von lif 05.06.2025 16:41 Uhr

KI im Klassenzimmer: Merken die Lehrpersonen Veränderungen?

Immer mehr Lehrpersonen in Südtirol merken, dass Schüler künstliche Intelligenz wie ChatGPT für Hausaufgaben, Präsentationen und manchmal sogar für Tests nutzen. Während das in der Grundschule noch kaum ein Thema ist, zeigen sich in der Oberschule deutliche Anzeichen. UT24 hat mit Lehrpersonen aus verschiedenen Schulstufen gesprochen.

Bild: Collage UT24

Grundschule: „Für uns (noch) kein Thema“

In den Grundschulen zeigt sich ein recht einheitliches Bild: Künstliche Intelligenz spielt im Schulalltag so gut wie keine Rolle. Die Kinder arbeiten vor allem mit Papier und Stift und viele Aufgaben werden im Klassenzimmer gemeinsam bearbeitet. „Unsere Schüler können gerade erst schreiben lernen. Da ist KI weit entfernt“, meint eine Grundschullehrerin aus Bozen. Eine andere ergänzt: „Selbst wenn einige Kinder zu Hause schon mal etwas über ChatGPT gehört haben, fehlt ihnen die Erfahrung oder das Interesse, es aktiv zu nutzen.“ Ein Lehrer aus Vinschgau fügt hinzu: „Bei uns geht es noch um die Grundlagen. Ich sehe es eher als Aufgabe für die Zukunft, wenn diese Kinder älter sind.“

Mittelschule: Erste Verdachtsmomente

An den Mittelschulen zeigt sich ein gemischtes Bild. Einige Lehrpersonen berichten von ersten Auffälligkeiten, andere sehen (noch) keinen Anlass zur Sorge. „Ich hatte bei ein paar Aufsätzen das Gefühl: Das kann der Schüler so nicht selbst geschrieben haben“, erzählt eine Lehrerin einer Mittelschule. „Die Sätze waren zu rund, zu klar formuliert und nicht der Sprache eines Mittelschülers entsprechend, vor allem nicht, wenn man es mit den vorherigen Arbeiten vergleicht.“ Ein Kollege meint hingegen: „Wenn ich die Aufgaben klar strukturiere und im Unterricht begleite, ist der Einsatz von KI schwierig. Da habe ich bisher keine großen Probleme bemerkt.“ Ein anderer Lehrer sieht vor allem bei Referaten eine Veränderung: „Die Sprache wirkt oft sehr ‚glatt‘, aber inhaltlich unklar. Ich vermute, dass die Texte einfach übernommen werden, ohne wirklich verstanden zu sein.“

Oberschule: „Die Handschrift der KI ist deutlich zu erkennen“

In den Oberschulen berichten zahlreiche Lehrpersonen von einer deutlichen Zunahme der KI-Nutzung. Vor allem bei Hausaufgaben, Essays und Projektarbeiten. Ein Professor eines Gymnasiums sagt: „Plötzlich schreiben fünf Schüler sehr ähnliche Texte. Alle perfekt strukturiert, aber ohne persönliche Note. Wenn ich nachfrage, ist das Wissen oft sehr oberflächlich.“ Eine weitere Lehrperson: „Manche Schüler wissen genau, wie man ChatGPT nutzen muss. Sie geben der KI die Aufgabe, lassen sich den Text generieren und geben ihn kaum verändert ab.“ Ein Lehrer für Informatik meint: „Es ist paradox: Einerseits lernen sie bei mir, wie KI funktioniert. Andererseits nutzen sie sie, um sich die Arbeit zu ersparen.“ Nicht alle sehen das negativ. Eine Lehrperson betont: „KI ist Teil der Gegenwart. Wir müssen Wege finden, sie sinnvoll in den Unterricht einzubauen, statt sie nur zu verbieten.“

Berufsschule: Praktisches Lernen als Schutz vor KI?

An den Berufsschulen sei der Einsatz von KI bislang kaum spürbar, sagen die Lehrer. Viele Aufgaben sind praktisch orientiert, was den Einsatz von generierter Software-Texte wenig hilfreich macht. „Wenn jemand ein Tischbein falsch sägt, hilft auch der beste Chatbot nichts“, scherzt ein Berufsschullehrer. Trotzdem sieht eine Lehrerin mögliche Risiken: „Bei schriftlichen Berichten oder Planungen sehe ich manchmal Texte, die sehr technisch oder lehrbuchhaft klingen. Da frage ich mich schon, ob die Schüler selbst geschrieben haben.“ Ein anderer Lehrer sieht eher Chancen: „Gerade in der Berufswelt wird KI wichtiger. Es ist nicht schlecht, wenn die Jugendlichen lernen, damit umzugehen.“

Herausforderung und Lernchance zugleich

Künstliche Intelligenz verändert den Schulalltag. Manche sehen sie als Bedrohung für ehrliches Lernen, andere als Werkzeug für eine neue Form des Unterrichts. „Wir stehen am Anfang eines Umbruchs“, meint eine Mittelschullehrerin. „Entscheidend ist, dass wir mit den Schülern darüber sprechen und nicht nur kontrollieren.“

Man darf aber auch nicht vergessen, dass nicht jeder perfekt geschriebene Text automatisch von einer KI stammt. Es gibt durchaus Schüler, die sich intensiv mit den Themen auseinandersetzen, vielleicht sogar mit Hilfe von künstlicher Intelligenz, aber ohne, dass sie den gesamten Text einfach übernehmen. Manche nutzen ChatGPT als Unterstützung, um Inhalte besser zu verstehen oder eigene Ideen zu entwickeln.

„Manche sind einfach sehr fit darin, mit ChatGPT zu arbeiten. Das ist nicht automatisch Betrug, sondern eine Fähigkeit“, meint ein Lehrer einer Oberschule. Deshalb wird es in Zukunft um mehr gehen als nur Kontrolle oder Verbote. Entscheidend ist, den Dialog mit den Jugendlichen zu suchen: über den sinnvollen, ehrlichen Einsatz von KI.

Was klar ist: Die KI ist da und wird nicht mehr verschwinden.

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