von ih 30.06.2025 10:39 Uhr

Zuckersteuer in Italien erneut verschoben

Statt endlich in Kraft zu treten, wird die italienische Zuckersteuer erneut verschoben. Die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) zeigt sich besorgt über den politischen Kurs und verweist auf die gesundheitlichen Folgen für die Bevölkerung.

APA/AFP

Eigentlich sollte sie am 1. Juli 2025 in Kraft treten – doch zum achten Mal hat die italienische Regierung die Einführung der sogenannten „Sugar Tax“ auf Januar 2026 vertagt. Die Verbraucherzentrale Südtirol kritisiert die erneute Verzögerung als gesundheitspolitischen Rückschritt.

Bereits 2020 wurde die Steuer gemeinsam mit einer Plastikabgabe gesetzlich verankert. Beide Maßnahmen sollten den Konsum schädlicher Produkte verringern – gesüßte Getränke einerseits, Einwegplastik andererseits. Doch seitdem wurde ihre Umsetzung immer wieder verschoben. Die Plastiksteuer ist nun für Juli 2026 vorgesehen, die Zuckersteuer wurde erneut um sechs Monate verschoben.

10 Cent pro Liter für gesüßte Getränke

Die italienische Zuckersteuer sieht vor, dass Hersteller und Importeure für gesüßte Getränke mit einem Alkoholgehalt von maximal 1,2 Volumenprozent 10 Euro pro Hektoliter (entspricht 0,10 Euro pro Liter) zahlen. Für Getränkepulver und Sirupe beträgt die Abgabe 0,25 Euro pro Kilo. Ausgenommen sind Produkte mit einem geringen Zuckeranteil.

Die Mehrkosten dürften an die Konsumenten weitergegeben werden, so die VZS. Doch genau das sei politisch umstritten: Industrieverbände wie Assobibe, der Bauernverband Coldiretti und sogar einige Gewerkschaften sprechen sich gegen die Steuer aus. Aus Sicht der VZS wird dabei ignoriert, dass es um die Gesundheit der Bevölkerung gehe.

Italien unter den Spitzenreitern bei kindlichem Übergewicht

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: In Italien sind über 40 Prozent der Erwachsenen übergewichtig oder adipös. Besonders alarmierend ist die Situation bei Kindern. Je nach Erhebungsmethode gelten bis zu 37 Prozent der 8- bis 9-Jährigen als übergewichtig oder fettleibig – damit liegt Italien im europäischen Vergleich auf Platz zwei, gemeinsam mit Griechenland.

Auch der Konsum zuckerhaltiger Getränke ist hoch: Ein Viertel der Kinder trinkt sie täglich. Im Durchschnitt konsumieren Italienerinnen und Italiener täglich 83 Gramm Zucker – empfohlen sind maximal 25 Gramm freier Zucker pro Tag. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt seit Jahren vor den gesundheitlichen Risiken: Übergewicht, Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Internationale Erfahrungen zeigen Wirkung

Die VZS verweist auf erfolgreiche Modelle aus dem Ausland. In Großbritannien beispielsweise führte eine gestaffelte Zuckersteuer dazu, dass viele Hersteller den Zuckergehalt ihrer Getränke senkten. Infolge der Steuer sank dort nicht nur der Konsum, sondern auch die Fettleibigkeitsrate bei Kindern. Auch in Mexiko, Chile und den USA konnten durch Steuermaßnahmen signifikante Rückgänge im Konsum zuckerhaltiger Getränke verzeichnet werden.

Laut Simulationsstudien könnte auch die italienische Zuckersteuer den Konsum um bis zu 18 Prozent und die Zuckeraufnahme um bis zu 24 Prozent senken. Experten wie der Lebensmitteljurist Dario Dongo fordern jedoch eine gestaffelte Besteuerung je nach Zuckergehalt – wie sie etwa in Frankreich und Großbritannien angewendet wird – um Anreize für gesündere Rezepturen zu schaffen.

VZS: „Gesundheit und Umwelt müssen Vorrang haben“

Gunde Bauhofer, Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Südtirol, kritisiert das politische Hin und Her scharf:
„Das ständige Hinauszögern dieser Steuern lässt vermuten, dass hier starke Lobbyinteressen am Werk sind. Der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Umwelt sollte jedoch Vorrang haben. Italien sollte die Zucker- und Plastiksteuer lieber heute als morgen umsetzen.“

Ob die Zuckersteuer im kommenden Jahr tatsächlich eingeführt wird, bleibt ungewiss. Klar ist jedoch: Mit jedem weiteren Aufschub wächst nicht nur das Misstrauen gegenüber der Politik, sondern auch die Zahl der Gesundheitsprobleme, die mit übermäßigem Zuckerkonsum in Verbindung stehen.

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