von Alexander Wurzer 19.06.2025 06:27 Uhr

Mobilitätsplanung ohne Menschen?

Die Stadt Bozen hat einen bemerkenswerten Schritt getan – zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt: Sie hat die zentralen Bus-Haltestellen aus der schattigen, gut angebundenen Bahnhofsallee verlegt – direkt hinein in die heiße Südtiroler Straße, wo die Arbeiten an Gehsteig und Straße noch andauern. Die bisherige Haltestelle? Direkt am Bahnhof gelegen, eingebettet in ein wenig städtisches Grün, unter alten Bäumen, gut zugänglich, ohne direkte Anrainer. Ein funktionierender, menschenfreundlicher Ort. Diese Zeilen schickt eine Leserin UT24, die wir gerne veröffentlichen.

Foto: LPA/SASA/Armin Huber

Weiters schreibt die Leserin:

Stattdessen: Beton, Lärm, pralle Sonne, Bauzäune, wartende Menschentrauben in Hauseingängen. Warum? Weil das neue Einkaufszentrum WaltherPark seine Pforten öffnet und offenbar alle verkehrspolitischen Entscheidungen der Stadtverwaltung jetzt an der Kasse dieses Tempels des Konsums abgestempelt werden müssen. Die Südtiroler Straße als Busbahnhof – nicht etwa wegen besserer Mobilität, sondern weil sich die Fahrgastströme bitteschön am Konsum orientieren sollen. Entschieden wurde dies alles vor geraumer Zeit hinter verschlossenen Türen, ohne die Bevölkerung einzubeziehen oder auch nur zu informieren. Benko sitzt nun im Knast, dennoch scheint es, als sei die Stadt Bozen zur Filiale der Pleite-SIGNA-Gruppe geworden.

Mit erstaunlicher Konsequenz hat sich die Gemeindeverwaltung dabei ihrer eigentlichen Aufgabe entledigt – nämlich, im Interesse der Bevölkerung zu handeln. Stattdessen macht sie sich, mit einem bemerkenswerten Mangel an Transparenz, zum logistischen Dienstleister der Großinvestoren. Weder die Anrainer noch Geschäftsleute noch die Nutzer des öffentlichen Verkehrs wurden im Vorfeld informiert, geschweige denn einbezogen. Wer wissen wollte, dass sich die zentrale Verkehrsader der Stadt über Nacht verlagert, musste offenbar hellseherische Fähigkeiten mitbringen.

Nun stehen Fahrgäste stundenlang in der Gluthitze, während über ihren Köpfen Kräne schwenken und Bauarbeiter Pflastersteine klopfen. Anwohner:innen dürfen sich nach jahrelangem Baulärm über ein neues Klangbild freuen – Busmotoren, lautem Gehupe, Kofferschleifen vor dem Haustor. Schatten? Fehlanzeige! Gibts nur noch ein paar Zentimeter in den Hauseingängen und vor den Schaufenstern – zur Freude der Geschäftsleute.

Was bleibt, ist der bittere Eindruck, dass hier nicht städtische Infrastruktur im Sinne der Allgemeinheit gestaltet wurde, sondern ein öffentlicher Raum privatisiert – auf leisen Sohlen, aber mit lautem Ergebnis. Die Mobilität der Menschen wird dem Profit des neuen Einkaufszentrums untergeordnet. Wer nicht konsumiert, wird halt zumindest daran vorbeigeführt.

Aber vielleicht ist das ja die neue Bozner Vision: Eine Stadt, in der der Verkehr nicht nach Bedürfnissen, sondern nach den Interessen privater Investoren gesteuert wird.

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