ausland gesteuerte Religionslehrer nur die Spitze des Eisbergs.

  • Die SPÖ-Gemeinderätin Aslihan Bozatemur gilt als Verbindungsperson von Bürgermeister Michael Ludwig zu Erdogans AKP. (Bild: APA/HANS KLAUS TECHT)

Wissenschaft unter Druck – eine Angstkultur greift um sich

Wie tief der Einfluss der Verbände reicht, zeigt sich auch in der Forschung: Eine Studentin Aslans, die eine Dissertation zum Thema Religionsunterricht verfasste, konnte ihre Arbeit nicht veröffentlichen. Die IGGÖ übte Druck aus, Schuldirektoren verweigerten Gespräche, das Umfeld wurde feindlich. „Wir haben Angst. Die Universität hat Angst“, sagt Aslan. Wer kritisch forscht, verliere seine berufliche Zukunft.

Das Fazit des Professors: Die islamische Glaubensgemeinschaft sei kein neutraler Partner des Staates mehr – sondern agiere als verlängerter Arm ideologischer Bewegungen. Die Leidtragenden seien Kinder, Eltern, Lehrerinnen – und letztlich eine ganze Gesellschaft, die die Augen vor der Realität verschließe.

Was ich sage, ist keine Utopie. Es ist Realität. Dass wir aus Angst nicht einmal die Probleme benennen dürfen, das ist das eigentliche Drama. – Ednan Aslan

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