von ih 01.06.2025 11:52 Uhr

„Der Staat behält weiterhin das letzte Wort“

Der ehemalige SVP-Senator und Autonomieexperte Oskar Peterlini übt im Gespräch mit UT24 scharfe Kritik an der sogenannten Autonomiereform, die Landeshauptmann Arno Kompatscher mit der Regierung von Giorgia Meloni verhandelt hat. Aus Peterlinis Sicht handelt es sich dabei weder um eine „Reform“ noch um einen „großen Wurf“, sondern lediglich um eine bescheidene Revision mit optischen Verbesserungen – und teils gefährlichen Rückschritten.

Oskar Peterlini - Foto: Facebook

Kein Fortschritt, sondern Gefahr

Schon die Bezeichnung „Reform“ hält Peterlini für übertrieben. Vielmehr sei es ein kleiner Eingriff, der den Charakter einer umfassenden Reform nicht verdient. Der ursprüngliche Zweck sei es gewesen, verloren gegangene Zuständigkeiten zurückzugewinnen.

Doch statt eines echten Ausbaus der Autonomie sei lediglich eine unorganische Nachbesserung erfolgt. „Man hat sich auf Korrekturen beschränkt, statt das Autonomiestatut nach über 50 Jahren grundlegend zu modernisieren“, so Oskar Peterlini gegenüber UT24.

Besonders kritisch sieht er die sogenannte „Besserstellungsklausel“. Diese sieht vor, dass autonome Regionen wie Südtirol mehr Kompetenzen erhalten als gewöhnliche Regionen – bis zu einer umfassenden Reform. Wenn nun aber diese kleine Revision als vollständige Reform gewertet werde, laufe Südtirol Gefahr, diesen Vorteil zu verlieren. Das wäre ein massiver Rückschritt.

Symbolische Verbesserungen ohne rechtliche Wirkung

Ein weiteres zentrales Anliegen der sogenannten Autonomiereform war es, den Landtagen ein echtes Mitspracherecht bei künftigen Änderungen des Autonomiestatuts zu sichern. Zwar ist im Entwurf nun von einem „Einvernehmen“ mit den Landtagen die Rede, dieses kann laut Peterlini jedoch vom Parlament übergangen werden: „Das ist keine Absicherung – das ist Kosmetik.“

Ebenso kritisiert er im Gespräch mit UT24 die Umbenennung der primären Zuständigkeiten in „exklusive Zuständigkeiten“. Zwar klingt das nach einer Aufwertung, inhaltlich ändere sich aber nichts: „Der Staat behält weiterhin das letzte Wort.“

Ein ähnliches Urteil fällt Peterlini über die Reduzierung der sogenannten Gesetzesgrenzen – also jener nationalen Schranken, die den autonomen Gesetzgebungsspielraum Südtirols beschränken. Zwar sei eine Grenze gestrichen worden (jene der wirtschaftlich-sozialen Reformen), andere – wie etwa das „nationale Interesse“ oder die „Prinzipien der Rechtsordnung“ – blieben jedoch bestehen und seien teils noch dehnbarer.

Einige kleine Fortschritte – aber unzureichend

Oskar Peterlini erkennt durchaus punktuelle Verbesserungen. So soll etwa der Bereich „Umwelt“ künftig als exklusive Zuständigkeit Südtirols gelten – das sei ein Fortschritt. Auch die Kompetenzen in der Raumordnung und bei den öffentlichen Arbeiten seien sprachlich klarer gefasst worden. Ob dies jedoch vor dem Verfassungsgericht Bestand hat, bleibt laut Peterlini offen.

Weniger erfreulich fällt sein Urteil über andere Forderungen aus: Die Sonntagsöffnung im Handel wurde nicht durchgesetzt, und die gewünschte Aufwertung konkurrierender Zuständigkeiten zu primären ist ganz aus dem Entwurf verschwunden.

SVP in der Zwickmühle

Oskar Peterlini spart im UT24-Gespräch auch nicht mit politischer Kritik: Die SVP habe sich nach der Landtagswahl auf eine Koalition mit Rechtsparteien eingelassen – mit dem Versprechen, die Autonomie zu stärken.

Nun versuche man, die dürftige Revision als großen Erfolg zu verkaufen, um diese Koalition zu rechtfertigen. „Das Ergebnis steht in keinem Verhältnis zu den Erwartungen und Versprechungen“, resümiert Peterlini.

„Das ist keine Reform, das ist eine verpasste Chance“

Oskar Peterlini sieht in der sogenannten Autonomiereform keine substanzielle Verbesserung – im Gegenteil: In einigen Punkten drohe Südtirol eine Schwächung seiner autonomen Stellung.

Was als Reform verkauft werde, sei in Wirklichkeit eine Mischung aus symbolischen Änderungen, kleinen Fortschritten und gefährlichen Zugeständnissen. Sein Urteil fällt daher eindeutig aus: „Das ist keine Reform, das ist eine verpasste Chance.“

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